Krisengespräch zwischen Erzdiözese und Pfarrgemeinderat

Pfarrer weg, Gemeinde unruhig: Erzdiözese gegen Rückkehr Kofflers nach Baden-Baden

Stand

Von Autor/in Susann Bühler, Laura Bisch

Vor zwei Wochen hatte die Erzdiözese Freiburg den Baden-Badener Pfarrer Koffler überraschend abberufen. Nach Protesten gab es nun ein Gespräch - wohl ohne Perspektive für Koffler.

Es gibt wohl zunächst keine Zukunftsperspektive für den vor gut zwei Wochen abberufenen katholischen Pfarrer Matthias Koffler in Baden-Baden. Das teilte der Vorstand des Pfarrgemeinderates mit. Am Donnerstagabend hatte es ein klärendes Gespräch mit Generalvikar Neubrand von der Erzdiözese Freiburg und Dekan Lorenz Seiser gegeben.

Dabei habe man die aktuelle Situation der Gemeinde in Baden-Baden besprochen, meldete der Vorstand des Pfarrgemeinderates Markus Bähr. Zu dem Gespräch eingeladen waren die 18 Mitglieder des Pfarrgemeinderats - nicht dabei war Pfarrer Koffler.

Plädoyer für Wiedereinsetzung Kofflers

Vertreter des Pfarrgemeinderates und Gemeindesprecher plädierten demnach dafür, den abberufenen Pfarrer wieder einzusetzen. In einer Mitteilung hieß es, die Mitglieder des Gremiums "brachten ihre große Sorge zum Ausdruck, dass durch die aktuellen Entwicklungen das Vertrauen in die Kirche erheblich geschädigt wurde". Sehr viele Kirchenmitglieder hätten das Vertrauen verloren, was die Glaubwürdigkeit der Kirche betreffe, hieß es in der Mitteilung weiter.

Der Schaden ist immens.

Im Verlauf des Gesprächs sei der Wunsch "nach Heilung und Versöhnung" deutlich geworden. Eine gemeinsame Bewertung habe das Gespräch jedoch noch gebracht, so Bähr weiter.

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Weitere Gespräche angedacht - auch mit Koffler

Generalvikar Christoph Neubrand habe nochmal ausführlich erläutert, warum die Erzdiözese Freiburg den Pfarrer abberufen hatte. Im Zentrum stand dabei eine Predigt des Pfarrers über die Fastnachtstage. In der soll Koffler Bezug auf die Bibel, das aktuelle Weltgeschehen, die Kirche und das zwischenmenschliche Zusammenleben genommen haben. 

Konkret war Koffler auf Kritik aus der Gemeinde eingegangen, dass er in Baden-Baden in Shorts durch die Stadt joggte. Unter anderem daran hätten sich Gemeindemitglieder gestört. Er habe bunte Turnschuhe getragen und sei in die Sauna gegangen. In seiner Predigt hieß es unter anderem: "Außerdem schreibt Madame 'Wichtig', ist es höchste Zeit und richtig, dass der Pfarrer, der hier fehl am Platz, so schnell wie möglich ratz und fatz, hier verschwindet, endlich weicht, egal was er bisher erreicht hat."

Nach Ansicht von Generalvikar Neubrand war das ein Verstoß gegen die Einheit der Kirche und der Gemeinde. Die Predigt solle als "ein wesentliches Element der Verkündigung angesehen" und nicht dazu genutzt werden, persönliche Konflikte zu bewältigen. Es seien "klare Differenzen in der Wahrnehmung der Situation" zwischen der Erzdiözese und dem Pfarrgemeinderat deutlich geworden, heißt es in der Mitteilung dazu.

Nach Angaben des Pfarrgemeinderates sind weitere Gespräche angedacht - mit dem Generalvikar und den Vertretern des Pfarrgemeinderates, aber auch eins mit Pfarrer Koffler auf Diözesanebene.

Pfarrer Matthias Koffler auf einem Archivbild (2016)
Pfarrer Matthias Koffler auf einem Archivbild (2016)

Abberufung Kofflers in Baden-Baden: Was zuvor geschah

Zwischen der Erzdiözese und dem Pfarrgemeinderat in der katholischen Seelsorgeeinheit Baden-Baden herrsche bereits vor dem Gespräch Uneinigkeit. Zuletzt deshalb, weil der Pfarrgemeinderat vorab nicht über die Personalentscheidung des Erzbischöflichen Generalvikariats informiert worden war. Von der Abberufung Kofflers erfuhren die Mitglieder erst in der Sitzung am Abend des 13. März. Zehn von 13 anwesenden Pfarrgemeinderäten erklärten daraufhin ihre Absicht, das Amt niederzulegen.

Mehrfach demonstrierten auch Menschen gegen die Abberufung des katholischen Pfarrers, der in der katholischen Gemeinde in Baden-Baden als beliebt galt. Zum Teil nahmen Hunderte Menschen an dem Protest teil.

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Pfarrer abberufen, Diakon zurückgetreten: Was bedeutet das für die katholische Gemeinde?

Aus Solidarität mit dem abberufenen Pfarrer Koffler hatte auch Diakon Stefan Lutz-Bachmann sein Amt niedergelegt. Als geweihter Diakon hatte Lutz-Bachmann zuletzt ehrenamtlich im Ruhestand viele wichtige Dienste in der katholischen Gemeinde ausgeübt und zum Beispiel Trauungen, Taufen und Beerdigungen durchgeführt. "Ich hatte große Lust an diesem Amt, auch weil ich Pfarrer Matthias Koffler sehr schätze", so Lutz-Bachmann, "aber mein Entschluss aufzuhören, steht fest. Es sei denn, Pfarrer Koffler darf nach Baden-Baden zurückkehren."

Auch Bähr bedauert den Rücktritt des Diakons, "so wie jeder Ehrenamtliche. Wir sind nicht so viele hier in der Kirche. Jeder der nicht mehr da ist, fehlt und hinterlässt eine Lücke."

Diakon Stefan Lutz-Bachmann hat in Baden-Baden sein Amt niedergelegt.
Diakon Stefan Lutz-Bachmann hat in Baden-Baden sein Amt niedergelegt.

Ohne Koffler fallen Angebote weg

Aktuell fallen dementsprechend verschiedene Angebote in der Pfarrgemeinde St. Bernhard aus, die vor allem von Ehrenamtlichen organisiert werden. Dazu gehören etwa das Kirchen-Café oder das Morgenlob, ein halbstündiger Gebetskreis um 6 Uhr in der Frühe.

Laut Bähr sind die Kirchentermine für die nächsten drei Wochen geregelt. Katholische Gottesdienste werden von hauptamtlichen Mitarbeitern übernommen. Wie es danach vor allem im Hinblick auf die Osterfeierlichkeiten aussieht, sei noch offen.

Die Vorbereitungen für die Erstkommunion laufen laut Bähr weiter. Die Kurse für die Kinder werden von Ehrenamtlichen durchgeführt. Aus den Kreisen des Pfarrgemeinderats war allerdings zu hören, dass die Vorfreude auf das Fest bei Eltern und Kindern nach den Vorkommnissen um Pfarrer Koffler einen deutlichen Dämpfer erlitten habe.

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