Am Freitagvormittag sind die fünf Vögel aus Überlingen (Bodenseekreis) auf einem Flugplatz in Ruoms in Südfrankreich freigelassen worden und erkunden nun die Umgebung. Es ist ein neuer Ansatz in der Geschichte des Überlinger Waldrapp-Projekts. Die Hoffnung: Ohne ein Leit- oder Elterntier suchen sich die Jungvögel selbstständig ein Winterquartier.
Bereits im vergangenen Jahr war der Jungwaldrapp Fiete selbstständig bis nach Andalusien gezogen. Dort gibt es eine bestehende Waldrapp-Kolonie. Jetzt beobachten die Vogelschützer des Waldrappteams gespannt, was die Tiere machen werden.
SWR-Reporter Martin Hattenberger berichtete aus Ruoms:
Junge Waldrappe in Voliere gelockt
Damit die Jungwaldrappe nach Frankreich gebracht werden konnten, musste das Waldrappteam die Vögel zuerst einfangen. Seit sie ihr Nest in einer Felsnische bei Überlingen verlassen hatten, hielten sich die Waldrappe in Sumpfwiesen bei Frickingen (Bodenseekreis) auf. Mit Hilfe eines Futterautomaten, der auf Knopfdruck ein Piep-Geräusch machte und Mehlwürmer ausstreute, wurden die Tiere in eine Fangvoliere, eine Art großen Vogelkäfig mit nur einem Eingang, gelockt.
Als die Jungwaldrappe in der Voliere waren, schloss das Waldrappteam den Eingang mit Hilfe eines Fallnetzes ab. Die Tiere wurden dann in Transportboxen verfrachtet, in denen sie nach Südfrankreich gebracht wurden. Unter den Jungvögeln befindet sich auch "Landi", ein Jungwaldrapp, der nach der SWR-Landesschau benannt wurde.
Elf Waldrappe nach Italien gebracht
Parallel zum Versuch in Südfrankreich wurde eine Gruppe von elf Waldrappen, bestehend aus erwachsenen und jungen Vögeln, nach Norditalien in die Gegend des Gardasees gebracht und dort ebenfalls am Freitagmorgen freigelassen. Die Tiere sollen von dort selbstständig in ihr Winterquartier in Orbetello in der Toskana fliegen.
Der Grund für den Transfer: In den vergangenen Jahren sind die Waldrappe immer wieder zu spät losgeflogen und haben aufgrund schlechten Wetters oder Schnees den Flug über die Alpen nicht mehr geschafft.
Restliche Waldrappe folgen
Die Bemühungen des Waldrappteams waren offenbar erfolgreich. Denn GPS-Daten zeigen, dass auch die restlichen Tiere der Überlinger Kolonie inzwischen in Richtung Winterquartier aufgebrochen sind und sich derzeit in der Schweiz befinden. Die Tiere haben offenbar das Fehlen ihrer Artgenossen bemerkt und sind selbstständig losgezogen.