Die baden-württembergische Landesregierung will mehr Sicherheit für Jüdinnen und Juden im Land gewährleisten und investiert deshalb künftig mehr in deren Schutz. Hierfür unterschrieb Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Freitag in Stuttgart gemeinsam mit Vertretern der Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden und Württemberg einen Änderungsstaatsvertrag, berichtet die Katholische Nachrichtenagentur. Damit wolle man "den veränderten Rahmenbedingungen für jüdisches Leben im Land Rechnung tragen", teilte das Staatsministerium mit.
"Das Sicherheitsgefühl und die tatsächliche Sicherheitslage für Jüdinnen und Juden im Land haben sich in den letzten Jahren leider deutlich verschlechtert", sagte Rami Suliman, Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden. Allein im ersten Halbjahr 2024 wurden laut BW-Innenministerium 260 antisemitische Straftaten in BW registriert. Die Neufassung des Staatsvertrages sei ein wichtiges Signal für eine "mittelfristig zukunftssichere und verlässliche Aufstellung der jüdischen Gemeinschaft im Land".
Mehr finanzielle Unterstützung zum Schutz jüdischen Lebens in BW
Insgesamt erhöhen sich die Leistungen des Landes gegenüber dem bisherigen Staatsvertrag aus dem Jahr 2010 um jährlich rund 2,37 Millionen Euro. Davon entfielen auf Sicherungsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen rund 1,5 Millionen Euro - etwa für Sicherheitspersonal und die Wartung von Sicherheitseinrichtungen.
Erhöhte Finanzmittel würden zudem in Bildungsmaßnahmen gesteckt: Das jüdische Bildungswerk werde mit rund 150.000 Euro unterstützt, das deutsch-jüdische Kulturerbe mit rund 720.000 Euro verstärkt gefördert.
Studierende berichten Antisemitische Sticker an BW-Unis: "Wir Juden wissen, dass Worten Taten folgen"
Die Stimmung bei jüdischen Studierenden in BW ist angespannt. Manche trauen sich nicht mehr zur Vorlesung, verstecken jüdische Symbole oder denken ans Auswandern.
Kretschmann: Gemeinsam gegen Antisemismus
"Wir treten Antisemitismus gemeinsam entschieden entgegen und sichern die Zukunft jüdischen Lebens bei uns", sagte Kretschmann. Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) unterstrich, der "barbarische Terroranschlag der Hamas auf den Staat Israel" am 7. Oktober 2023 habe "das Leben der Jüdinnen und Juden auch hier bei uns in Baden-Württemberg verändert". Jetzt gelte es mehr denn je, zusammen zu halten.
"Jüdinnen und Juden sollen nicht nur objektiv sicher sein, sondern sich in unserem Land auch sicher fühlen", so Strobl weiter. Kultusstaatssekretärin Sandra Boser (Grüne) ergänzte: "Die Ereignisse und gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Monate zeigen uns, dass das seit Jahrhunderten in Baden-Württemberg beheimatete jüdische Leben heute leider wieder gefährdet ist."