"Zucker" als Basis für Impfstoff gegen gefährliche Bakterien
Zucker kann krank machen: Wer zu viel Zucker isst, riskiert gesundheitliche Schäden. Aber Zucker kann auch heilen: Das Verständnis von Zucker und seinen Molekülen, die überall im Körper eine große Rolle spielen, hilft, einen Impfstoff gegen gefährliche Krankenhauskeime zu entwickeln. Daran forscht der Chemiker und Professor Dr. Peter Seeberger.
Die Herstellung eines Antibiotikums gegen Pneumokokken – Bakterien, die unter anderem eine Lungenentzündung hervorrufen können – dauere heute eineinhalb Jahre, sagt Seeberger. "Ein extrem teurer Prozess." Seebergers Ansatz könnte eine deutlichere Vereinfachung und damit auch günstigere Medikamente ermöglichen: Er baut bestimmte Zuckermoleküle, die auf der Oberfläche von Bakterien sitzen, chemisch nach und gibt der körpereigenen Abwehr damit das Signal "hier musst Du ansetzen mit Deiner Immunantwort und Antikörper herstellen".
Medizin Immer mehr Antibiotikaresistenzen durch unsachgemäßen Gebrauch
Es gibt immer mehr sogenannte multiresistente Erreger, gegen die Antibiotika nicht mehr wirken.
Krankenhauskeime: Antibiotikaresistenz ist große Gefahr in der Medizin
Bakterielle Infektionen sind nicht nur in Entwicklungsländern eine verbreitete Todesursache, sondern auch bei uns. Besonders die Krankenhauskeime stellen eine echte Bedrohung dar, denn sie sind über die Jahre immer resistenter, also widerstandsfähiger gegen Antibiotika, geworden. Deshalb ist Seebergers Arbeit so wichtig: Forscher gehen davon aus, dass Krankenhauskeime bis 2050 weltweit für mehr Todesfälle verantwortlich sein werden als Alzheimer und Krebs zusammen.
Medizin Neues Antibiotikum gegen multiresistente Keime entwickelt
Forschende der Harvard University haben ein neues synthetisches Molekül entworfen, das im Test an Mäusen sehr gut als Antibiotikum gegen multiresistente Keime gewirkt hat.
600.000 Tote im Jahr: Gibt es Hoffnung im Kampf gegen Malaria?
Grundlagenforschung ist für Seeberger enorm wichtig, aber man müsse mit den Ergebnissen weiterarbeiten, "um dann am Schluss bei den Menschen anzukommen", betont er. Wie wichtig das ist, zeigt sich beim Kampf gegen Malaria: Jährlich stecken sich geschätzt 300 Millionen Menschen mit Malaria an, mehr als 600.000 sterben daran.
Seeberger forschte an einem Prozess mit Sauerstoff und Licht, der wichtig für die Chemie-Industrie war – es ging ihm damals gar nicht darum, ein Malaria-Medikament herzustellen. Andere Forscher hatten schon entdeckt, dass im Beifuß ein Prozess stattfindet, in dem in der Pflanze mit Hilfe von Licht, dem grünen Pflanzenstoff Chlorophyll und Sauerstoff der Stoff "Artemisinin" gebildet wird: der wichtigste Wirkstoff in der Malaria-Medizin. Nur dauert dieser Prozess drei lange und damit teure Wochen.
Medizin Die schwierige Suche nach Malaria-Impfstoffen
Im Schnitt stirbt alle zwei Minuten ein Kind an einer Malaria-Infektion, die durch Mücken übertragen wird. Weltweit wird nach Impfstoffen gegen den Malaria-Erreger geforscht.
Günstiges Malaria Medikament scheitert an der Finanzierung
Die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachrichtungen brachte dann den Durchbruch. "Artemisinin" kann heute äußerst effektiv und damit kostengünstig hergestellt werden: in nur 15 Minuten. Weil Malaria-Medikamente so teuer sind, sind heute noch die Hälfte der in Afrika verkauften Medikamente gefälscht. Günstige Alternativen wären also die Lösung im Kampf um Menschenleben im globalen Süden, dachte Seeberger, doch seine Pläne und Hoffnungen scheiterten an der Finanzierung.
Radioonkologe Prof. Michael Bamberg | 23.1.2024 Prostatakrebs, Brustkrebs und Hirntumore: Wo stehen wir im Kampf gegen Krebs?
Wann können wir Prostatakrebs, Brustkrebs und Hirntumore mit Medikamenten heilen? Michael Bamberg, Vorreiter bei der Krebstherapie, über den aktuellen Stand der Krebsforschung.
Hilft das Malaria Medikament auch gegen Krebs?
An dieser Frage forscht Seeberger zur Zeit. Es habe "durchaus interessante Ergebnisse" in einer Studie gegeben, bei der der Malaria-Wirkstoff bei Frauen mit Eierstock-Krebs getestet wurde. In einer zweiten Studie wird der Wirkstoff jetzt auch gegen Prostata-Krebs getestet.
Deshalb fordert Seeberger gerade für den globalen Süden: "Lasst uns bezahlbare Krebs-Medikamente entwickeln". Es sei eine Tatsache, dass Herstellung und Entwicklung eines neuen Impfstoffes heute über eine Milliarde kostet – und dieses Geld müsse eingespielt werden, sonst würde niemand privates Geld in die Entwicklung investieren.