Angespannte Lage auf Intensivstationen

Kliniken in der Region Trier: Auf neue Pandemie nicht genügend vorbereitet

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Autor/in
Jana Hausmann
Jana Hausmann ist multimediale Reporterin im SWR Studio Trier
Martin Schmitt
Martin Schmitt am Mikrofon

Krankenhäuser in der Region Trier sind nur unzureichend auf eine neue Pandemie eingestellt. Das hat eine SWR-Recherche ergeben. Die Intensivstationen arbeiten schon jetzt am Limit.

Tim Piepho, der ärztliche Direktor des Trierer Brüderkrankenhauses, bezeichnet es als eine "bedrohliche Entwicklung". Der Chefarzt meint damit die Warnung des Bundesrechnungshofes: Deutschland sei nicht ausreichend auf eine künftige Pandemie vorbereitet. Die Zahl der Intensivbetten sinke kontinuierlich.

Unser Krankenhaus ist auf eine erneute Pandemie nicht so gut vorbereitet, was die Anzahl der verfügbaren Intensivbetten betrifft.

Auch in seinem Krankenhaus sei die Situation auf der Intensivstation angespannt, so Piepho. "Unser Krankenhaus ist auf eine erneute Pandemie nicht so gut vorbereitet, was die Anzahl der verfügbaren Intensivbetten betrifft." Ein Grund: "Es fehlt das Personal, um diese Patienten zu betreuen."

Der Ärztliche Direktor des Brüderkrankenhauses Trier, Tim Piepho.
Sieht sein Krankenhaus auf eine erneute Pandemie nicht so gut vorbereitet: Tim Piepho, ärztlicher Direktor des Brüderkrankenhauses Trier.

Klinikum Idar-Oberstein: Intensivbetten reichen nicht für neue Pandemie

Ähnlich ist die Situation im Klinikum Idar-Oberstein. Die Zahl der Intensivbetten sei für den normalen Betrieb ausreichend, so eine Sprecherin. Bei einer neuen Pandemie und der damit notwendigen Aufstockung von Intensivbetten würde das Klinikum aber "rasch an seine Grenzen stoßen". Ein Problem sei der Fachkräftemangel in der Pflege - insbesondere in einer ländlich geprägten Region wie dem Hunsrück.

Es gibt nicht genügend Personal. Die Menschen sind einfach nicht auf dem Markt.

Mehr Pflegekräfte - das wünschen sich viele Kliniken in der Region Trier. "Es gibt nicht genügend Personal, um ohne Einschränkungen die Vorgaben der Mindestbesetzungen in den Krankenhäusern jederzeit garantieren zu können", so eine Sprecherin des Kreiskrankenhauses in Saarburg. "Die Menschen sind einfach nicht auf dem Markt."

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Krankenhäuser fordern mehr ausländische Pflegekräfte

Könnte eine Lösung des Problems darin liegen, Pflegekräfte aus dem Ausland anzuwerben? Die Antwort der Krankenhäuser ist eindeutig: "Wir sind auf die Zuwanderung ausländischer Pflegekräfte angewiesen", heißt es beispielsweise vom Klinikum Idar-Oberstein.

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Für den Geschäftsführer des St. Joseph-Krankenhauses in Prüm, Michael Wilke, ist klar: "Ohne die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte wird sich die Situation in den nächsten Jahren nicht verbessern lassen."

Die Anerkennung von ausländischen Pflegekräften ist viel zu komplex, langwierig und schwierig.

Doch viele Krankenhäuser klagen: Der bürokratische Aufwand sei nach wie vor zu hoch. Das bestätigt auch Tim Piepho vom Trierer Brüderkrankenhaus. "Die Anerkennung von ausländischen Pflegekräften ist viel zu komplex, langwierig und schwierig." Viele scheuten diesen Weg oder scheiterten schon bei dem Versuch. In diesem Bereich müsse sich dringend etwas verändern.

Die Frage ist, wie lange das dauert. "Bislang haben wir in der Praxis nicht bemerkt, dass Bestrebungen der Bundesregierung, dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuarbeiten, Wirkung zeigen", so eine Sprecherin des Klinikums Idar-Oberstein.

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Weniger Intensivbetten durch Klinikschließungen

Der Fachkräftemangel ist aber nur ein Grund, warum die Situation auf den Intensivstationen angespannt ist. Hinzu kommt, dass es immer weniger Krankenhäuser mit einer Intensivmedizin in der Region gibt.

Am Krankenhaus Gerolstein in der Vulkaneifel gibt es keine Intensivbetten mehr, die Intensivstation am Krankenhaus in Hermeskeil ist seit dem 1. August geschlossen. Das Krankenhaus in Adenau in der Eifel wurde Ende März 2023 komplett dicht gemacht, und das Klinikum Mittelmosel in Zell soll in ein medizinisches Versorgungszentrum umgewandelt werden.

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Dadurch konzentriert sich die Versorgung deutlich stärker auf die verbleibenden Krankenhäuser. Beispiel St. Joseph-Krankenhaus in Prüm: "Wir verfügen über acht Intensivbetten", so Geschäftsführer Michael Wilke. "Vor der Schließung von Gerolstein haben wir die Bettenanzahl als ausreichend angesehen. Jetzt erleben wir eine deutliche Mehrbelastung und Auslastung."

Auch ohne Pandemie fehlt es fast täglich an Intensivkapazitäten.

"Wir verfügen aktuell über zehn Intensivbetten, die wir durchgängig betreiben", so Oliver Zimmer, Geschäftsführer des Krankenhauses in Daun. Hinzu kämen noch vier sogenannte IMC Betten, die zwischen der Intensivstation und der Normalstation angesiedelt sind. "So betreiben wir bereits heute an vielen Tagen mehr Intensivbetten als im Krankenhausbedarfsplan geregelt ist".

Das liege auch daran, dass Intensivbetten durch die Schließung umliegender Kliniken weggefallen seien. "Auch ohne Pandemie fehlt es fast täglich an Intensivkapazitäten."

Und wie ist die Situation im größten Krankenhaus der Stadt Trier? Das Klinikum Mutterhaus verfügt nach eigenen Angaben über 25 Intensivbetten. "Diese Betten reichen aus", so eine Sprecherin, fügt jedoch hinzu: "Wenn um uns herum keine Häuser schließen."

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