Ich will es wissen: Lohnt sich das 49-Euro-Ticket auch für Menschen, die nicht in Ballungszentren oder im Speckgürtel von größeren Städten leben? Um das herauszufinden, mache ich den Selbsttest im dünn besiedelten Eifelkreis Bitburg-Prüm und fahre von einem kleinen Dorf mit dem ÖPNV nach Trier und wieder zurück. 💪
Start in Baustert im Eifelkreis Bitburg-Prüm
Startpunkt meiner Reise mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln ist Baustert in der Verbandsgemeinde Bitburger Land. Der 450-Einwohner-Ort liegt westlich von Bitburg. Mit dem Auto ist man in einer viertel Stunde in Bitburg und in knapp 40 Minuten in Trier.
Fahrstrecke von bis zu 2 Stunden - für 40 Kilometer
Als ich die Verbindung "Baustert - Trier Hauptbahnhof" in die Online-Fahrplanauskunft des VRT eintippe, wundere ich mich über die langen Fahrstrecken, die ich angezeigt bekomme: Mit dem Bus brauche ich anderthalb Stunden, zu bestimmten Zeiten werden mir Verbindungen von 2 Stunden vorgeschlagen - und das für eine Strecke von 40 Kilometern.
Ich muss generell zweimal umsteigen, um den Hauptbahnhof in Trier zu erreichen. Selbst das 13 Kilometer entfernte Bitburg erreicht man nur mit einem Umstieg (es gibt eine Direktverbindung nach Bitburg werktags um 7 Uhr morgens).
Mit dem Zug über die Eifelstrecke ist keine Alternative
Meine ursprüngliche Idee, ab Bitburg mit dem Zug über die Eifelstrecke der Bahn nach Trier zu fahren, entpuppt sich als Flop: Allein die Fahrt von Baustert zum 18 Kilometer entfernten Bahnhof Bitburg-Erdorf dauert mit dem Bus in der Regel eine Stunde und länger - inklusive zweimal umsteigen.
Der Zug von Bitburg-Erdorf nach Trier braucht 47 Minuten. Unterm Strich wäre ich bei dieser Variante also durchaus mehr als 2 Stunden unterwegs - vorausgesetzt, die Bus- und Zugfahrten wären zeitlich gut aufeinander abgestimmt.
Also kaufe ich ein Ticket für die "schnellste" Strecke: Mit dem Bus vom Dorfplatz in Baustert zum Hauptbahnhof nach Trier - mit Umsteigen in Bettingen und Bitburg. Die Hinfahrt dauert 1 Stunde und 33 Minuten. Die Rückfahrt geht über Irrel und Sinspelt und dauert etwa 2 Stunden.
Rufbus fährt bis zum Nachbarort
Das erste "Problem" zeigt sich gleich zu Beginn meiner Tour: Einfach in Baustert an die Bushaltestelle gehen und warten bis der Bus kommt, geht nicht. Fahrten ab 9 Uhr morgens werden "nur nach Bedarf durchgeführt", heißt es in der Fahrplanauskunft. Bedeutet: Ich muss einen Rufbus bestellen, der mich ins 7 Kilometer entfernte Bettingen fährt. Erst dort kann ich in den Linienbus nach Bitburg steigen.
Der Rufbus muss spätestens eine Stunde vor Abfahrt per Telefon oder online gebucht werden. Ich will über die VRT-Hotline einen Rufbus bestellen - und lande beim ersten Versuch in einer Warteschleife. Nach zwei Minuten werde ich aus der Leitung geworfen. Daher reserviere ich den Rufbus auch online und erhalte per Mail eine Bestätigung.
Hinfahrt über Bettingen und Bitburg nach Trier
Vormittags um 10:45 Uhr stehe ich an der Bushaltestelle am Dorfplatz in Baustert. Der reservierte Rufbus kommt pünktlich. Mein Kameramann und ich sind die einzigen Passagiere in dem Kleinbus.
Die Fahrt nach Bettingen dauert 15 Minuten. In Bettingen geht es nach einer kurzen Wartezeit weiter mit einem regulären Linienbus zum Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) Bitburg. Fahrzeit: 22 Minuten. Am ZOB in Bitburg wartet bereits der Bus, der mich zum Hauptbahnhof nach Trier bringt. Er braucht für die 30 Kilometer-Strecke 51 Minuten. 23 Zwischenhalte werden angefahren.
Viele Plätze im Bus sind frei
Was mir auffällt: Viele Plätze sind frei und im Bus sitzen vor allem Rentner und Jugendliche. Klassische Berufspendler sind vormittags wohl nicht unterwegs. Ein älteres Ehepaar sagt mir, dass es einmal pro Woche mit dem Bus aus der Nähe von Bitburg nach Trier fährt.
"Dass das länger dauert als mit dem Auto, macht uns nichts aus", sagen sie. "Wir sind ja Rentner und haben Zeit". Eine junge Frau fährt regelmäßig von Neuerburg nach Trier und ist dafür bis zu 2 Stunden unterwegs. "Ich bin froh, dass überhaupt ein Bus nach Trier fährt", sagt sie.
Rückfahrt geht über Irrel und Sinspelt
Ich erreiche den Hauptbahnhof in Trier planmäßig um 12:23 Uhr. Zurück geht es um 14:05 Uhr. Die Rückfahrt nach Baustert dauert knapp 2 Stunden, dafür muss ich "nur" einmal in Sinspelt umsteigen. Im Bus sitzen etwa zehn Schülerinnen und Schüler. Sie steigen alle nach einer halben Stunde aus.
Ab Welschbillig sitze ich allein in dem großen Linienbus. "Ich fahre nachmittags oft den Bus ohne Fahrgäste", sagt mir der Busfahrer. Hat er eine Erklärung dafür? "Die Menschen in der Eifel lassen ungern ihr Auto stehen", so seine spontane Antwort.
Menschen ohne Auto sind auf Bus angewiesen
Nach knapp 50 Minuten erreicht der Bus den Omnibusbahnhof in Irrel. Zehn Minuten steht der Bus dort, bevor es weiter in Richtung Sinspelt geht. In Irrel steigt eine Frau ein, die jeden Tag von Prümzurlay zur Arbeit nach Trier fährt. "Ich habe kein Auto und bin auf den Bus angewiesen", erzählt sie mir. "Das Umsteigen ist zwar manchmal kompliziert, aber Hauptsache, es fährt ein Bus."
Die Frau und ein älterer Mann sind die einzigen Fahrgäste im Bus. Ab Holsthum bin ich allein im Bus. Ich genieße die Aussicht aus dem großen Fenster, Felder und Wiesen ziehen an mir vorbei. Ich frage mich, was der Verkehrsverbund Region Trier (VRT) dazu sagt, dass regelmäßig leere Busse durch die Gegend fahren.
"Es gibt Tageszeiten, in denen die Busse nicht so stark genutzt werden", antwortet mir dazu später eine Sprecherin. "Als VRT bieten wir Menschen, die vom Auto auf den ÖPNV wechseln, auch in diesen Zeiten ein Angebot im Sinne der Daseinsvorsorge und ermöglichen u.a. Einkäufe, Arztbesuche oder auch Freizeitaktivitäten in einem regelmäßigen stündlichen oder zweistündlichen Takt."
Insgesamt dreieinhalb Stunden mit dem Bus unterwegs
Nach gut einer halben Stunde sind wir Sinspelt. Ich steige in den Anschlussbus, der bereits an der Bushaltestelle steht. Um kurz nach 16 Uhr bin ich am Ziel meiner Reise in Baustert angekommen. Insgesamt war ich heute dreieinhalb Stunden mit dem Bus unterwegs - für eine Strecke, die ich mit meinem Auto in gut einer Stunde zurücklegen kann.
Der Selbsttest mit dem ÖPNV durch die Eifel ist beendet. 🏁 Mein Fazit: Ich finde es toll, dass auch kleine Orte in der Eifel von (Ruf-)Bussen angefahren werden. Aber jeden Tag mehr als drei Stunden mit dem Bus unterwegs sein, dauert mir zu lang! Daher bin ich skeptisch, ob mit dem Start des Deutschlandtickets zusätzliche Berufspendler in der Eifel vom Auto auf den Bus umsteigen.