Ludwig van Beethoven komponierte seine Musik für eine „neue Zeit“. Was er damit gemeint hat, hinterfragt Hans-Joachim Hinrichsen in seinem neuen Beethoven-Buch.
Ludwig van Beethoven – Musik für eine neue Zeit
Dieser Buchtitel, und das weiße Hardcover, über das in puristisch poppigen Buchstaben des Meisters Vor- und Nachname verläuft, weckt die Neugierde. Ludwig van Beethoven packt klanggewaltig, dramatisch, pompös – Menschen aller Generationen – und lässt sie meist nicht mehr los. Bis heute kennt fast jeder seine Melodien und mit seinen Kompositionen hat er neue Maßstäbe gesetzt. Hans Joachim Hinrichsen will in seinem Buch Ludwig van Beethoven – Musik für eine neue Zeit aufzeigen, warum uns Beethovens Musik rund 250 Jahre nach seiner Geburt noch immer bewegt. Und gleich im Vorwort stellt er klar:
Einflüsse von Kant und Schiller auf Beethoven
Hans-Joachim Hinrichsen, emeritierter Musikwissenschaftler, zeichnet in zwölf Kapiteln die lebensgeschichtlichen Stationen Beethovens, seine tiefere kompositorische und gedankliche Entwicklung nach. Für grundlegend hält er die Einflüsse von Kant und Schiller auf Beethovens Schaffen.
Und über Kants Einfluss auf den nicht unbedingt hochintellektuellen Beethoven spekuliert Hinrichsen im Verlauf des Buches immer wieder.
Spekulationen und Wiederholungen
Es bleibt bei der Spekulation, denn darüber, wie konkret dieser Einfluss wirklich war, gibt es keine Belege. Das Komponistenporträt mit Kants Gedankenwelt in Beziehung zu setzen ist durchaus interessant, doch wiederholt Hinrichsen teils Bekanntes und argumentiert zu allgemein. Und manchmal verliert er sich in Spekulationen über Beethovens geistigen Hintergrund.
Dass die Zeitgenossen Beethoven und Kant die Musik und die Philosophie jeweils revolutioniert haben, ist nichts Neues. Hinrichsen gelingt aber zu wenig die Einlösung seines Anspruchs, Beethoven auf Kant hin auszudeuten. Denn die seine Ausführungen zum Königsberger Philosophen und zu Beethovens Musikwelt werden nicht schlüssig miteinander verbunden. Sie folgen lediglich hintereinander oder sind parallel gesetzt. Darüber hinaus wird der Leser mit hinlänglich bekanntem biographischem Material zu Beethoven versorgt.
Hinrichsen geht es in seinem Buch auch um eine musikwissenschaftliche Deutung einzelner Kompositionen. So schreibt er beispielsweise zum 5. Klavierkonzert Es-Dur op.73
Nichtmusikern und Einsteigern dürfte es jedoch schwerfallen, den von Hinrichsen lang ausgeführten Interpretationsanalysen im Detail zu folgen. Und sein Stil mit der Neigung zu Schachtelsätzen macht die Lektüre mühsam. Dies wird bereits in der Einleitung deutlich. Seltsam ist auch, dass sich keine Angaben über den Autor im Buch befinden. Alles in allem gewinnt man den Eindruck, dass das Vorhaben, Beethovens Musik für eine neue Zeit einem breiteren Publikum darzustellen, durch eine eher freudlose Intellektualität des Autors relativiert wird.