Wir steuern auf eine Klimakatastrophe zu – und das in alarmierender Geschwindigkeit. Doch gerade die Umweltbewegung und Organisationen wie Greenpeace sehen große Risiken in einer Technologie, in die Forschende im Kampf gegen den Klimawandel große Hoffnung setzen: Die grüne Gentechnik.
Der Jahrzehntelange Streit um die grüne Gentechnik
Gentechnik und Nahrungserzeugung sind für große Teile der Gesellschaft unvereinbar. Die Meinungsforschung könnte kaum eindeutiger sein: In einer Befragung des Umweltinstituts München mit mehr als 1.000 Menschen gaben 2021 mehr als 60 Prozent der Befragten an, dass der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verboten werden sollte. Und in einer aktuellen forsa-Befragung im Auftrag von foodwatch sprachen sich 96 Prozent für eine Sicherheitsüberprüfung von Pflanzen aus, die mit neuen Verfahren gentechnisch verändert wurden.
Auf Demos drückt sich diese Ablehnung auf der Straße aus. Organisationen wie Greenpeace sind im Protest gegen grüne Gentechnik vorne mit dabei. Auch die neuen Verfahren der grünen Gentechnik, allen voran die gezielte Genom-Editierung durch CRISPR-Cas, haben nichts an der ablehnenden Haltung geändert.
Gentechnik und Biohacking CRISPR/Cas: Zwei Seiten einer Medaille
Nie war es einfacher unser Erbgut zu manipulieren, wie seit der Entdeckung von CRISPR/Cas – sogar in der eigenen Küche ist es möglich! Das wirft die Frage auf: Wer darf Zugang zu dieser Technik haben?
Herausforderungen für landwirtschaftliche Bio-Betriebe
Die zertifizierte Bio-Bäuerin Birgit Strohmeyer arbeitet ohne Gentechnik und muss das auch garantieren:
Für die Bauernhöfe war es bisher einfach, Gentechnik-freien Anbau sicherzustellen – hier in Deutschland ist der kommerzielle Anbau und Verkauf von grüner Gentechnik so gut wie verboten. Doch ein neuer Vorschlag der EU-Kommission könnte die Regeln ändern. Sie plant einen lockereren Umgang mit Gentechnik und will beispielsweise die Zulassung von Saatgut vereinfachen, das mithilfe von neuen gentechnischen Verfahren verändert wurde.
Ist grüne Gentechnik ein unkalkulierbares Risiko?
Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace fordern, dass neue gentechnische Verfahren auch künftig streng reguliert werden. Nur so könne sichergestellt werden, dass Risikoprüfung und Zulassung ebenso erfolgen wie eine Kennzeichnung oder konsequente Kontrolle von Saatgut auf mögliche Kontaminationen.
Auf ihrer Webseite warnen sie, dass gentechnisch veränderte Pflanzen nicht mehr aus der Umwelt zu entfernen sind, sobald sie in sie gelangen. Wenn sie robuster sind, können sie sogar andere Nutzpflanzen verdrängen oder auch ihre Erbanlagen auf andere Pflanzen übertragen. In diesem Fall könne ein ökologisch wirtschaftender Landwirt nicht mehr garantieren, dass seine Produkte komplett frei von Gentechnik sind.
Greenpeace sieht in der grünen Gentechnik ein unkalkulierbares Risiko, dass eine ursprüngliche, ökologisch verträgliche Landwirtschaft unmöglich macht und unsere Gesundheit gefährdet. Aber stimmt das?
Kritik an Greenpeace aus der Wissenschaft
Große Teile der Wissenschaft sagen das Gegenteil von dem, was Greenpeace behauptet. 2016 wurde Greenpeace von mehr als 100 Nobelpreisträgern für ihre Kampagnen gegen die grüne Gentechnik und den sogenannten "goldenen Reis" kritisiert. Sie fragen in einem offenen Brief: "Wie viele arme Menschen müssen noch sterben?" und bezeichnen Kampagnen gegen grüne Gentechnik als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Und auch in Deutschland fordert die Max-Planck-Gesellschaft gemeinsam mit 117 wissenschaftlichen Einrichtungen 2019 ebenfalls in einem offenen Brief, dass es mittels neuer Gesetze und Regeln eine Öffnung für die grüne Gentechnik brauche. Sie wollen eine sachliche Diskussion über die Möglichkeiten der modernen, grünen Gentechnik. Sie sei kein Feind der nachhaltigen Landwirtschaft, sondern könnte uns helfen, die Klimakatastrophe und die Ernährungsprobleme der kommenden Jahrzehnte in den Griff zu bekommen.
Interview Berliner "Zero Hunger Lab" will weltweiten Hunger reduzieren
Etwa jeder zehnte Mensch auf der Welt hat nicht genug zu essen. Die Vereinten Nationen und die Welthungerhilfe wollen den Hunger bis 2030 stoppen. Warum ist das so schwierig?