Pfeifen: Das kann nerven, aber auch schön sein. Oder sogar auf die Bühne gehören. Denn das Pfeifen ist auch eine alte musikalische Kunstform, die seit einigen Jahren in Italien wiederentdeckt wird. Und die man auch in einem dreijährigen Studiengang erlernen kann.
Die Pfeiferin Elena Somarè: ein Star in Italien
Alle zwei Wochen tritt die Pfeif-Künstlerin Elena Somarè in der römischen Cappella Orsini auf, einer ehemaligen kleinen Kirche, errichtet im 18. Jahrhundert in den Ruinen des antiken Pompeo-Theaters.
Aber Elena Somarè pfeift auch in Theatern, wie dem Teatro Piccolo in Mailand und auf Festivals wie dem Festival dei due Mondi in Spoleto. Die 50-jährige „fischiatrice“, also Pfeiferin, ist sehr gefragt, und ein Star in Italien. Ihre CDs verkaufen sich gut.
Elena Somarè mit einer Volksweise auf Instagram
Das Repertoire: Volksweisen, Klassik, Oper, Pop
Sie erzählt, dass sie schon als Kind viel gepfiffen habe, sie lernte es von ihrem Vater. Zunächst arbeitete sie als Fotografin und Dokumentarfilmerin und pfiff nur bei privaten Festen mit Freunden. Bis sie eines Tages einen Musiker kennenlernte, der sie fragte, warum sie nicht professionell pfeife. Daraufhin studierte sie Musik und es erschien vor rund zehn Jahren ihre erste CD.
Elena Somarè tritt zusammen mit befreundeten Musikern auf, ein Ensemble mit Gitarre, Violine und anderen Instrumenten. Ihr Repertoire sind traditionelle Volksweisen, Transkriptionen klassischer Musik und Opernarien wie auch Popmusik.
YouTube-Video: Elena Somarè pfeift Bachs „Air“
Lehrstuhl für Pfeifkunst in Pisa
Studieren kann man das Pfeifen bei Tommaso Novi an der Musikschule Scuola Bonamici in Pisa. Novi hält den wohl einzigen italienischen und wahrscheinlich auch europäischen Lehrstuhl für Pfeifkunst. Auch bei ihm wurde zuhause viel gepfiffen. Er studierte zunächst Musik am Konservatorium in Florenz und wurde danach zum Pfeifer.
Blasinstrumente verdrängten die Kunst des Pfeifens
Tommaso Novis Studiengänge in Pfeifkunst dauern drei Jahre. Die Studierenden lernen auch die lange Geschichte des „fischiare“. Novis kommt ins Erzählen:
„Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass das Pfeifen auf unserer Halbinsel immer gegenwärtig war. Es gibt Hinweise darauf, dass schon bei den alten Römern gepfiffen wurde. Im Hochmittelalter und in der Renaissance entstand die Kunst des Pfeifens. Aber die Verbesserung bereits bestehender und das Entstehen immer komplexerer Blasinstrumente verdrängte schließlich diese musikalische Kunstform. Mit der Barockmusik gerät das Pfeifen in Vergessenheit, und existiert fortan nur als Teil der Volksmusik”.
Pfeifende Frauen als Personifaktion des Teufels
Bei ihren Konzerten bietet Elena Somarè ihrem Publikum immer auch Einblicke in die Sozialgeschichte des Pfeifens:
Vor allem südlich von Rom, in den traditionell sozial und kulturell rückständigen Regionen des so genannten Mezzogiorno, galt bis noch vor wenigen Jahrzehnten eine pfeifende Frau als Personifikation des Teufels und der Besessenheit.
Uralte Vorurteile gegen das Pfeifen im Allgemeinen findet man etwa in der Oper „Mefistofele” von Arrigo Boito: Dort singt der Teufel nicht nur – er pfeift auch.
Ennio Morricones Wiederbelebung der Pfeifkunst
Elena Somarè und Pfeiflehrer Tommaso Novi verweisen auf die immense Bedeutung Ennio Morricones für die Wiederentdeckung der Pfeifkunst.
Der römische Filmmusiker nutzte für viele seiner Kompositionen, vor allem für Western, wie den berühmten Film „Il Buono, il Brutto e il Cattivo” unter der Regie von Sergio Leone, keine Blasinstrumente, sondern Pfeifer.
Und so versteht es sich natürlich, dass auf keiner CD und auf keinem der Konzerte der Pfeifkünstlerin Elena Somarè Film-Pfeif-Musik von Morricone fehlen darf.
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Redaktion: Chris Eckardt und Henriette Schreurs
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