Weil die Bundesförderung Ende des Jahres ausläuft, stand die Finanzierung der BW-Ableger der "Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung" (OFEK) auf der Kippe: Nach vielen Diskussionen will die Landesregierung Baden-Württemberg nun doch die Finanzierung übernehmen.
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der darauffolgenden Verschärfung des Nahost-Konflikts hat sich auch in Baden-Württemberg die Zahl antisemitischer Straftaten deutlich erhöht. 260 Fälle verzeichnete das Innenministerium im ersten Halbjahr 2024. Das sind mehr als dreimal so viele Übergriffe wie im Vorjahreszeitraum. Die "Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung" (OFEK) ist seit 2020 eine wichtige Anlaufstelle für Jüdinnen und Juden in Baden-Württemberg, wenn sie antisemitischen Angriffen ausgesetzt sind. Diese Beratungsstelle stand zuletzt kurz vor dem Aus, soll jetzt aber weiter finanziert werden.
Land wollte Finanzierung erst nicht übernehmen
Die OFEK hat im Land zwei Beratungsstellen, eine in Stuttgart und eine in Freiburg. Auch hier ist die Nachfrage von Opfern antisemitischer Gewalt stark gestiegen. Das Problem dabei - die Finanzierung läuft aus. Denn die Einrichtung war bisher ein Modellprojekt des Bundes und wurde in den letzten Jahren aus Mitteln des Bundesprogramms "Demokratie leben" finanziert. Das Projekt läuft aber Ende 2024 aus und damit auch die Bundesförderung von 200.000 Euro jährlich.
Deswegen hat die Einrichtung beim baden-württembergischen Sozialministerium einen Förderantrag gestellt. Der wurde allerdings abgelehnt - das Aus für die Beratungsstelle drohte. Als Begründung für die Ablehnung gab das BW-Sozialministerium gegenüber dem SWR an: "Eine Förderung von OFEK auf Grundlage eines Förderaufrufs des Sozialministeriums, genauer gesagt des Demokratiezentrums BW, kann aufgrund der Vorgaben des Bundes für die Verausgabung dieser Mittel nicht umgesetzt werden."
Gründerin Marina Chernivsky im SWR-Interview Antisemitismus-Beratung: Was Betroffene gerade erleben - und was helfen könnte
Immer mehr Jüdinnen und Juden wenden sich an die Beratungsstelle OFEK, weil sie seit dem 7. Oktober auch in BW vermehrt Antisemitismus erleben. OFEK-Gründerin Marina Chernivsky erzählt im Interview, was Betroffene gerade umtreibt.
Opposition empört - Regierung lenkt ein
Die Opposition reagierte empört und brachte das Thema im Finanzausschuss des baden-württembergischen Landtags ein. Die Ablehnung der Förderung sei ein fatales Signal, gerade in Zeiten der explodierenden, antisemitischen Straftaten, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch dem SWR. Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) warf er mangelnde Sensibilität vor.
Mittlerweile hat auch die Regierung reagiert und eingelenkt. Die Finanzierung der Einrichtung müsse auch 2025 und 2026 sichergestellt werden, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Albrecht Schütte dem SWR. Die bisherige Förderung aus den Mitteln des Landes werde deshalb nicht nur fortgeführt, sondern aufgestockt. Am Freitag soll im Finanzausschuss des Landtags ein jährlicher Zuschuss für die Beratungsstelle in Höhe von 250.000 Euro beschlossen werden.