Im Thüringer Landtag wurde die erste Sitzung nach unrühmlichen Szenen am Donnerstag abgebrochen. Ausgangspunkt war ein Streit über die Wahl des Landtagspräsidenten. Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD), der die Sitzung leitete, ließ die von den Fraktionen geforderte Änderung der Geschäftsordnung nicht zu, ebenso wenig wie Wortmeldungen oder Anträge.
Deshalb beantragte die CDU eine Eilentscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs. Dieser gab am späten Freitagabend dem Alterspräsidenten der AfD, Jürgen Treutler, klare Regeln für den Ablauf der konstituierenden Sitzung des Parlaments vor. Die Abgeordneten können demnach noch vor der Wahl des Landtagspräsidenten die Geschäftsordnung ändern. Das taten sie am Samstag und entschieden mit deutlicher Mehrheit, dass für die Wahl des Landtagspräsidenten vom ersten Wahlgang an Kandidaten aus allen Fraktionen vorgeschlagen werden können. Bisher war dies zunächst der stärksten Fraktion und damit in diesem Fall der AfD vorbehalten.
Inzwischen wurde der CDU-Abgeordnete Thadäus König zum neuen Thüringer Landtagspräsidenten gewählt. Das aktuelle Problem in Thüringen ist also gelöst. Aber wie sieht es in BW aus?
Situation in Baden-Württemberg anders
In Baden-Württemberg eröffnet nicht der älteste, sondern der oder die dienstälteste Abgeordnete die konstituierende Sitzung. Diese Änderung hat der Landtag bereits 2019 mit den Stimmen von Grünen, CDU, SPD und FDP beschlossen. Bis dahin war es in Stuttgart wie bislang in Erfurt der oder die nach Lebensjahren älteste Abgeordnete, die eine Wahlperiode eröffnen durfte.
Hintergrund der Neuregelung war, dass die AfD 2016 erstmals in den Landtag von Baden-Württemberg eingezogen war. Das älteste Landtagsmitglied war der AfD-Abgeordnete Heinrich Kuhn, der dann auch die 16. Wahlperiode eröffnete. Kuhn tat das respektvoll. Er erklärte, die Würde des Landtags gebiete ein faires Miteinander - selbst bei hitzigen Debatten müsse und könne es gelingen, das die Auseinandersetzung von einer demokratischen Gesinnung getragen wird.
AfD in Baden-Württemberg jüngste Partei im Landtag
Allerdings hat die AfD in ihrer ersten Wahlperiode dann doch für zahlreiche Eklats gesorgt, so dass es zu dieser Änderung kam. Aktuell ist die AfD in Baden-Württemberg die nach Dienstjahren jüngste Partei im Landtag und wird folglich erstmal keine konstituierende Sitzung leiten.
BW-Landtagspräsidentin: BW gut geschützt gegen Demokratiefeinde
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) sieht den baden-württembergischen Landtag insgesamt schon gut geschützt und "wetterfest gegen Demokratiefeinde". Eine Lücke wurde ebenfalls bereits in der vergangenen Wahlperiode geschlossen.
Den Anstoß hatte die AfD gegeben, die sich nach internen Streitigkeiten kurzzeitig in zwei Fraktionen aufgespalten hatte. Bis dahin konnten zwei Fraktionen einen Untersuchungsausschuss beantragen, was die AfD nutzen wollte. "Das hätte jedoch die Regelung zum Schutz der Minderheitenrechte ad absurdum geführt, da die Mitglieder beider Fraktionen Mitglieder derselben Partei waren", so Aras. Daher habe sie den Antrag nicht zugelassen.
Daraufhin wurde die Regelung nachgeschärft. Einen Untersuchungsausschuss können zwar nach wie vor zwei Fraktionen beantragen, sie müssen aber unterschiedlichen Parteien angehören, oder 25 Prozent der Mitglieder des Landtags stellen.
SWR-Rechtsexperte Frank Bräutigam ordnet die Ereignisse in Thüringen ein: