Heiß diskutiertes Infrastrukturprojekt in Hochdorf

Lange Vollsperrung: B30-Brücken werden ab 2028 neu gebaut

Stand
Autor/in
Jannik Volz
Onlinefassung
Friederike Fiehler
SWR-Redakteurin Friederike Fiehler Autorin Bild

Trotz Kritik setzt das Verkehrsministerium auf eine Vollsperrung für den Neubau der B30-Brücken bei Hochdorf. Die Brücken an der Bundesstraße 30 in Hochdorf sind marode.

Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg hat die Entscheidung zum umstrittenen Ersatzneubau der B30-Brücken bei Hochdorf (Kreis Biberach) getroffen. Trotz Bedenken von Anwohnern und der Industrie wird eine 18- bis 21-monatige Vollsperrung durchgeführt. Die Entscheidung wurde am Freitag bekannt gegeben.

Man wisse, dass eine Vollsperrung für viele Menschen in der Region nicht das Ergebnis ist, das sie sich gewünscht haben, so das Verkehrsministerium. Ziel sei es aber, die zeit- und kostengünstigste Variante umzusetzen. Diese Maßnahme soll die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden gewährleisten.

Einsturzgefahr? B30-Brücken sind marode

Die Brücken an der Bundesstraße 30 seien dringend sanierungsbedürftig. Sie gehören zu jenen Bauwerken, in denen rissgefährdete Spannstähle verbaut wurden - eine Bauweise, die auch zum Einsturz der Carola-Brücke in Dresden geführt hatte, wie es vom Verkehrsministerium heißt. In Baden-Württemberg betrifft das insgesamt 73 Brücken.

Vollbesetzte Gemeindehalle in Hochdorf bei der Infoveranstaltung zu den Brückensanierungen
Viele Bürgerinnen und Bürger saßen bei der Infoveranstaltung zu den geplanten Brückensanierungen in der Gemeindehalle von Hochdorf.

Alternativen und ihre Abwägung

Verschiedene Alternativen wurden laut Ministerium geprüft, aber die Vollsperrung stelle sich als wirtschaftlichste Lösung dar. Die Baukosten betragen demnach 38 Millionen Euro, 10 bis 20 Millionen Euro günstiger als alternative Varianten. Der Amtschef des Verkehrsministeriums, Ministerialdirektor Berthold Frieß, betonte, dass kein Brückenersatzbau so intensiv diskutiert und geprüft worden sei wie in Hochdorf. Ein umfassender Dialog und die Prüfung aller Varianten führten zur Entscheidung für die Vollsperrung, um eine schnelle und sichere Umsetzung zu garantieren.

Eine relativ kurze, aber vollständige Sperrung führt in der Summe zu mehr Sicherheit und ist schneller fertig als ein komplizierter Umbau auf Raten.

Bürgermeister Stefan Jäckle (parteilos) kritisierte zu Beginn der Veranstaltung das Verkehrsministerium scharf. Er fühlte seine Gemeinde im Entscheidungsprozess nicht ordentlich berücksichtigt. Es habe keinen regelmäßigen Kontakt seitens des Ministeriums gegeben, Anfragen seien abgewiesen worden. Das Vorhaben finde er nach wie vor nicht durchdacht genug. Gegenüber Amtschef Frieß sagte er:

Sie fahren nachher zurück nach Stuttgart, wir müssen mit den Maßnahmen leben.

Verkehrsführung während der Bauphase

Die Bauarbeiten sollen 2028 beginnen. Währenddessen muss die B30 bei Hochdorf in beide Richtungen 18 Monate lang voll gesperrt werden. Der Verkehr soll zum einen großräumig verlagert und zum anderen über die Ortschaften Hochdorf, Ingoldingen und Schweinhausen umgeleitet werden. Laut Berechnungen ist in diesen Bereichen mit einer Zunahme von rund 5.000 zusätzlichen Fahrzeugen pro Tag zu rechnen. Zusätzliche Maßnahmen wie Tempolimits und Ampeln würden geplant, um die Belastungen zu reduzieren, heißt es.

Auswirkungen auf Rettungsdienste und Bahnverkehr

Die Rettungszeiten haben höchste Priorität, so das Ministerium. Das Land prüfe noch, wie die vorgeschriebenen Zeiten eingehalten werden können. Auch zum beschrankten Bahnübergang bei Schweinhausen werde das Land mit der Deutschen Bahn Lösungen suchen, um Staus zu vermeiden.

Ein Planfeststellungsverfahren sei nicht nötig, was einen Zeitgewinn bedeute. Dennoch würden alle Umwelt- und Naturschutzvorschriften eingehalten, und zusätzliche Genehmigungen bei Bedarf eingeholt.

Einbindung der Öffentlichkeit und Wirtschaft

Die Öffentlichkeit wurden vor der Entscheidung zum Brückenbau an der B30 einbezogen, wobei Bedenken gegen die Vollsperrung geäußert wurden. Alternativlösungen zur Vermeidung einer Vollsperrung und zur Minderung der Belastung wurden vorgeschlagen und in einer öffentlichen Diskussion mit etwa 400 Beteiligten intensiv thematisiert.

Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ulm kritisierte die geplante Vollsperrung der B30 und die damit verbundene Umleitung über angrenzende Ortschaften. Laut IHK könnte dies zu einem wirtschaftlichen Schaden von mindestens 15 Millionen Euro führen. Die IHK plädierte daher für eine Bauweise, die den Verkehr möglichst wenig beeinträchtigt. Alternativen, die geringere Auswirkungen auf die Wirtschaft und Umwelt hätten, seien im Prozess mehrfach vorgestellt worden.

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