Autorinnen und Autoren aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz: Ihre Lesungen, Gespräche und poetischen Betrachtungen sind Thema im SWR2 Lesezeichen.
Literatur Aufbruch und Vergangenheit – Der Roman „Waldeck“ von Jürgen Heimbach zeigt BRD der frühen 60er Jahre
Zwei Altnazis, ein Journalist, der ihre Vergangenheit aufdecken will, und zwei junge Frauen mit starkem Freiheitsdrang sind die Hauptfiguren in dem aktuellen Kriminalroman von Jürgen Heimbach. Die Geschichte spielt 1964 und ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Strömungen in jener Zeit. Die Fäden laufen am Schluss auf dem Gelände des Waldeckfestivals zusammen, das damals seinen Anfang nahm und gerade 60. Geburtstag feiert.
Literatur „Großonkel Pauls Geigenbogen“ von Romeo Franz und Alexandra Senfft
Seit mehr als 600 Jahren leben Sinti in Deutschland, Roma seit 200 Jahren. Sie wurden lange systematisch aus der deutschen Gesellschaft ausgeschlossen und erfahren bis heute Diskriminierung.
Der Sinto Romeo Franz, Jahrgang 1966, dessen Familie aus Preußen und Pommern stammt, schildert in „Großonkel Pauls Geigenbogen“ seine Familiengeschichte, die Alexandra Senfft akribisch recherchiert und aufgeschrieben hat. Das Buch versteht sich als ein Plädoyer gegen Diskriminierung, ein Thema, das gerade angesichts der rechtsextremen Pläne einer sogenannten „Remigration“ sehr aktuell ist.
Comic Kleine Geniestriche auf Karopapier – der Comic-Zeichner Andre Lux aus Oberschwaben
Vor 30 Jahren hat der Do-it-Yourself Künstler Andre Lux im Matheunterricht – ohne es zu wissen – eine ganz eigene Kultgeschichte aufs Gleis gesetzt: „Egon Forever“ – eine krakelige Cartoon Figur, die seither durch verschiedene Musikmagazine und satirische Zeitungen geistert. Und sie hat mittlerweile Gesellschaft bekommen: „Lars, den Agenturdepp“ oder auch „Robert, das Schulkind“. Im Stuttgarter Verlag Cross Cult ist jetzt mit „Toni vom Kiosk“ eine neue Figur aus dem Lux-Kosmos erschienen – minimalistische Pop-Art mit einem sehr entspannten Blick auf die Welt und ihre Menschen.
Literatur „Eifelfrauen - Das Haus der Füchsin“ von Brigitte Riebe
Brigitte Riebe ist Bestsellerautorin und promovierte Historikerin. Sie hat zahlreiche historische Romane und Buchreihen veröffentlicht, in denen oft starke weibliche Figuren im Mittelpunkt stehen. Der erste Teil ihrer Reihe „Eifelfrauen – Das Haus der Füchsin“ erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die sich in der bewegten Zeit zwischen zwei Weltkriegen ein Zuhause in der Eifel schafft und in die Fußstapfen ihrer künstlerisch begnadeten Tante tritt. Durch die aufziehenden politischen Ereignisse gerät die Protagonistin Johanna Fuchs in Konfliktsituationen, die ihre Familie spalten. Denn Johanna stellt sich entschieden gegen Hass und Ausgrenzung und auf die Seite der Verfolgten.
Lesezeichen Lebenshilfe für den Elsässer Dialekt - Mundartautor Pierre Kretz ausgezeichnet
Mit Witz und klarem Blick für Spannungen beschreibt Pierre Kretz Szenen seiner Lebenswelt und bedient sich dabei sowohl der französischen als auch der elsässischen Sprache: Damit setzt er ein deutliches Zeichen gegen das Aussterben seines Heimatdialekts und folgt dem Vorbild Johann Peter Hebels, dem großen alemannischen Dichter der Aufklärung. Der Johann-Peter-Hebel-Preis ist 20 000 Euro wert und wird alle zwei Jahre verliehen. Dieses Jahr an den 74-jährigen Pierre Kretz. Dessen Stücke stehen regelmäßig auf den Theaterspielplänen in der Schweiz, Frankreich und Baden und werden in diversen Rundfunkanstalten des alemannischen Sprachraums gesendet.
Literatur „Der Sohn des Friseurs“, Gerbrand Bakker
Simon ist Frisör, leitet in dritter Generation das Familiengeschäft und ist zufrieden mit seinem beschaulichen Leben. Eines Tages ist ein Schriftsteller sein Kunde, der ihm Fragen über seinen Vater stellt. Dieser ist 1977 bei einem Flugzeugunglück auf Teneriffa ums Leben gekommen. Simon merkt, dass er selbst erstaunlich wenig darüber weiß. Der niederländische Autor Gerbrand Bakker erzählt eine sehnsüchtige Vater-Sohn-Geschichte vor dem Hintergrund eines Unglücks, das im kollektiven Gedächtnis keine große Rolle spielt.
Literatur Viel mehr als ein Krimi - „Das Schweigen des Wassers“ von Susanne Tägder
Ein ungelöstes Verbrechen, ein wahrer Fall der DDR-Justiz aus den 1970er Jahren, hat die Heidelberger Autorin zu ihrem Roman veranlasst. Kurz nach dem Fall der Mauer schickt sie ein ungleiches Ermittlerteam aus West und Ost ins Rennen, um die dunklen Machenschaften von Polizei und Stasi aufzudecken. Susanne Tägder, die früher selbst als Richterin gearbeitet hat, zeigt sich als sensible Erzählerin mit großem Respekt vor ihren vielfach gebrochenen Figuren. Ein wertvoller Roman, der sehr genau die Befindlichkeiten einer schwierigen Umbruchszeit in den Blick nimmt.
Literatur „Zebras im Schnee“ von Florian Wacker
Der New Yorker Kunsthistoriker Richard Kugelmann hat den Auftrag, eine Ausstellung zum Jubiläum der Architekturbewegung „Neues Frankfurt“ zu kuratieren. Bei den Recherchen stößt er auf Fotografien einer gewissen Ella, die eine unvermutete Verbindung zu seiner eigenen Mutter herstellen. Lebhaft erzählt Florian Wacker von den Erfolgen und Niederlagen einer jungen Künstlerin in den 20er Jahren und wirft zugleich ein Licht auf immer noch drängende Fragen der Gegenwart.
Literatur Glaubensnah und kirchenfern – Trierer Verlag Ruach.jetzt publiziert vor allem im Netz
Texte über Bibel und Glauben müssen nicht fromm sein – sie dürfen frech klingen, Zweifel benennen und Fragen stellen. Auf dieser Grundlage hat der Trierer Theologe Tobias Sauer 2016 seinen Verlag gegründet. Nach einer eigenen Glaubenskrise und unter dem Radar der Amtskirchen. Mittlerweile arbeiten 50 Netzwerkpartner für den ökumenischen Verlag mit dem ausgefallenen Namen.
Gespräch Timo Brunke über sein Projekt „Urban Poetry – ein poetischer Stadtführer für Stuttgart“
Es gibt sie überall in den Städten: kleine verdeckte, manchmal aber auch unübersehbare Botschaften, zuweilen philosophische Kommentare auf Brückenpfeilern, an altem Mauerwerk oder an einer Litfaßsäule. Eine neue Aktion lädt die Bürgerinnen und Bürger von Stuttgart ein, diese Art von Stadtlyrik zu entdecken und zu melden. Unter dem Titel „Gedichte sichten“ haben Wortkünstler Timo Brunke und Autor Matthias Gronemeyer eine lyrische Spurensuche initiiert. Wer in Stuttgart auf Gedichte und Verse stößt, kann diese bei einer zentralen Gedichtesammelstelle per App oder über das Internet melden. Mit Ende der Aktion am 4. April 2024 soll dann zum Sommer ein poetischer Stadtführer mit allen gemeldeten Lyrikstandorten entstehen.
Literatur Eine Liebeserklärung an die Kunst – Heinrich Steinfests neuer Roman „Sprung ins Leere“
Der Autor Heinrich Steinfest hat als junger Mann viele Stunden in den Museen seiner Heimatstadt Wien verbracht. Denn damals wollte der Schriftsteller noch Maler werden. Und so spielt sein neuer Roman „Sprung ins Leere“ auch über weite Strecken in Museen. Seine Hauptfigur, Klara Ingold, ist eine Museumsaufseherin, die eine ganz besondere Beziehung zu Gemälden hat. Als der Nachlass ihrer Großmutter auftaucht, die Künstlerin war und in den 1950er Jahren plötzlich verschwand, begibt sie sich auf die Suche nach ihr.
Eine spannende Abenteuerreise, die Klara Ingold bis nach Japan führt. Heinrich Steinfest sagt, er lasse sich gerne von seinen Figuren überraschen und sieht sich eher als ihr Chronist und Begleiter, weniger als ihr Erfinder. In seinen Romanen erschafft er immer wieder ein Paralleluniversum, voller skurriler Begebenheiten und Figuren. In „Sprung ins Leere“ tauchen neben den echten Gemälden auch immer wieder erfundene Werke fiktiver Künstlerpersönlichkeiten auf. Aber Heinrich Steinfest beschreibt sie alle mit so viel Liebe zum Detail, dass man meint, sie vor Augen zu haben. Ein Roman über drei Generationen von außergewöhnlichen Frauen und über die Verführungskraft von Kunst.
Literatur Mit vollem Rucksack – Der Mainzer Stadtschreiber Alois Hotschnig verabschiedet sich
Der österreichische Schriftsteller Alois Hotschnig hat ein volles Mainz-Jahr hinter sich, im wahrsten Sinn des Wortes: Ein Jahr voller Begegnungen mit Menschen und ihren Lebensgeschichten. Einige davon hat er in seinem Dokumentarfilm „Nach den Kriegen – Eine Spurensuche am Rhein“ verarbeitet. Vieles wird sich jedoch erst nach und nach zeigen, in den Geschichten, die er schreiben wird. Zurück nach Innsbruck fährt er jedenfalls mit einem Rucksack voller Möglichkeiten.
Literatur Der große Schwindel – Patrick van Odijks Kunstkrimi „Der falsche Vermeer“
Han van Meegeren gilt als einer der genialsten Kunstfälscher des 20. Jahrhunderts. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs steht der Amsterdamer Maler, Restaurator und Künstler wegen „Feindbegünstigung“ vor Gericht, weil er ein Gemälde Vermeers an NS-Reichsmarschall Hermann Göring verkauft hat. Eine Fälschung, wie er im Laufe des Prozesses gesteht. Autor Patrick van Odijk, selbst ein großer Vermeer-Liebhaber, hat vor dem Hintergrund dieses realen Kunstskandals einen spannenden, kenntnisreichen Roman gestrickt.
Literatur „Das Geräusch der Stillleben" - Stories voller Rätsel von Guy Helminger
Unerklärliche Phänomene, Verzerrungen von Zeit und Raum und die menschlichen Abgründe, die die Wahrnehmung von Wirklichkeit bestimmen: Guy Helmingers aktueller Erzählband „Das Geräusch der Stillleben" lässt die Leser in dreiundzwanzig Kurzgeschichten staunen, zweifeln und ihre scheinbar stabile Umwelt hinterfragen. Guy Helminger ist ein luxemburgischer Schriftsteller, der für seine Prosa, Lyrik und Theaterstücke bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde.
Literatur Tijan Sila über sein erstes Kinderbuch „Lila Leuchtfeuer“ – Mechanikerin für magische Gegenstände
Auf dem Planeten Erd-Apfel lebt die Magichanikerin Lila Leuchtfeuer: Die junge Magierin repariert magische Gegenstände wie kaputte Hexenbesen oder Zauberkessel. Der Autor Tijan Sila und seine Frau Lena Schneider haben im Lockdown angefangen, ihr erstes Kinderbuch zu schreiben. Der erste Band „Lila Leuchtfeuer - Geh nicht nach Nimmeruh!“ ist der Auftakt für eine neue Kinderbuchreihe, die mit einer mutigen, erfinderischen Heldin und einer witzigen Sprache begeistert.
Literatur Eine wertvolle (Wieder-)Entdeckung: „Honoré de Balzacs Universum“ von Jürgen Glocker
Der französische Schriftsteller Honoré de Balzac hat mit seiner „menschlichen Komödie“ ein gigantisches Werk hinterlassen. Mehr als 90 Romane und Erzählungen umfasst diese „menschliche Komödie“, die einen sehr genauen Blick auf die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts wirft. Der Waldshuter Literaturwissenschaftler Jürgen Glocker hat diesen Kosmos und auch das in jeder Beziehung exzessive Leben dieses Schriftstellers sehr detailreich eingefangen. Ein Buch, das Lust macht, Balzac (wieder) zu entdecken.
Literatur Spannendes Mittelalter-Epos: „König der Turniere“ von Juliane Stadler
Frankreich im Jahr 1181: Ritter Erec wird mit seinen Turnierfreunden in die Mannschaft des Königs Henri aufgenommen – ein Traum wird für ihn wahr. Doch dann wird Erec in eine Intrige gegen den König hineingezogen, die nicht nur ihn, sondern auch seine heimliche Geliebte in größte Gefahr bringt. Er könnte helfen alles aufzudecken, aber wer glaubt schon einem einfachen Ritter? Spannend und unterhaltsam erzählt Juliane Stadler vom Leben im Hochmittelalter zwischen skrupellosem Machtstreben und wahrer Ritterlichkeit.
Literatur „A wie Ada“ – Dilek Güngörs fabelhaftes Erinnerungsbüchlein
In ihrem neuen Roman blättert die Journalistin und Autorin Dilek Güngör verschiedenste Episoden ihrer Heldin Ada auf: ein Kind türkischer Eltern, die im Schwäbischen ein neues Kapitel für sich aufgeschlagen haben. Die Augenblicksaufnahmen reichen von Kindergarten und Schulfreundschaften über Studium bis zur eigenen Familiengründung. Eine kluge Tiefenbohrung - treffend, warmherzig und humorvoll erzählt.
Literatur Inspiriert durch Gangsterfilme: „Cheyenne“ von Daniel Borgeldt
Mit seinem zweiten Roman „Cheyenne“ hat der Mainzer Autor Daniel Borgeldt eine Coming-of-Age-Geschichte geschrieben, die sich als Krimi-Noir präsentiert. Der Ich-Erzählerin Cheyenne sollten die Leserinnen und Leser besser nicht trauen. Denn in ihre Erinnerungen schleichen sich immer wieder Szenen aus bekannten Gangsterfilmen ein.
Literatur Krimikomödie mit Tiefgang: „Der sonderbare Fall der Rosi Brucker“ von Tina Seel
September 1975. Die Tochter des südpfälzischen Winzers Otto Brucker verschwindet und er macht sich erstmal nur Sorgen, was die Nachbarn denken könnten. Tina Seels neuer Roman ist packender Krimi und Persiflage auf das Dorfleben zugleich.
Literatur Krimi aus Mainz: „Ein Mord – drei Tote“
Autor Ingo Bartsch verpflanzt seine Hauptfigur, den Ermittler Adam Götzki, von Berlin nach Mainz. Dort angekommen hadert Götzki nicht nur mit lokalen Spezialitäten und einer ihm fremden Mundart: Der Mord an einer Influencerin ist nicht so schnell aufgeklärt, wie es seine Vorgesetzten aus fadenscheinigen Gründen gerne hätten.