Hommage an gefallenen Surrealisten

Comic an Künstlerhaus-Fassade in Heidelberg – Jens Harder ehrt Friedrich Schröder-Sonnenstern

Stand
Autor/in
Marie-Dominique Wetzel

Die internationale Kunstszene feierte Friedrich Schröder-Sonnenstern in den 1960er-Jahren als große Entdeckung des Surrealismus. Doch der Künstler starb 1982 verarmt und vergessen. Für die Fassades des Heidelberger „Haus am Wehrsteg“ hat sich der Berliner Comic-Zeichner Jens Harder mit dem tragischen Schicksal des Prinzhorn-Künstlers befasst.

Das Kunstwerk mit dem Titel „Totenkünstlerknochenehrung“ von Friedrich Schröder-Sonnenstern ist dem Comiczeichner Jens Harder sofort ins Auge gesprungen. In der Mitte der Zeichnung steht ein Skelett mit Orden und Kranz; in den Händen hält es Weinglas und Zigarre.

Über dem Skelett erstrahlt ein Regenbogen, um es herum stehen vier groteske Figuren. Jens Harder hat dieses Bild aus der Sammlung Prinzhorn für seine Auseinandersetzung mit dem Künstler Friedrich Schröder-Sonnenstern ausgewählt, weil es in direktem Bezug zu dessen abenteuerlichen Lebensweg steht.

Friedrich Schröder-Sonnenstern: Die Totenkünstlerknochenehrung, 1956
Steiler Aufstieg, tiefer Fall: In Friedrich Schröder-Sonnensterns „Die Totenkünstlerknochenehrung“ von 1956 erkenne man Parallelen zu dessen Lebensweg, sagt Jens Harder.

Später Star des Surrealismus

Friedrich Schröder-Sonnenstern begann erst mit 57 Jahren künstlerisch zu arbeiten. Davor hatte er sich unter anderem als Vagabund und Gründer einer okkulten Sekte durchgeschlagen sowie mehrere Psychiatrie-Aufenthalte hinter sich gebracht.

Doch 1959 wurden Werke von ihm auf der berühmten Surrealisten-Ausstellung in Paris gezeigt und als große Entdeckung gefeiert. Zu seinen Bewunderern zählten Max Ernst, Henry Miller und Pablo Picasso.

Verehrt und dann fallen gelassen

Seit dem Erfolg in Paris konnte sich Friedrich Schröder-Sonnenstern vor Aufträgen kaum retten und kam mit dem Arbeiten nicht mehr nach. Daraufhin ließ er hauptsächlich seine Assistenten arbeiten und signierte sogar oft auf dem noch leeren Papier.

Als das aufflog, ließ ihn die Kunstszene fallen. Friedrich Schröder-Sonnenstern starb 1982 verarmt und vergessen in Berlin. Vor diesem biografischen Hintergrund hat der Comic-Zeichner Jens Harder das Bild „Totenkünstlerknochenehrung“ von Friedrich Schröder-Sonnenstern noch einmal ganz anders gesehen.

Porträt Jens Harder
Der Comiczeichner und Illustrator Jens Harder liest das Bild von Friedrich Schröder-Sonnenstern als Parodie auf den Kunstbetrieb.

Vertreter der „Outsider Art“

Harder hat für das etwa sechs mal vier Meter große Plakat, das nun an der Fassade des „Haus am Wehrsteg“ am Heidelberger Neckarufer hängt, das Original von Friedrich Schröder-Sonnenstern in helleren und dunkleren Lila-Tönen kopiert und darauf drei weiße Kästchen gesetzt, in denen er den Künstler nach den wenigen erhaltenen Fotos gezeichnet hat. 

Der Comic-Zeichner Jens Harder, der vor allem für seine wissenschaftlich genau gezeichnete Evolutionsgeschichte „Alpha“ bekannt ist, hat sich über den Auftrag aus Heidelberg sehr gefreut. Denn er hat ihn dazu gebracht, sich intensiv mit einem ihm bis dahin unbekannten Künstler und der sogenannten „Outsider Art“ auseinanderzusetzen.

Jens Hardser: Aussenseite zu Friedrich Schröder-Sonnenstern 2024
So adaptiert Jens Harder das Werk von Friedrich Schröder-Sonnenstern für das Haus am Wehrsteg in Heidelberg

Genau darum geht es dem Initiator des Projekts Matthis Bacht vom „Haus am Wehrsteg“: auf der einen Seite zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler zu inspirieren und gleichzeitig den Werken aus der Sammlung Prinzhorn zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. Ein außergewöhnliches Konzept, das bisher bestens aufgeht.

Über die Sammlung Prinzhorn

Heidelberg

Gesellschaft Malerei aus der Psychiatrie – Wie die „Sammlung Prinzhorn“ die Kunst beeinflusst hat

Einst von den Nazis geächtet, ist die Sammlung Prinzhorn heute weltbekannt. Seit 100 Jahren zeigt sie Kunstwerke von psychisch kranken Menschen und ändert unseren Blick auf sie.

SWR2 Wissen SWR2

Treffpunkt Musik Zu Gast im Studio: Thomas Röske, Direktor der Prinzhorn Sammlung Heidelberg

Am Mikrofon: Michael Rebhahn

Treffpunkt Musik SWR Kultur

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Marie-Dominique Wetzel