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Maria Stepanova: Winterpoem 20/21

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Maria Stepanova ist die Autorin der Stunde. Im April wurde wurde sie auf der Leipziger Messe mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet. Derzeit lebt und arbeitet sie als Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Stepanova, geboren 1972, ist Prosaistin, Essayistin, Journalistin und Lyrikerin.

In ihrem umfangreichen Roman „Nach dem Gedächtnis“, ihrem ersten Prosawerk, ließ Stepanova Lebensgeschichten und Reiseberichte, Reflexionen und Überlegungen zur Kunst quer durch ein Jahrhundert zu einem beeindruckenden Bild der russisch-europäischen Kultur und ihrer eigenen Herkunft ineinanderfließen.

Auch für ihren darauffolgenden Lyrikband „Der Körper kehrt wieder“, einer Sammlung von drei Langgedichten, wurde Stepanova gefeiert. Er zeigt eine Perspektive auf die Welt, die von Gewalterfahrungen geprägt und gleichzeitig mit mythologischen und intertextuellen Anspielungen aufgeladen ist.

Ihr neuer Gedichtband schließt daran an. Im März 2020 hält Stepanova sich in Cambridge auf, als die Corona-Pandemie ausbricht und sie zwingt, nach Russland zurückzukehren. Dort verfällt sie in eine Art Starre, die den lähmenden Zustand des russischen Imperiums im Kleinen spiegelt:

Möchte ich vereiste Jamben spucken /
So stumpf wie die Pfeilspitzen hiesiger Produktion, /
Das einzige Souvenir, das diese Gegend zu bieten hat.

Stepanova beginnt, Ovid zu lesen, ebenfalls ein Verbannter. Und so verwandelt sich der Text bei aller Bedrängnis unter Stepanovas Hand in etwas Neues, Poetisches. Zugleich kommt in der Kälte und im Eingeschlossensein auch ein Vorgefühl zum Vorschein; eine Ahnung dessen, womit wir es heute zu tun haben – einem Krieg in Europa.

Buchkritik Maria Stepanova – Winterpoem 20/21

Ein frostiger Gedichtband: Maria Stepanovas „Winterpoem 20/21“ entstand in einem Pandemiewinter, in dem alles um sie herum erlahmte. Es regiert ein Gefühl der Abgeschiedenheit.

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