Freundlich gegen Populismus: Sarah Bosetti
Sarah Bosetti, 39, fing 2009 mit dem Slammen an und ist heute nicht nur Autorin mehrerer Bestseller, sondern auch freie Kolumnistin, Moderatorin und hat ihr eigenes ZDF-Format mit dem Titel „Bosetti will reden“. Sie will reden – über Populismus, über Misogynie und darüber, was wir aktiv für Demokratie tun können.
Darum hat Bosetti mittlerweile auch einige Romane veröffentlicht, unter anderem ihr Debüt „Wenn ich eine Frau wäre“ (2014), den Roman „Mein schönstes Ferienbegräbnis“ (2017) und „Ich hab nichts gegen Frauen, du Schlampe“ (2020), ein Roman, in dem sie Hasskommentare aus dem Netz in Liebeslyrik umgewandelt hat.
Insgesamt geht Bosetti gerne subversiv vor. In ihrem aktuellen Buch „Wer Angst hat, soll zuhause bleiben – Poesie gegen Populismus“ führt sie die Widersprüchlichkeit populistischer Rhetorik vor. Unter anderem findet sich in dem Buch ein freundlicher Appell an Björn Höcke. Darin erinnert sie den AfD-Politiker an das Grundgesetz:
Mehr Mut mit Julia Engelmann
Die 31-jährige Slammerin Julia Engelmann wurde fast über Nacht berühmt, als sie 2013 mit ihrem Text „One Day/ Reckoning Text“ beim Bielefelder Hörsaal-Slam auftrat. Zwar kam sie beim Wettbewerb nur auf den vorletzten Platz, doch das hochgeladene Youtube-Video der Veranstaltung wurde innerhalb von kürzester Zeit millionenfach geklickt.
Der Text handelt von dem Gefühl, Chancen verstreichen zu lassen und immer hinter seinen Möglichkeiten zurückzubleiben. Diese Thematik kam bei Engelmanns Generation gut an.
Und auch wenn das lyrische Ich im Text klagt: „Ich würde gern so Vieles sagen, aber bleibe meistens still, weil, wenn ich alles sagen würde, wär das viel zu viel“, so kann Engelmann das mittlerweile nicht mehr von sich selbst behaupten. Immerhin lebt die Autorin heute von ihren Gedichten und Illustrationen.
Auf ihren Debütroman „Eines Tages, Baby“, dessen Titel an das Gedicht angelehnt ist, folgten zahlreiche weitere Romane und Gedichtsammlungen, unter anderem „Keine Ahnung, ob das Liebe ist“ (2018), „Kein Ahnung, was für immer ist“ (2020), „Lass mal an uns selber glauben“ (2021) und der Gedichtband „Die Welt mit deinen Augen“ (2022).
Sebastian 23: Meister der Puns
Wie der Name bereits verrät, fing Sebastian 23, der eigentlich Sebastian Rabsahl heißt, mit 23 mit dem Slammen an. Der Künstlername kam zustande, weil er sich von den vielen anderen Sebastians in den Poetry-Szene – der Name schien in den 1980er-Jahren im Trend zu sein – abgrenzen wollte.
Der heute 44-Jährige wurde 1979 in Duisburg geboren, studierte Philosophie in Freiburg und stand 2000 zum ersten Mal auf einer Slam-Bühne. 2008 gewann er bei den deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften in Zürich den Meistertitel im Einzelwettbewerb. Seitdem slammt und moderiert er auf verschiedenen Bühnen und bei Fernseh-Shows wie TV Total und dem WDR Poetry Slam.
„Bäume sind wie Büsche auf Balken“ in der NDR Talk Show
In seinem Text „Bäume sind wie Büsche auf Balken“ konstatiert er beispielsweise: „Bäume sind wie Büsche auf Balken. Nägel sind wie Schrauben mit Falten. Zugfahren ist Fließen auf Gleisen. Flüsse sind Meere auf Reisen“.
Neben solchen blumigen Assoziationsketten äußert sich Rabsahl aber auch zum Zeitgeschehen, etwa in seinem Text „Urück in die Ukunft“, in dem er den Buchstaben „Z“ aus seinem Wortschatz streicht – ein Kommentar auf die Züricher Versicherung, die den Buchstaben aus ihrem Logo strich, als symbolische Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.
Auch die Titel von Rabsahls Büchern lassen einen schmunzeln: zum Beispiel „Hinfallen ist wie Anlehnen, nur später“ (2016) und „Cogito ergo dumm: Eine Geschichte der Dummheit“ (2020).
Patrick Salmen: Anekdoten vom Kinderspielplatz
Eine weitere Größe des Poetry-Slams ist Patrick Salmen. Salmen ist 1985 in Wuppertal geboren, hat an der Bergischen Universität Germanistik und Geschichte auf Lehramt studiert und nebenbei mit dem Slammen angefangen. Zu seinen größten Erfolgen zählen sein Gewinn bei den Poetry-Slam-Meisterschaften 2010 und seine Vize-Meisterschaft bei der O2 World Hamburg, eine der größten Slam-Veranstaltungen Europas.
Mittlerweile hat der freischaffende Künstler zahlreiche Bücher und Podcasts veröffentlicht. Hinter Podcast-Titeln wie „Geschichten aus dem Zug“, „Spielplatzlegenden“ und „Kita-Motivationsbrief“ verbergen sich Anekdoten, die von alltäglichen Begegnungen und Ereignissen inspiriert sind. Dabei nimmt es Salmen mit der Wahrheit nicht immer so genau.
So biedert er sich aufgrund mangelnder Kitaplätze im Text „Kita-Motivationsbrief“ bedenkenlos einer Einrichtung an:
Salmen erzählt Geschichten nicht nur gerne, er schreibt sie auch auf. So erschienen von ihm bereits mehrere Kurzgeschichten und Lyrik-Bände, unter anderem „Distanzen“ (2011), „Genauer betrachtet sind Menschen auch nur Leute“ (2016), „Treffen sich zwei Träume. Beide platzen“ (2018) und „Der gelbe Kranich“ (2021).
Sophie Passmann rechnet mit dem männlichen Blick ab
Auch Sophie Passmann, bekannt für ihre feministisch-gesellschaftskritischen Bücher wie „Alte Weiße Männer: Ein Schlichtungsversuch" (2019), „Komplett Gänsehaut“ (2021) und das letzte Woche erschienene „Pick Me Girls“, hat als Poetry Slammerin angefangen.
Mit 15 Jahren trat sie zum ersten Mal bei einem Slam auf, zwei Jahre später, 2011, gewann sie die baden-württembergischen Meisterschaften in der Kategorie U20.
Nach dem Abitur absolvierte Passmann ein Volontariat und studierte anschließend Politikwissenschaft und Philosophie in Freiburg. Passmann hat bereits für verschiedene Medien und Formate gearbeitet, unter anderem für das „Neo Magazin Royale“, die Frauenzeitschrift „Jolie“ und das „ZEITmagazin“.
In ihrem zweiten Buch „Alte Weiße Männer" setzt sie sich humorvoll und kritisch mit dem Klischee des alten weißen Mannes auseinander. Sie interviewt Männer in Führungspositionen und lässt sie durch gezielte Fragen ihre sexistischen Ansichten selbst entlarven.
„Pick Me Girls“ in SWR2 lesenswert
In ihrem aktuellen Buch „Pick Me Girls“ schreibt sie über den allgegenwärtigen männlichen Blick. Der Begriff „Pick Me Girl“ bezeichnet eine Frau, die ihren Selbstwert an der Bestätigung durch Männer misst und andere Frauen abwertet, um selbst mehr männliche Aufmerksamkeit zu bekommen. Passmann beschreibt, wie sie selbst ein „Pick Me Girl“ war und ermutigt zu mehr Selbstbestimmung.