Krisen sind nicht Winfried Kretschmanns (Grüne) Ding - aber welcher Politiker mag das schon. Außer vielleicht Markus Söder (CSU), weil er sich dann noch mehr in Szene setzen kann. Nach Corona und Energiekrise jetzt also die Wirtschaftskrise.
Die Automobilindustrie schwächelt, der Absatz von Elektrofahrzeugen stockt - und was macht die Landesregierung des Autolandes Baden-Württemberg? Sie verweist auf den Strategiedialog, bei dem Chefs der Autofirmen mit den Politikern reden. Bayern sorgt jetzt dafür, dass E-Autos auf gebührenpflichtigen Plätzen gratis parken können. Kein großes Ding, aber immerhin ein Signal.
Landesmobilitätsgesetz: Viel kann, wenig muss
Baden-Württemberg steckt dagegen Kraft und Energie in ein Landesmobilitätsgesetz. Die Grünen wollen es unbedingt, die CDU eher nicht, trotzdem hat sie den Punkt im Koalitionsvertrag unterschrieben, um mitregieren zu können. Also wird endlos verhandelt, bis das Gesetz nur noch aus Überschriften besteht. Nahverkehrsabgabe - kann von den Kommunen erhoben werden, muss nicht. Radkoordinatoren in den Landkreisen - kann es geben, muss es aber nicht.
Seit mehr als einem Jahr doktert das Wohnungsbauministerium an einer Reform der Landesbauordnung herum. Fällt die Pflicht für Fahrradstellplätze nun weg oder nicht? Grüne und CDU sind sich in vielen Details nicht einig. Bald soll eine Reform kommen, um das Bauen schneller zu machen. Aber dafür lässt sich die Landesregierung noch Zeit.
Grüne und CDU blockieren sich gegenseitig
Die grün-schwarze Koalition hält sich zugute, geräuschlos und ohne Streit zu regieren, anders als die gescheiterte Ampel. Doch Grüne und CDU blockieren sich gegenseitig, Projekte werden auf die lange Bank geschoben oder komplett entbeint. Auch im nächsten Jahr wird nicht mehr viel gerissen. Erst ist Wahlkampf für die Bundestagswahl - und wenn man sich im Frühjahr dann wieder sortiert hat, beginnt der vorgezogene Landtagswahlkampf. Grünen-Spitzenmann Cem Özdemir hat dann ja Zeit. Was dann noch kommt?
Die Rückkehr zu G9 wird eingeleitet und mit der Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald bekommt Ministerpräsident Kretschmann ein vorgezogenes Abschiedsgeschenk. Dafür verkauft das Land seine Anteile an der Waldgenossenschaft möglicherweise unter Wert. Das wäre in diesem Fall etwas für den Rechnungshof. Der hat bereits vor erheblichen Mehrkosten durch eine mögliche Vergrößerung des Landtags infolge des neuen Wahlrechts gewarnt. Vergeblich. Da sind sich Grüne und CDU wieder völlig einig, im Schulterschluss mit der SPD. Eine Reduzierung der Landtagswahlkreise lehnen sie mit dem Argument "Bürgernähe" ab. Kritik wird als zu holzschnittartig weggewischt. Die Größe des neuen Landtags hänge schließlich vom Wahlverhalten ab.
Kretschmann: "Die großen Agenden sind abgearbeitet"
Es ist, also ob man mit 80 Kilometern pro Stunde in eine enge Kurve fährt und hofft, dass es schon gutgehen wird. Wird es nicht. Aber das muss dann die neue Landesregierung regeln. Wie sagte doch Ministerpräsident Kretschmann: Die großen Agenden sind abgearbeitet. In einem letzten Kraftakt hat man den Doppelhaushalt 2025/26 aufgestellt und verabschiedet. Jetzt sind von der grün-schwarzen Koalition keine nennenswerten Impulse mehr zu erwarten.