Theo Palm steht bedrückt vor dem Krankenhaus in Hermeskeil. Für die Menschen im Hochwald war das bisher stets eine zuverlässige Anlaufstelle, wenn es um ihre Gesundheitsversorgung ging, sagt der erste Beigeordnete der Verbandsgemeinde Hermeskeil.
Doch zum 1. August wurden die Zentrale Notaufnahme (ZNA) und Intensivstation nach Angaben des zuständigen Trägers geschlossen. Für Theo Palm ist das nur schwer zu ertragen. "Das fühlt sich an, als ob etwas wegstirbt, als ob etwas Gewachsenes für alle Zeiten kaputt geht."
Pläne für Krankenhaus Hermeskeil im Mai veröffentlicht
Bereits im Mai hatte die für das St. Josef-Krankenhaus zuständige Marienhaus-Gruppe angekündigt, das Krankenhaus umzustrukturieren. So soll das Angebot vor allem auf ältere Patienten ausgerichtet sein. Der Fokus liege dabei künftig auf ambulanten Behandlungen und Operationen sowie geriatrischen Rehabilitationsangeboten. Röntgenaufnahmen oder kleinere Untersuchungen wie Magen-Darm-Spiegelungen seien dennoch weiter möglich.
Notaufnahme und Intensivstation ohne Zukunft
Eine Notaufnahme und Intensivstation werde es aber nicht mehr geben. Das neue Konzept solle sicherstellen, das Haus auch in Zukunft zu erhalten. Denn bislang kämpfe das Krankenhaus mit Verlusten. Ein wirtschaftlich ausgeglichener Betrieb sei über Jahre nicht möglich gewesen, hieß es in einer Pressemitteilung. Eine Veränderung sei deshalb notwendig.
Kritik richtet sich nicht gegen Betreiber des Krankenhauses
Eine Argumentation, die Theo Palm durchaus nachvollziehen kann. Schließlich müsse die Marienhaus-Gruppe als Betreiber des Krankenhauses Geld verdienen. "Krankenhausträger werden mit ihren finanziellen Problemen von der Bundespolitik im Regen stehen gelassen und sind dadurch gezwungen, andere Wege zu gehen."
Die Schritte des Trägers seien deshalb nachvollziehbar. Den Menschen in seiner Verbandsgemeinde helfe das jedoch wenig. Die angesprochenen "anderen Wege", die das Krankenhaus Hermeskeil zukünftig geht, sorgten im Hochwald für große Probleme. Denn die Menschen würden sich ohne die bisherigen Angebote des Hauses nicht mehr gut versorgt fühlen.
Zu lange Wege in andere Notaufnahmen
Gerade die ansässige Notaufnahme habe den Menschen das Gefühl gegeben, bei kleineren Verletzungen und Krankheitsbildern schnell und heimatnah behandelt zu werden. Der Gedanke, für solche Fälle nun lange Strecken wie beispielsweise nach Trier oder Birkenfeld in Kauf nehmen zu müssen, bereite vielen Menschen Sorgen.
Theo Palm vermutet, dass deshalb zukünftig mehr Menschen den Rettungsdienst in Anspruch nehmen. Er befürchtet außerdem, dass die großen Kliniken in Trier mit dem zusätzlichen Patientenaufkommen aus dem Hochwald überlastet sein könnten.
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Menschen im Hochwald sind mit der Situation unzufrieden
Die geplanten Änderungen im Krankenhausbetrieb wurden nach Ansicht der Verbandsgemeinde außerdem zu schnell umgesetzt. Man habe die Menschen im Hochwald damit überrumpelt.
"Wir hören jeden Tag auf den Dörfern und in der Stadt, dass die Leute aufgebracht sind. Den Leuten wird was weggenommen, die Leute sind unzufrieden und den Unmut kriegt man zu spüren. Wenn Sie in die Dörfer gehen, ist das Krankenhaus immer ein Thema. Und dann kriegen wir Kommunalpolitiker vorgehalten, dass wir uns nicht kümmern. Wir kümmern uns, aber es passiert nichts."
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Bundesregierung muss handeln
Stadt- und Verbandsgemeinde seien die Hände gebunden. Um die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum, so wie im Hochwald zu sichern, müsse die Bundesregierung endlich mehr Geld ins Gesundheitssystem stecken.
"Die Politik lässt uns hier alle im Stich. Denen ist egal, wie wir versorgt werden. Das Gesundheitssystem in Deutschland wurde über Jahrzehnte runtergewirtschaftet. Es wird in eine Ecke gestellt, als wenn es nicht gebraucht wird."
Auch von der Landesregierung erhofft sich Theo Palm Hilfe für das Hermeskeiler Krankenhaus. "Als die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) nach Hermeskeil kommen sollte, war uns von der Landespolitik zugesagt worden, dass das Krankenhaus erhalten bleibt. In dem, was da jetzt passiert, sehe ich aber keine Erhaltung."
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Krankenhaus-Träger sieht medizinische Versorgung gesichert
Die für das Krankenhaus zuständige Marienhaus-Gruppe sieht dagegen weniger Probleme in der Neuausrichtung des Hauses. Sie teilte mit, dass die Versorgung medizinischer Notfälle weiterhin gewährleistet sei. So könnten Patienten tagsüber die im Krankenhaus ansässigen Praxen des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) aufsuchen.
Derzeit sei geplant, deren Sprechzeiten zu verlängern. Außerhalb der Sprechzeiten könnten sich Menschen außerdem unter der Telefonnummer 116117 an die Kassenärztliche Vereinigung wenden. Dort würden Patienten zu einer geöffneten Bereitschaftsdienstpraxis weitergeleitet.
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Übergangsweise Anlaufstelle für Notfälle
In den Räumen der ehemaligen ZNA werde darüber hinaus übergangsweise eine Anlaufstelle eingerichtet, in der nachts und am Wochenende Patienten mit akuten medizinischen Problemen versorgt werden könnten. Ein Team von Pflegekräften und Fachärzten könne Patienten dort direkt behandeln oder in umliegende Krankenhäuser verlegen.
Die Marienhausgruppe weist daraufhin, dass in lebensbedrohlichen Situationen generell der Rettungsdienst über die 112 gerufen werden sollte.
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Damit den Menschen im Hochwald im Notfall schnell geholfen werden kann, will sich die Marienhausgruppe nach eigenen Angaben auch dafür einsetzen, den Rettungsdienst- und Notarztstandort am Hermeskeiler Krankenhaus auch in Zukunft zu erhalten. Derzeit suche man deshalb gemeinsam mit dem Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier nach Lösungen, um dies personell und finanziell zu stemmen.
Verbandsgemeinde will weiter für medizinische Versorgung kämpfen
Argumente, die die Sorgen von Kommunalpolitiker Theo Palm nicht mindern können. Seiner Ansicht nach reicht all das nicht aus, die Menschen im Hochwald ausreichend medizinisch zu versorgen. "Für die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum sehe ich derzeit schwarz. Wir gehen in eine ungewisse Zukunft, ich weiß nicht, wohin das noch führen soll".
Dennoch: Die Verbandsgemeinde und die Stadt Hermeskeil wollen sich mit der jetzigen Situation nicht einfach abfinden. Sobald die bei der Kommunalwahl neu gewählten Bürgermeister im Amt seien, wolle man weitere Schritte prüfen, um zu verhindern, dass sich die medizinische Versorgung im Hochwald weiter verschlechtere.