Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder haben mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Arbeitsministerium Kriterien festgelegt, wie "Poolärzte" wieder arbeiten können.
Fest steht allerdings: Die insgesamt acht geschlossenen Notfallpraxen in Baden-Württemberg bleiben trotz der Einigung zu. Ob die damals angepassten, verkürzten Öffnungszeiten bei vielen anderen Praxen wieder ausgeweitet werden, ist weiterhin fraglich.
Konflikt um Poolärzte: Notfallpraxen wurden geschlossen
Die "Poolärzte" - meist Ärzte ohne eigene Praxis, die in Kliniken arbeiten oder in Rente sind - hatten in der Vergangenheit oft die medizinischen Bereitschaftsdienste am Wochenende und in der Nacht übernommen. Das Problem jedoch war ihr Arbeits- und damit Versicherungsstatus während der Notdienstzeiten. In Baden-Württemberg waren 3.000, in Rheinland-Pfalz mehr als 400 sogenannte Poolärzte von einem Urteil des Bundessozialgerichts betroffen.
In Folge war der medizinische Bereitschaftsdienst in vielen Kommunen eingeschränkt worden. Auch Notfallpraxen waren geschlossen worden. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in BW hatten die "Poolärzte" etwa 40 Prozent der Dienste in den Notfallpraxen freiwillig übernommen. Weil deren Wegfall nicht kompensiert werden könne, schränkte die KV in BW das Angebot der Notfallpraxen deutlich ein.
Folgen für Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg
Mit der nun getroffenen Einigung sollen die "Poolärzte" unter bestimmten Bedingungen wieder als Selbstständige gelten. So müssten die oft freiberuflich tätigen Pool-Ärztinnen und -Ärzte in den Bereitschaftspraxen nicht mehr durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) sozialversichert werden. Das Ganze soll noch in ein Gesetz gegossen werden - dann hätte man auch die gewünschte Rechtssicherheit für die "Poolärzte".
Welche konkreten Folgen die Einigung für Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hat, ist bislang noch nicht klar absehbar. Laut KV Rheinland-Pfalz ist die Einigung noch so frisch, dass man sich erstmal sortieren und die Konsequenzen prüfen müsse. In Baden-Württemberg ist die KV schon seit einiger Zeit dabei, den Bereitschaftsdienst neu aufzustellen.
Telemedizin und Fahrdienste sollen ausgebaut werden
Laut Angaben soll die Telemedizin in Baden-Württemberg ausgebaut werden, also die telefonische Sprechstunde und auch die Videosprechstunde. Zudem sollen die Fahrdienste flächendeckend verfügbar sein - also dass die Bereitschaftsärztin oder der Arzt bei Bedarf direkt zu den Patienten nach Hause kommen. Das sei jetzt auch schon der Fall, aber hier soll noch nachgebessert werden, so KV in Baden-Württemberg.
Mit dem Ausbau der Fahrdienste und der Telemedizin versucht man offenbar, die Präsenzdienste in den Praxen weiter einzuschränken. Denn die Poolärzte fehlen, auch wenn es jetzt ein neues Konzept mit sogenannten Kooperationsärzten gibt. Die machen bislang aber nur ein Bruchteil dessen aus, was es früher an Poolärzten gab. Und ob die 3.000 nicht mehr beschäftigten Poolärzte jetzt einfach schnell wieder an Bord kommen, ist fraglich.
Eine gesetzliche Umsetzung sei für den Herbst geplant, so Armin Grau, Bundestagsabgeordneter der Grünen und Arzt aus Altrip (Rhein-Pfalz-Kreis). "Dann besteht eine gute Grundlage, um den eingeschränkten Betrieb der Bereitschaftsdienstpraxen wieder auszudehnen", sagte Grau. Das helfe den Patientinnen und Patienten im Land bei der Versorgung außerhalb der Praxisöffnungen und entlastet die Notambulanzen der Krankenhäuser.
Sozialministerium in Stuttgart kennt noch keine Details
Auf Anfrage des SWR, teilte das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration mit, dass der Ausbau von Telemedizin als ergänzendes Angebot in der Gesundheitsversorgung grundsätzlich neue Möglichkeiten bieten würde. Eine weitergehende Bewertung sei nicht möglich, da dem Ministerium die Details des Reformkonzepts der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg noch nicht vorliegen.