Paracelsus - noch immer ein allgegenwärtiger Name
Der Name Paracelsus – verbunden mit allerlei Mythen und Geheimnissen – ist bis heute präsent geblieben: Es gibt Paracelsus-Kliniken, Paracelsus-Magenbitter, Paracelsus-Schulen und in fast jeder Stadt gibt es eine Paracelsus-Apotheke. Doch das Leben von Paracelsus ist genauso schwer rekonstruierbar wie sein Werk und bietet Raum für allerlei Spekulationen.
Geboren wurde er 1493 oder 1495 in Sihl, nahe Einsiedeln in der Schweiz als Theophrastus Bombastus Aureolus Philippus von Hohenheim. "Paracelsus" ist ein von ihm angenommener Name. Als späterer Stadtarzt in Basel hält er Vorlesungen vor Studierenden und formuliert in einem Flugblatt ein Programm seiner Lehre:
Wie Paracelsus andere Ärzte attackiert
Dieses Herangehen war im 16. Jahrhundert nicht üblich, so der Medizinhistoriker, Arzt und Philosoph Heinz Schott. Selbstbewusst attackierte Paracelsus die Ärzte, die zum politisch einflussreichen Bürgertum gehörten. Diese versuchten alles, um den oft erfolgreichen Arzt auszuschalten: Sie verleumdeten ihn, verhinderten den Druck seiner Schriften, drängten ihn aus den Städten und hielten den unfeinen, eher bäuerlichen Außenseiter aus den Universitäten fern.
Paracelsus trank Tag und Nacht mit seinen Patienten
Paracelsus lebte und arbeitete in einer Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit – und ist darum bis heute mit allen möglichen Widersprüchen behaftet. Seine Werke entstanden nicht daheim am Schreibtisch, sondern unterwegs in Wirtshäusern, Herbergen, als Gast bei Patienten und Adligen. Er trank Tag und Nacht mit seinen Patienten und kurierte so, berichtet einer seiner Schüler.
Seine Heilungsmethoden arbeiteten somit auch auf der – heute würde man sagen – sozialen und psychologischen Ebene. Paracelsus ließ sich vom Gedanken lenken, dass die Natur eine göttliche Ordnung bildet. Sie sei beseelt, ein komplexes Gefüge, in dem auch Naturgeister wirken. Bei Paracelsus steht ein mythisch-magisches Verständnis der Natur neben einem naturwissenschaftlich-empirischen.
In seiner Biografie "Paracelsus. Arzt und Prophet" zeichnet der Kulturhistoriker Pirim Meier sein unstetes Leben und sein vielschichtiges Werk nach. Paracelsus‘ Sprache ist nicht Latein, die damalige Schriftsprache der Gelehrten, sondern das Deutsch des 16. Jahrhunderts, das in neuen Paracelsus-Ausgaben ins heutige Deutsch übertragen wird.
Paracelsus nutzte Pflanzen, Mineralien, Metalle und Mumienpulver
Die aus dem 16. Jahrhundert berichteten Heilerfolge veranlassen "Paracelsus-Medizinerinnen" wie die Biochemikerin Michaela Dane, Medikamente auf paracelsischer Basis herzustellen. Sie hat einen "Paracelsus-Garten" angelegt, in dem sie ihre Heilpflanzen nach paracelsischen Ordnungsprinzipien anpflanzt. Nicht nur pflanzliche Mittel gehörten zum Repertoire von Paracelsus, auch Mineralien, Metalle, seltene Erden. Er nutzte sogar menschliche Leichenteile – "Mumienpulver" – und auch Edelsteine.
Dass Pflanzen Heilwirkungen entfalten, dass psychosomatische Faktoren und auch Placebos wirken – das bestreitet kaum die heutige Medizin, sehr wohl allerdings, dass die Sterne oder Gott persönlich über Wohl und Wehe bestimmen.
Der Medizinhistoriker Heinz Schott glaubt allerdings nicht, dass Paracelsus auch nur ansatzweise bisher in seiner wissenschafts-, religionshistorischen und kulturhistorischen Bedeutung erforscht ist. Auch der Paracelsus-Biograf Pirim Meier verweist auf sein riesiges, teilweise wissenschaftlich noch nicht aufgearbeitetes Werk. In diesen umfangreichen Schriften, welche im naturwissenschaftlichen Teil allein 14 Bände umfassen, gibt es sicher noch einiges zu entdecken.