Am 18. Oktober erhielt der Wirtschaftphilosoph Amartya Sen den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Der 86-jährige Sen konnte wegen der Corona-Pandemie nicht in Frankfurt sein. Er war live aus Boston zugeschaltet. Die Laudatio von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verlas in der fast leeren Paulskirche der Schauspieler Burkhart Klaußer, da der Bundespräsident in Quaratäne sein musste. Soweit die ungewöhnlichen Rahmenbedingungen.
Nach dem Wirtschafts-Nobelpreis 1998 und zahllosen weiteren Ehrungen erhält Amartya Sen den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In seiner Laudatio nannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Preis eine „Bürgerkrone der Menschlichkeit“.
Was zeichnet den Träger dieses Preises, was zeichenet sein Denken aus? Darüber spricht Anja Brockert mit SWR Literaturchef Frank Hertweck.
Sen verbindet Wirtschafttheorie mit sozialpolitischen Forderungen
Amartya Sen habe die Art und Weise, wie wir die Verbesserung einer Gesellschaft definieren, neu entwickelt, erläutert Frank Hertweck. Bislang sei das Bruttosozialprodukt der Maßstab gewesen. Sen habe diese Sichtweise entscheidend erweitert um Indizien wie Zugang zu Gesundheit, Ernährung, Bildung. Dies sei die Grundlage von Sens Denken, so Hertweck.
Damit einher gehe die Erweiterung des Freiheitsbegriffs. Den engen negativen Freiheitsbegriff „niemand darf mich zu etwas zwingen“ habe Sen um die genannten Kriterien erweitert: Freiheit ist auch Freiheit zu Gesundheit, Ernährung, Bildung. Damit seien, sagt Frank Hertweck, die wirtschaftstheoretischen Überlegungen ganz eng verknüpft mit sozialpolitischen Forderungen.
Sen wurde konkreter als Steinmeier
In seiner Dankesrede habe Amartya Sen über autoritäre Strukturen vor allem in Indien, aber auch in den USA und Europa gesprochen. Während Steinmeier in seiner Laudatio in diesem Zusammenhang nur von „unseren Nachbarländern“ gesprochen habe, habe Sen ausdrücklich Ungarn und Polen genannt, stellt Frank Hertweck fest.
Sen setze nicht nur auf das Recht, das wichtig sei, sondern auch auf Aktivistinnen und Aktivisten, Nicht-Regierungs-Organisationen und Intellektuelle, die Position beziehen müssten.
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