Doch wie wurde die Bomberjacke Teil von Streetware und High Fashion? Ein Blick auf die überraschende Entwicklung dieses ikonischen Kleidungsstücks mit militärischen Wurzeln.
Geburtsstunde als Pilotenjacke: Auch Soldaten sollen gut aussehen
Die Ur-Bomberjacke, ursprünglich als MA-1 bekannt, wurde in den 1950er Jahren für die US Air Force entwickelt. Das Design war einerseits auf Funktionalität ausgelegt: Nylon als Material für Leichtigkeit, das ikonische orangefarbene Innenfutter der Wendejacke sollte für bessere Sichtbarkeit bei Rettungsaktionen für abgestürzte Piloten sorgen. Doch schon damals spielte die Optik eine besondere Rolle.
Denn das Design sei Teil des sogennante New-Look-Programms des US-Militärs gewesen, so die Modeexpertin und Kulturwissenschaftlerin Elke Gaugele in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
An diesem ästhetischen Erneuerungsprogramm seien dann auch Redakteure der Modemagazine Vogue und Harper’s Bazaar beteiligt gewesen. Kein Wunder also, dass die MA-1 auch ihren Weg in die Zivilbevölkerung fand.
Die 60er und 70er: Bomberjacken als Symbol des Widerstands
Bald wurde die Fliegerjacke im Blousonstil zu einem Symbol für Jugendkultur und Rebellion. Sie stand für Nonkonformismus und eine Abkehr von den gesellschaftlichen Normen. In Großbritannien entdeckten Subkulturen wie die Mods und die rivalisierenden Rocker bis hin zu den Punks und Skinheads das Kleidungsstück für sich.
Als Folge der Jugendarbeitslosigkeit in den 70er-Jahren kam es in der britischen Gesellschaft zu einem Rechtsruck, der auch die zunächst politisch sehr gemischte Skinhead-Szene erfasste.
Als die Bewegung Ende der 1970er in Deutschland ankam, war sie in großen Teilen schon eng mit rechtsradikalem Gedankengut verbunden – und mit typischen Erkennungsmerkmalen: Springerstiefel und Bomberjacken. Oft versehen mit verfassungsfeindlichen Symbolen.
Vereinnahmung durch rechte Gruppen und fast verboten
Im Jahr 2001 stand kurz sogar ein Verbot der Jacken an deutschen Schulen zur Debatte. So hatte der Rektor einer Gesamtschule im nordrhein-westfälischen Wesel dort das Tragen von Springerstiefeln und Bomberjacken verboten. Auch im brandenburgischen Schwedt soll eine Schule Bomberjacken eingesammelt haben.
Sogar Bundesfamilienministerin Christine Bergmann schaltete sich ein: „Ich begrüße derartige Verbote, denn es geht hier nicht um Mode, sondern um die Gesinnung, die dahinter steckt“, so die SPD-Politikerin.
„So naiv kann kein Jugendlicher sein, dass er nicht weiß, was Bomberjacken und Springerstiefel bedeuten.“ Zu einem bundesweiten Verbot kam es dann aber nicht.
Hooligans und Ultraszene: Bomber auf Orange
Auch in den Fußball-Stadien kam die Bomberjacke an, getragen durch Hooligans und in der Ultraszene. Einerseits, wegen des martialischen Looks – aber auch aus ganz praktischen Gründen.
In einem Interview mit dem Online-Magazin Vice erinnert sich der Berliner Szene-Ladenbesitzer Sven Friedrich daran, wieso die Jacke in diesem Kontext "auf Orange" gedreht wurde: „Wer früher zum Fußball gefahren ist, hat die Bomberjacke mit dem Innenfutter nach außen angezogen. Wenn es Stress gab und die Polizei jemanden gesucht hat, haben einfach alle die Jacken umgedreht.“
Der Rapper und Hansa Rostock-Fan MILZ hat seinem Verein einen Song zu diesem Thema gewidmet:
Inszenierung in der Politik
Ganz abgelegt hat die Bomberjacke das Militärische nie. Und so wird sie besonders von US-Politikern gerne zur Demonstration ihrer Verbundenheit mit dem Militär und als legeres wie auch martialisches Symbol der Stärke getragen.
Doch das Image hat sich gewandelt – und wie immer kommt es auf den Kontext an. Heute kann auch ein CDU-Kultursenator wie Joe Chialo Bomberjacke tragen. Dass es so weit kam, liegt auch an der Musikwelt.
Aus der Schmuddelecke zum Kultstatus
Ab den 80ern und 90ern wird die Bomberjacke von Hip-Hop-Künstlern wie Run DMC, Tupac Shakur und Notorious B.I.G. populär gemacht und zu einem festen Bestandteil der Streetwear. Auch ELIF, deutsche Musikerin mit türkischen Wurzeln, singt darüber, was dieses Kleidungsstück für sie so ikonisch macht:
Neue Interpretation in der Haute Couture
Auch in der High Fashion beziehungsweise Haute Couture wurde die Bomberjacke wiederentdeckt. Designer wie Jun'ya Watanabe oder Raf Simons haben das klassische Modell immer wieder neu interpretiert.
Zeitloser Klassiker, immer wieder neu erfunden
Die Bomberjacke ist also ein Paradebeispiel dafür, wie ein Kleidungsstück zu einem kulturellen Symbol und einem zeitlosen Modeklassiker werden kann – weit weg vom ursprünglichen Zeck.