Die Urteilsverkündung am Landgericht Heilbronn dauerte lange: Rund zwei Stunden ließ der 21-Jährige die Worte des Richters fast emotionslos über sich ergehen. Er wurde wegen Mordes zu neun Jahren Haft nach Jugendstrafrecht verurteilt. Das Gericht sprach ihn außerdem des dreifachen versuchten Mordes für schuldig. Seinen Führerschein muss der 21-Jährige abgeben. Man sei mit der Einschätzung des Gerichts nicht einverstanden, sagen die Verteidiger Anke Stiefel-Bechdolf und Stefan Ley. Sie wollen deshalb Revision einlegen, der Bundesgerichtshof soll das Verfahren überprüfen.
Staatsanwaltschaft: Fahrer nahm Tod billigend in Kauf
Der 21-Jährige war im Februar vergangenen Jahres mit seinem über 300 PS starken Auto in einer Tempo-40-Zone in der Heilbronner Wollhausstraße mit rund 100 Kilometern pro Stunde in das Auto eines Familienvaters geprallt. Wie ein verkehrstechnisches Gutachten ergab, hatte der 42 Jahre alte Familienvater keine Chance, den Unfall zu verhindern. Der Mann starb noch an der Unfallstelle, seine Frau wurde schwer, die beiden Kinder leicht verletzt.
Kurz zuvor soll der 21-Jährige fast eine Frau auf einem Zebrastreifen angefahren haben, die gerade noch ausweichen konnte. Nach diesem Vorfall hat der Mann laut dem Richter "das Gaspedal bis zum Bodenblech durchgedrückt".
Richter: Angeklagter habe Tod von Menschen billigend in Kauf genommen
Die Staatsanwaltschaft plädierte deswegen auf Mord, weil der Tod von Menschen billigend in Kauf genommen wurde. In der ursprünglichen Anklage war sie noch von Totschlag und versuchtem Totschlag ausgegangen. Letztlich sah das Gericht das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt. Unter anderem hatte sich das spätere Opfer beim Einbiegen in die Straße zunächst in Sicherheit gewogen und konnte sich anschließend nicht mehr wehren, was laut dem Richter einem solchen Mordmerkmal entspricht.
Verurteilung nach Jugendstrafrecht
Eine Anwältin der Nebenkläger hatte eine lebenslange Haftstrafe nach Erwachsenenstrafrecht und einen lebenslangen Führerscheinentzug gefordert. Die Verteidigung des Angeklagten sah als Tatbestand lediglich fahrlässige Tötung. Ihr Mandant habe in den wenigen Sekunden bis zum Unfall nicht vorsätzlich gehandelt.
Das Heilbronner Landgericht stufte den Mann am Montag als Heranwachsender ein, weil er vor allem im Februar 2023 geistig nicht erwachsen genug gewesen sei. Somit wurde er nach Jugendstrafrecht verurteilt und kommt um eine lebenslange Freiheitsstrafe herum. Die hätte ihm gedroht, wenn er nach dem Strafrecht für Erwachsene verurteilt worden wäre. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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