Dramatische Szenen, emotionale Verhandlungen und mediales Aufsehen - das Jahr 2024 hatte in den Gerichtssälen von Heilbronn-Franken einiges zu bieten. Vom aufsehenerregenden "Wollhaus-Raser"-Prozess, der bis vor den Bundesgerichtshof ging, über die heikle Frage, ob eine Heilbronner Impfärztin bei Corona-Impfungen ihrer Aufklärungspflicht nachkam, bis hin zum skurrilen Fall eines Fake-Milliardärs, der eine Affäre mit der Tochter der Geissens erfand, reichten die Themen. Doch auch tragische Schicksale wie der Babymord einer jungen Mutter oder die kontrovers diskutierten Aktionen der "Klima-Kleber" sorgten für hitzige Diskussionen - nicht nur vor Gericht, sondern in der ganzen Region.
Die spannendsten Gerichtsprozesse des Jahres im Überblick:
- Oberlandesgericht entscheidet: Corona-Impfärztin aus Heilbronn hat Aufklärungspflicht nicht verletzt
"Wollhaus-Raser"-Prozess ging zu Ende: Bundesgerichtshof eingeschaltet
Im Februar 2023 hat ein damals 20-Jähriger in der 40er-Zone in der Heilbronner Wollhausstraße mit fast 100 Kilometern pro Stunde einen tödlichen Unfall verursacht. Er prallte mit seinem hochmotorisierten Auto in ein anderes Auto, in dem eine vierköpfige Familie saß. Der 42-jährige Fahrer starb an seinen Verletzungen noch am Unfallort, Frau und Kinder wurden teils schwer verletzt.
Der Prozess ging bereits im August des vergangenen Jahres los. Im April 2024 wurde dann am Heilbronner Landgericht das Urteil gesprochen: Der junge Mann wurde wegen Mordes zu neun Jahren Haft nach Jugendstrafrecht verurteilt. Das Gericht sprach ihn außerdem des dreifachen versuchten Mordes für schuldig. Es sah es als erwiesen an, dass das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt war. Seinen Führerschein musste der 21-Jährige abgeben. Die Verteidiger waren mit diesem Urteil überhaupt nicht einverstanden und haben Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Mehr Hintergründe zum Urteil könnt ihr hier nachlesen:
21-Jähriger zu neun Jahren Haft wegen Mordes verurteilt Heilbronner Raser-Prozess: Verteidigung will Bundesgerichtshof einschalten
Nach dem Urteil im Heilbronner Wollhaus-Raser-Prozess will die Verteidigung nun vor den Bundesgerichtshof ziehen. Ihr Mandant wurde am Montag zu neun Jahren Haft verurteilt.
Das Land Baden-Württemberg möchte den verurteilten Raser in seine Heimat, in die Türkei, abschieben. Noch ist das nicht geschehen, weil der Verurteilte "noch im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist und somit nicht vollziehbar ausreisepflichtig" ist, heißt es auf SWR-Anfrage an das Justizministerium Baden-Württemberg. Damit er ausgewiesen werden kann, muss die Verurteilung erst rechtskräftig sein.
Mord-Urteil ist noch nicht rechtskräftig Land will verurteilten Wollhaus-Raser in die Türkei abschieben
Das Land möchte den zu neun Jahren Haft wegen Mordes verurteilten Wollhaus-Raser von Heilbronn abschieben. Der Mann ist türkischer Staatsbürger. Die Planungen laufen bereits.
Rund zwei Wochen nach dem Urteilsspruch wurde dann auch noch der Bruder des "Wollhaus-Rasers" wegen eines illegalen Autorennens verurteilt. Er muss für vier Jahre seinen Führerschein abgeben und eine Geldstrafe zahlen. "Geschwindigkeitsüberschreitungen in dem Ausmaß sind mir in 25 Jahren noch nie untergekommen", sagte der Richter bei der Urteilsbegründung:
Urteil am Heilbronner Landgericht Bruder des "Wollhaus-Rasers" nach illegalem Autorennen verurteilt
Ein 20-Jähriger Mann ist am Landgericht in Heilbronn wegen eines illegalen Autorennens verurteilt worden. Er ist der Bruder des "Wollhaus-Rasers", der abgeschoben werden soll.
Oberlandesgericht entscheidet: Corona-Impfärztin aus Heilbronn hat Aufklärungspflicht nicht verletzt
Eine Frau verklagte eine Ärztin aus Heilbronn auf Schadensersatz, weil sie nach einer Corona-Impfung schwere Impfschäden davongetragen haben soll und die Ärztin nicht ausreichend ihrer Aufklärungspflicht nachgekommen sein soll. Die geimpfte Frau berichtete von Lähmungserscheinungen, Kraftlosigkeit und Schmerzen.
Das Heilbronner Landgericht hatte die Ansprüche der Klägerin zurückgewiesen. Die Richter urteilten: Die Klägerin sei ausreichend aufgeklärt worden. Die Klägerin ging in Berufung und auch das Oberlandesgericht (OLG) in Stuttgart wies die Klage ab. Das OLG stellte fest, dass in einem solchen Fall die Ansprüche gegen den Staat gerichtet werden müssen. Und nicht wie hier gegen eine beauftragte Privatperson.
Pflegekraft gegen Ärztin Berufungsklage gegen Heilbronner Impfärztin abgewiesen
Das Landgericht Heilbronn sah bei der Corona-Impfung keine Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Ärztin. Auch die nächste Instanz wies die Klage jetzt ab.
Prozess um Tochter der Geissens: Fake-Milliardär gibt vor, mit Geiss-Tochter Affäre gehabt zu haben
Der wohl wildeste Prozess des Jahres aus der Region (sogar mit Promi-Touch): Im August wurde ein Hochstapler nach einer erfundenen Sex-Affäre mit einer Tochter der Geissens wegen Verleumdung verurteilt. Der 24-Jährige soll auf Instagram mit gefälschten Chat-Verläufen vorgegeben haben, mit Reality-TV-Star Shania Geiss Sex gehabt zu haben, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Der Verurteilte, ein Soldat in Ausbildung, gab über seinen Anwalt zu, dass die Behauptungen frei erfunden seien und nicht beabsichtigt war, der jungen Frau Schaden zuzufügen. Dennoch soll die Situation erhebliche psychische Auswirkungen auf Shania Geiss gehabt haben.
Prozess gegen Heilbronner vor Amtsgericht Hochstapler nach erfundener Sex-Affäre mit Geiss-Tochter verurteilt
Weil er behauptet hat, mit einem Star aus der Reality-TV-Serie "Die Geissens" Sex gehabt zu haben, wurde ein junger Mann am Heilbronner Amtsgericht verurteilt.
Der 24-Jährige gibt sich auf Instagram (immer noch) als Milliardärserbe aus, der ein Jetset-Leben führt und in Monaco wohnt. In Wirklichkeit verfügt er nur über bescheidene Einkünfte und kann sich ein solches Leben gar nicht leisten. Die Fake-Geschichte wurde auch Medien wie der BILD-Zeitung zugespielt, die zunächst darüber berichteten, später aber eine Richtigstellung veröffentlichten.
Babymord-Prozess: Junge Mutter wirft Baby aus dem Fenster
Eine 28-jährige Mutter aus Lauffen am Neckar (Kreis Heilbronn) hat im September 2023 ihr neugeborenes Baby aus dem Fenster geworfen. Das Kind soll nicht in ihre Lebenspläne gepasst haben. Das Landgericht hat die Frau im Juli nun zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags verurteilt. Laut Gericht war die Tat kein geplanter Mord, sondern eine spontane Tat. Die Verurteilte gab an, nichts von der Schwangerschaft gewusst zu haben, sie habe aber sehr wohl Schwangerschaftsanzeichen wahrgenommen, wie ihre Internetrecherchen offenbarten.
28-Jährige aus Lauffen zu mehrjähriger Haftstrafe verurteilt Baby aus Fenster geworfen - Urteil im Mordprozess gefallen
Gegen eine Frau aus Lauffen ist am Mittwoch das Urteil am Heilbronner Landgericht gefallen. Das Gericht verurteilte die Frau wegen Totschlags zu siebeneinhalb Jahren Haft.
"Klima-Kleber" aus Heilbronn vor Gericht
Im Februar vergangenen Jahres hatten sich fünf Klimaaktivisten der "Letzten Generation" in Heilbronn auf der B27 festgeklebt. Daraufhin wurden sie vom Amtsgericht Heilbronn wegen Nötigung zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Das Strafmaß sorgte bundesweit für Aufsehen und war das bisher härteste Urteil gegen Aktivisten der "Letzten Generation". Das Landgericht Heilbronn hat die Urteile im Berufungsverfahren im Oktober dieses Jahres dann deutlich abgemildert. Der Richter des Berufungsverfahrens nannte das damalige Urteil "extrem hart". Vor dem Gericht begleiteten Anhängerinnen und Anhänger der "Letzten Generation" die Verhandlung mit einer Mahnwache, während Polizei vor Ort war.
Zwei Angeklagte erhielten nun zwar Haftstrafen von drei und vier Monaten, diese wurden jedoch zur Bewährung ausgesetzt. Eine weitere Angeklagte wurde zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro, ein anderer zu 2.250 Euro verurteilt. Zwei Aktivisten kamen mit einer Geldstrafe zur Bewährung davon.
Noch Revision möglich Marathonsitzung im Heilbronner Landgericht: Milderes Urteil für Klimaaktivisten
Das Landgericht Heilbronn hat am Dienstagabend die Haftstrafen gegen die Klimaaktivisten, die sich im vergangenen Jahr auf der B27 festgeklebt haben, aufgehoben.