Mit neuen Radkoordinatoren in allen 44 Stadt- und Landkreisen will der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) den Radverkehr besser ausbauen. Vorgesehen war eigentlich, dass sie die Kommunen bei Planung, Bau und Erhalt von Radwegen unterstützen. Doch bei den Landkreisen kommt das nicht gut an. Der Präsident des Landkreistags, Joachim Walter (CDU) hatte jüngst im SWR erklärt, es sei "fast zynisch", dass man Geld für Koordinatoren ausgeben wolle, während man keine Mittel für den Ausbau der Radwege habe.
Nun ist Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei einem Treffen der Landrätinnen und Landräte am Montag in Bruchsal (Kreis Karlsruhe) der Kragen geplatzt. Er wundere sich, dass es so viel Kritik an den Radkoordinatoren gebe. Er hielt Walter vor, da einen "populistischen Schwung" reinzubringen und so zu tun, als ob das Land den Kreisen die Koordinatoren aufzwingen wolle.
Tatsache sei, dass ein Pilotprojekt gezeigt habe, dass bei Stadt- und Landkreisen ein Bedarf besteht. 25 Stadt- und Landkreise hätten an einem freiwilligen Förderprogramm mit Teilfinanzierung durch Land teilgenommen. "Wir machen etwas aus Erfahrung. Und nicht weil wir denken, jetzt drücken wir denen noch nette Radkommunikatoren aufs Auge." Und dann sagte Kretschmann: "Und wenn sie die alle unbedingt nicht wollen, dann kriegen sie sie halt nicht." Tatsächlich hatte der Städtetag als Vertreterin der Stadtkreise - anders als Landkreis- und Gemeindetag - die Einführung der Radkoordinatoren begrüßt.
Keine Radkoordinatoren: CDU nimmt Kretschmann freudig beim Wort
Der Koalitionspartner CDU zeigte sich dennoch erfreut über die Ankündigung. "Die Mittel zur Finanzierung der Radkoordinatoren sollten nicht in weitere Bürojobs, sondern direkt in die dringend notwendige Verbesserung der Radinfrastruktur investiert werden", sagte Thomas Dörflinger, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, dem SWR. "Deshalb begrüßen wir es sehr, dass Ministerpräsident Kretschmann heute zum Thema der Radkoordinatoren ein Machtwort gesprochen hat und unserer pragmatischen Haltung folgt."
Der CDU-Fraktionsvize fügte hinzu, man hoffe, "dass es, anders als beim Gleichbehandlungsgesetz, kein weiteres Hickhack beim Koalitionspartner gibt". Bei dem geplanten Gesetz gegen Diskriminierung durch die Verwaltung hatte das Staatsministerium ebenfalls für einen Verzicht plädiert. Auf Druck der Grünen-Fraktion gibt es nun doch weitere Gespräche.
FDP fordert Verzicht auf Mobilitätsgesetz
Der FDP-Verkehrsexperte Christian Jung begrüßte den Verzicht auf die Radkoordinatoren ebenso. Er forderte die grün-schwarze Landesregierung auf, das Landesmobilitätsgesetz ganz fallen zu lassen. "Nachdem nun wirklich nichts mehr als Worthülsen als Torso übrigbleiben, muss der gesamte Entwurf dorthin verschoben werden, wo er hingehört: In den Ordner 'Gelöschte Elemente'."
Grüne und CDU hatten sich nach monatelangen Verhandlungen Mitte Juli auf den Entwurf verständigt - auf Druck der CDU war es schon abgespeckt worden. Das Gesetz soll unter anderem die Grundlage für die Einführung eines sogenannten Mobilitätspasses schaffen. Damit will das Land den Kommunen die Möglichkeit geben, mit einer Nahverkehrsabgabe den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs zu finanzieren. Auch hier ist der Landkreistag äußerst unzufrieden, er verlangt wie der Gemeindetag stattdessen vom Land mehr Geld für den Ausbau des Bus- und Bahnnetzes. Baden-Württemberg hinkt insbesondere beim Verkehr hinter seinen selbstgesteckten Klimazielen hinterher.