Energetisch sanieren ist besser fürs Klima
Auch wenn weniger als fünf Prozent aller Wohngebäude in Deutschland als Baudenkmäler klassifiziert sind, gibt es doch oft ganze Fachwerk-Kleinstädte, Altstadt-Kerne oder schützenswerte architektonische Siedlungen, die unter die Denkmalpflege fallen. Mit denkmalgerechten Maßnahmen kann auch an Baudenkmälern der Energieverbrauch deutlich gesenkt werden.
Historische Bausubstanz zu erhalten ist eine zentrale Klimaschutzmaßnahme. Immer wieder nach wenigen Jahren ganze Gebäudekomplexe abzureißen und neu zu bauen – mit all den Rohstoffverlusten, die damit einhergehen – kann nicht die Lösung sein.
Doch strenge Denkmalschutz-Auflagen kollidieren oft mit innovativen Ideen rund um den Klimaschutz. Die Vorstellung davon, wie auf alten Burgen oder aufwändig renovierten Fachwerkhäusern plötzlich überall Solaranlagen sitzen, die Sonnenlicht in elektrische Energie umwandeln, wirkt erst einmal utopisch.
Architektur Denkmalschutz und Energiewende vereinbaren – Geht das?
Im Kampf gegen die Klimakrise hat die Politik begonnen, Denkmalregeln anzupassen. Innovationen wie Solardachziegel machen die klimafreundliche Sanierung von Baudenkmalen zwar leichter, doch noch gibt es viele Baustellen.
Flexiblerer Denkmalschutz für mehr Klimaschutz
Damit noch mehr Klimaschutz im Baudenkmal möglich wird, haben zahlreiche Bundesländer ihre Denkmalvorgaben angepasst, um etwa mehr Solaranlagen auf die Dächer zu setzen. In Rheinland-Pfalz wird seit 2023 im Regelfall eine Genehmigung erteilt, wenn jemand eine Photovoltaikanlage an oder auf einem Kulturdenkmal anbringen will.
Nur noch in Ausnahmefällen, wenn es zum Beispiel durch die Solarpanele zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Substanz und Erscheinungsbild des Kulturdenkmals kommen sollte, können die Denkmalschutzbehörden künftig gegen die Genehmigung entscheiden.
Nach der neuen Richtlinie kommt dem Klima- und Ressourcenschutz bei der Abwägung konkurrierender Interessen eine verstärkte Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang sind auch Einschränkungen im Erscheinungsbild eines denkmalgeschützten Baus hinzunehmen.
Auf Festung Ehrenbreitstein setzt man auf Wärmepumpe
Dass es durchaus Fälle gibt, bei denen eine klimafreundliche Sanierung eine Win-Win-Situation mit sich bringen kann, zeigt die Festung Ehrenbreitstein. Die ursprünglich kurtrierische, später preußische Befestigungsanlage gegenüber der Moselmündung in Koblenz.
Der Touristenmagnet ist auf einem über 100 Meter hohen Felsen gelegen und gehört seit 2002 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Festung ist heute im Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz und beherbergt das Landesmuseum Koblenz, eine Jugendherberge und verschiedene Verwaltungsstellen.
Für ein neues Energiekonzept wurde vor über zehn Jahren 117 Meter tief gebohrt, um die Festung mit Erdwärme zu versorgen. Ein weiterer Vorteil: Die Eingriffe in die historische Bausubstanz waren dank der Wärmepumptechnik minimal.
SWR zu Besuch auf der Festung Ehrenbreitstein
Herder-Verlagsgebäude: Überdachungen, um Energie zu sparen
Ein energetisches Gesamtkonzept mit mehreren Komponenten wurde beim Umbau des ehemaligen Herder-Verlagsgebäudes in Freiburg umgesetzt. Der viergeschossige Bau wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet. Heute wird das denkmalgeschützte Gebäude im neobarocken Stil von der Fakultät für Forst- und Umweltwissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg genutzt.
Die Denkmalpflege sei von Anfang an mit in die Maßnahmenkonzeption eingebunden gewesen, heißt es vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart.
Der Innenhof wurde mit einem stählernen, baumartigen Dachtragewerk überzogen. Wärmedämmende Luftkissen aus Kunststofffolien schirmen den Hof gegen die Außenluft ab. Im Winter spart das Heizkosten, im Sommer ermöglichen Abluftöffnungen in der Überdachung die natürliche Nachtauskühlung. So braucht es keine Lüftungsanlage.
Außerdem wird das Gebäude durch Brunnenwasser gekühlt. Zu einem bereits vorhandenen Brunnen wurde ein zusätzlicher, sogenannter Schluckbrunnen gebohrt, um einen geschlossenen Wasserkreislauf herzustellen. Damit werden jetzt zum Beispiel die Serverräume gekühlt.
Denkmalschutz macht am Mainzer Rathaus vieles aufwändiger
Wie aufwändig es werden kann, wenn der Denkmalschutz bei Umbauarbeiten berücksichtigt werden muss, macht das Beispiel der Sanierung des Mainzer Rathauses am Jockel-Fuchs-Platz deutlich. Der dänische Architekt Arne Jacobsen hatte das Gebäude Anfang der 1970er-Jahre entworfen und erbaut. Unter Denkmalschutz steht es seit 2005.
Wegen der veralteten Haustechnik, schwerer Schäden an der Fassade und Brandschutzmängeln muss das Mainzer Rathaus saniert werden. Schranktüren, Lampenschirme, Stühle – alles musste im Sinne des Denkmalschutzes einzeln verpackt und eingelagert werden. Dabei ging es um 12.000 Einzelteile, die ab 2026 wieder in das sanierte Gebäude integriert werden sollen.
Das Konzept der Sanierung ist es, alte Details zu erhalten und mit moderner Technik zusammenbringen. Mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach soll ein Großteil der Energiekosten des Gebäudes abgepuffert werden. Das Gebäude laufe dann fast autark, heißt es von Seiten der Projektleitung.
Sanierungsarbeiten laufen nach Plan Nackter Beton und nasser Boden - Mainzer Rathaus ist entkernt
Seit mehr als zwei Jahren sind die Pforten des Mainzer Rathauses dicht - jetzt hat die Stadt einen Blick auf die Sanierungsarbeiten im Inneren zugelassen.
Technologieoffener denken
Der Landeskonservator von Rheinland-Pfalz, Markus Fritz-von Preuschen, wünscht sich aber, dass die Debatte, wie man Denkmalschutz und Klimaschutz zusammendenken kann, nicht auf Photovoltaik eingegrenzt wird. Es gebe viele Möglichkeiten der Nutzung regenerativer Energien für Kulturdenkmäler.
Landeskonservator Markus Fritz-von Preuschen im Gespräch:
„Man sollte technologieoffener herangehen“, so der Landeskonservator. Zum Beispiel könne es bei größeren Vorhaben durchaus sinnvoll sein, über Erdwärmebohrungen, also Geothermie, oder den Einbau einer Pelletheizung in einer Schlossanlage nachzudenken. Außerdem werde in Zukunft den lokalen Wärmenetzen eine ganz erhebliche Bedeutung zukommen.
In jedem Fall gibt es noch viel Potential, wie Energiewende und Denkmalschutz besser verzahnt werden könnten. Viele Projekte machen Hoffnung, dass immer mehr praktische Lösungen erarbeitet werden, wie auch denkmalgeschützte Bauten oder ganze Innenstadtkerne Teil der Lösung beim Klimaschutz werden können.