Maxim Billers Roman „Biografie" ist wie eine wilde, anarchische TV-Serie. Es gibt Geprotze, Klamauk, Witzeleien und Sex, sehr viel Sex. Ein Buch der geplanten Überforderung.
Maxim Billers opulenter Roman „Biografie“ ist eine Anti-Familiensaga. Im Zentrum stehen zwei Freunde, Solomon Karubiner, der Ich-Erzähler, und Noah Forlani. Der eine Schriftsteller, der andere auch, der eine schreibt, der andere schreibt ab. Es geht um die Familiengeschichten der beiden und das große Thema: jüdisches Leben nach dem Holocaust. Was vermitteln die Eltern von ihren Erfahrungen an ihre Kinder und wie reagieren die?
Erzählt wird das mit hohem Tempo, es gibt viel Geprotze, viel Unsinn und Klamauk, viele Witzeleien und viel Sex - sehr viel Sex. Noah und Solomon manövrieren sich in Situationen, denen sie mit absurden Entscheidungen entkommen möchten.
Große Hörbuchkunst mit Schauspieler Samuel Finzi
Der Schauspieler Samuel Finzi findet für alle Nuancen dieses wilden Romans den richtigen Ton. Er führt durch die überlagen Sätze voller Einschübe, meistert die Wechsel vom Deutschen ins Englische, Französische, Russische, Tschechische, Jiddische und liest die zahllosen Zoten und Kalauer wie nebenbei, wodurch sie um so stärker wirken. Große Hörbuchkunst!
Die komplette Lesung von 28 Stunden, gegliedert in 36 Kapitel, können Sie hier und in der ARD Audiothek hören.
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Die Braut, ihr Vater und Rabbi Balaban (31/36)
Wowa der Schreckliche will keine Ehe zwischen Serafina und Rabbi Balaban, der nach allgemeiner Ansicht ein bigotter Päderast und Sexscharlatan ist. Balaban wehrt sich. Zu Hause liegt Mamascha mit Migräne im Bett und schaut ein Interview mit Gerry Harper. Sie wünscht sich ein Fernsehporträt der schriftstellernden Familie Karubiner. Aber Solomon weigert sich, nach Prag zu reisen. Mamascha und Wowa versprechen einander, sich nicht mehr alleine zu lassen. Da verkündet Serafina, Balaban zu heiraten.
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Nach Buczacz (32/36)
Zur gleichen Zeit als Solomon 2007 Tals Grab auf dem Achad Ha’am Friedhof besucht, ist Noah in Iwano-Frankwisk und denkt an 1943, als im Oktober die Judenverfolgungen in Buczacz begannen. Schloimel vom Judenrat übergab der Gestapo die Deportationslisten. Noah wartet auf Solomon und bittet ihn, seinen Wintermantel bei Awi in Noahs ehemaligem Haus in Herzlia Pituach zu holen. Denn Noah gelang es, Merav und Awi zusammenzubringen – und hat nun wieder Geld.
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Jewlysses (33/36)
Solomon besucht Awi Blumenschwein, der mit Merav unglücklich ist. Der fragt, warum Solomon in Israel sei? Claus Müller lebt doch! Und sogar als Superstar des Literaturbetriebs! Warum braucht Noah seinen Wintermantel? Den bringe er ihm nach Iwano-Frankwisk, antwortet Solomon. Als Awi sagt, Wowa hätte sich beschwert, Solomon ließe ihn in seinem zweitschwersten Moment allein, denkt Solomon wütend: „Und Wowas schwerster war wohl, dass er seinen Vater auf dem Gewissen hat.“
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Jour fixe im Café Slavia (34/36)
Wowa Karubiner und Kostja Kostos diskutieren im Café Slavia mit anderen Geheimdienstveteranen über ihre Agentengeschichten. Kostja verlangt von Wowa, endlich seine Schulden aus dem gemeinsamen Verrat an Wowas Vater zu zahlen. Wowa weigert sich. Kostja und die Ehemaligen verbieten Wowa das Café Slavia. Büßen Serafina und Solomon mit Wowas Schlägen für Wowas Schuld? Solomon und Wowa telefonieren ein letztes Mal ohne ein Wort des Abschieds.
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Erleuchtung auf dem Achad-Ha’am-Friedhof (35/36)
Solomon und Gerry Harper treffen zufällig an Tals Grab auf dem Achad-Ha’am Friedhof zusammen. Sie sprechen über das Comeback von Gerrys Vater Lou Harper. Und wie kam es zu dem echten Dschandschawid-Überfall während der Dreharbeiten zu Noahs falschem Entführungsvideo und Gerrys Film Ihr branntet wie Coyoten? Gerry und Solomon reden über Tal und beschuldigen sich gegenseitig, seinen Selbstmord nicht verhindert zu haben.
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Das Ende des Goldenen Podolischen Zeitalters (36/36)
Im Kino in Iwano-Frankiwsk sind Rami, Noah und Solomon beeindruckt von Fritz von Dunckenbergs Film Der Spekulant und der tote Graf. Dagegen sind Noah und Solomon von ihrem Buczcacz-Besuch enttäuscht. Die JRoot-App verneint ihre genetische Verwandtschaft. Die Reise war für sie wichtig, denn sie fühlen sich jetzt erwachsen. Rami bleibt in Iwano-Frankiwsk. Solomon fliegt am nächsten Tag nach Kiew. Noah plant nach Tel Aviv in seinen Junggesellen-Compound zurückzukehren.
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Rezension von Philipp Theisohn.
Kiepenheuer & Witsch Verlag, 128 Seiten, 20 Euro
ISBN: 978-3-462-00082-5
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Kiepenheuer & Witsch, 240 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-462-00486-1