Olympia-Ziel verfehlt, Suche nach neuem Geld

Krise bei Volocopter: Wie geht’s weiter mit dem Flugtaxi aus Bruchsal?

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Matthias Stauss
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Jochen Braitinger

Volocopter rechnet nicht mehr damit, dass sie bei Olympia kommerzielle Flüge anbieten können. Den Bruchsalern fehlt weiterhin die Zulassung für ihr Flugtaxi. Außerdem hoffen sie auf Geld vom Bund und aus Bayern.

Die ganze Welt schaut im Sommer nach Paris. Millionen Menschen tummeln sich in der französischen Hauptstadt, Tausende Sportlerinnen und Sportler kämpfen um olympische Medaillen. Diese große Bühne wollte Volocopter nutzen, um mit seinem Flugtaxi durchzustarten.

Volocopter streicht Ziel für Olympia in Paris

Das Unternehmen aus Bruchsal wollte bei Olympia zum ersten Mal mit ihrem elektrischen Fluggerät Passagiere gegen Geld durch die Luft fliegen. Dieses Ziel wird Volocopter nach Angaben einer Sprecherin nicht mehr erreichen. Schauflüge, beispielsweise mit Politikern, soll es vor Ort aber trotzdem geben.

Es wird keine kommerziellen Flüge von Volocopter geben.

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Flugtaxi aus Bruchsal hat immer noch keine Musterzulassung

Zu einem ausführlichen Interview ist Volocopter auf SWR-Anfrage derzeit nicht bereit. Schon im vergangenen September hatte der CEO von Volocopter, Dirk Hoke, bei der Vorstellung einer Kooperation mit dem ADAC gegenüber dem SWR gesagt, dass die Zeit "irrsinnig knapp" sei.

Volocopter will seine sog. "Multicopter" bzw. Flugtaxis aus Bruchsal in die ganze Welt verkaufen und fliegen lassen.
Volocopter will seine sogenannten "Multicopter" bzw. Flugtaxis aus Bruchsal in die ganze Welt verkaufen und fliegen lassen.

Bis heute fehlt Volocopter zum Beispiel die sogenannte Musterzulassung durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA). Nur damit dürfte das Unternehmen den regulären Passagierbetrieb starten. Ob und wann diese Zulassung kommt, ist unklar. Volocopter rechnet damit noch in diesem Jahr.

Die EASA will auf SWR-Nachfrage keinen Zeitplan nennen und weist darauf hin, dass es "zu großen Teilen darauf ankommt, wann das Unternehmen demonstrieren kann, dass ihr Produkt die Anforderungen an eine Zulassung erfüllt."

Volocopter hat Erlaubnis für Serienproduktion

Während die wohl wichtigste Zulassung noch auf sich warten lässt, liegen andere Zulassungen schon vor. Laut dem Bundesverkehrsministerium hat das Luftfahrtbundesamt am 21. März eine sogenannte "Permit to fly" erteilt - eine Art vorläufige Verkehrszulassung, damit Volocopter weitere Testflüge machen kann.

Volocopter will seine sog. "Multicopter" bzw. Flugtaxis aus Bruchsal in die ganze Welt fliegen lassen.
Volocopter und der ADAC kooperieren miteinander.

Ebenfalls im März teilte Volocopter mit, man habe vom Luftfahrtbundesamt grünes Licht für die Serienproduktion seines Flugtaxis Volocity bekommen. Die Flugtaxis können aber erst ausgeliefert werden, wenn die Musterzulassung da ist.

Das Bundesverkehrsministerium rechnet mit dieser Zulassung noch im zweiten Halbjahr, "sodass ein erster gewerblicher Betrieb Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres nicht unrealistisch ist", teilte ein Sprecher mit.

Erst dann kann Volocopter richtig Geld verdienen und seine laufenden Kosten für die über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Weiterentwicklung und die Zulassungen gegenfinanzieren. Aktuell ist das Unternehmen auf Gelder von Investoren angewiesen.

Land Baden-Württemberg lehnt Anfrage aus Bruchsal ab

Volocopter hat auch das Bundesverkehrsministerium und das Land Baden-Württemberg um Hilfe gebeten. Laut Medienberichten ging es um eine Förderung von 300 Millionen Euro, die sich der Bund und das Land hätten teilen sollen. Die Ministerien bestätigen diese Zahlen nicht.

Das grün-geführte baden-württembergische Finanzministerium lehnte die Förderung nach einer Prüfung aber ab und teilt mit: "Im Ergebnis stehen dem Land für Finanzierungen der Art, wie sie in der aktuellen Phase von Volocopter benötigt werden, […] keine passenden Instrumente zur Verfügung."

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Zieht es Volocopter nach Bayern?

Das Bundesverkehrsministerium arbeitet nach eigenen Angaben trotzdem weiterhin an einem "staatlich verbürgten Kredit" für Volocopter. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) gilt als Unterstützer des Bruchsaler Unternehmens. Er war vor einem Jahr selbst bei Volocopter und hat sich über den Stand der Dinge informiert. Mit Flugtaxis könne man Güter und Menschen schnell und emissionsfrei an Orte bringen, die bislang nicht oder kaum mit Luftfahrzeugen erreicht wurden, argumentiert ein Sprecher für die Technologie von Volocopter.

Drohnen und Flugtaxis eröffnen eine Vielzahl neuer Anwendungsperspektiven.

Der Freistaat Bayern soll jetzt für das Land Baden-Württemberg einspringen. Auch hier werden keine konkreten Zahlen genannt. Die Rede ist laut Medienberichten von 150 Millionen Euro, die sich Bund und der Freistaat teilen würden.

Eingang zum Hangar von Volocopter in Bruchsal.
Eingang zum Hangar von Volocopter in Bruchsal.

Damit könnte laut den Berichten die Bedingung verknüpft sein, dass Volocopter seinen Firmenschwerpunkt nach Bayern, genauer nach Oberpfaffenhofen, verlegt. Dort befindet sich ein Campus mit zahlreichen Firmen, die in der Luft- und Raumfahrt aktiv sind. Was das für Folgen für den Hauptstandort von Volocopter in Bruchsal haben würde, ist völlig offen.

Volocopter hat noch keine Zusage aus Berlin oder München

Am Mittwochvormittag teilt das Bundesverkehrsministerium mit, dass es noch keine positive Entscheidung aus Bayern gebe. Das bayerische Staatsministerium wollte sich auf SWR-Anfrage nicht äußern. Laut einem Bericht des Münchner Merkurs hätte das Thema am Dienstag im bayerischen Kabinett besprochen werden sollen. Die Freien Wähler um Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sollen aber ihr Veto eingelegt haben.

Das sorgt laut der Nachrichtenagentur dpa für Frust beim Koalitionspartner CSU. Die dpa zitiert den CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek: "Für die CSU-Fraktion ist es nicht nachvollziehbar, dass der Wirtschaftsminister seine Zustimmung für die Bürgschaft durch Bund und Land für diese wegweisende Volocopter-Investition mit einem möglichen Cluster mit anderen Firmen verweigert."

Sollte Bayern nicht mitmachen, könnte auch das Bundesverkehrsministerium seine Pläne stoppen. Entscheidend ist laut einem Sprecher, "dass das Risiko zwischen dem Bund und dem Freistaat gleichmäßig verteilt ist."

Zweifel an der Zukunft von Flugtaxis

Volocopter muss also weiter warten. Das Unternehmen befindet sich in einem Wettrennen mit zahlreichen anderen Unternehmen. Der Markt für Flugtaxis ist hart umkämpft. In den USA arbeiten beispielsweise Joby Aviation und Archer Aviation am kommerziellen Flugbetrieb. Auch Ehang aus China oder das Münchener Unternehmen Lilium wollen vor Volocopter auf dem Markt sein.

Mobilitätsexperten sehen die Zukunft der Branche durchaus kritisch. Flugtaxis werden in Fachkreisen zur Urban Air Mobility (UAM) gezählt. UAM könne keinen nennenswerten Beitrag zur Lösung gegenwärtiger Verkehrsprobleme in West- und Mitteleuropa leisten, sagt ein Mobilitätsforscher im Gespräch mit dem SWR. Er will anonym bleiben. Für ihn bleibt UAM "auf absehbare Zeit bestenfalls ein verkehrliches Nischenangebot für Personen mit hoher Zahlungsbereitschaft".

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