Missbrauchsopfer mit Pseudonym Karin Weißenfels mit Anwalt im Arbeitsgericht Trier

Wie sexueller Missbrauch ein ganzes Leben zerstören kann

Missbrauchsopfer Karin Weißenfels klagt gegen Bistum Trier

Stand

"Karin Weißenfels" ist als Angestellte des Bistums Trier von einem Priester sexuell missbraucht worden. Vor dem Arbeitsgericht Trier geht es jetzt um ihre Personalakte.

Als sie Saal 1 des Arbeitsgerichts Trier betritt, trägt die Frau eine Art dunkelblauen Nonnenschleier auf dem Kopf, eine dunkle Sonnenbrille und eine medizinische blaue Maske vor Mund und Nase. Sie hat unter dem Pseudonym "Karin Weißenfels" öffentlich gemacht, dass sie als Angestellte des Bistums Trier jahrelang von einem Priester sexuell missbraucht worden ist. In einer roten Kunststofftasche bringt sie mehrere Aktenordner mit in die Verhandlung.

Das Arbeitsgericht Trier
Das Arbeitsgericht Trier

Personalakte ist Gegenstand des Prozesses

Vor dem Arbeitsgericht Trier kämpft die Frau um Einsicht in ihre Personalakte beim Bistum Trier. Eigentlich ist das ja das Recht jedes Angestellten. Doch das Bistum legte der Frau nur eine Personalakte vor, in der ganze Seiten geschwärzt waren. Die Frau ist seit langem beim Bistum angestellt. Das Bistum hat anerkannt, dass sie Opfer sexuellen Missbrauchs durch den Priester wurde und zahlte eine finanzielle Entschädigung. Die Personalakte der Frau umfasst mehrere Aktenordner.

Bistum Trier: Klage soll abgewiesen werden

Im Gerichtssaal sitzen auch ein Vertreter des Bistums und ein Anwalt, der das Bistum Trier vertritt. Sie wollen erreichen, dass die Klage der Frau auf Einsicht in ihre Personalakte abgewiesen wird.

Komplizierter Fall

Jeder Angestellte hat das Recht, seine Personalakte einzusehen. Doch dieser Fall ist nicht so einfach, sagt die Richterin am Arbeitsgericht Trier. Wegen der vielen geschwärzten Seiten ist es nicht ohne weiteres möglich zu erkennen, was zur Personalakte gehört und was nicht.

Was gehört zur Personalakte?

Rein juristisch gehört zur Personalakte alles, was in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit steht. Das Bistum Trier hat in die Personalakte auch etliche Schriftwechsel eingefügt, die den Fall des sexuellen Missbrauchs betreffen. Dazu gehören auch Schreiben, die den sexuellen Missbrauch als Arbeitsunfall anerkennen. Das gehört zur Personalakte, sagt die Richterin. Schreiben des Bischofs an den inzwischen verstorbenen Priester, den Täter, gehören laut Gericht nicht unmittelbar zur Personalakte.

Es muss sehr viel sein, was sie zu verbergen haben.

Wie Karin Weißenfels sagt, geht es ihr darum, zu erfahren, wer im Bistum Verantwortung hatte, wer was veranlasst hat, wer gelogen hat. Von 1989 bis 2002 wurde sie von dem Priester missbraucht. Ihr Fall betrifft mehrere Bischöfe und Generalvikare im Bistum Trier, denen sie vorwirft, den Missbrauch vertuscht und den Täter geschützt zu haben. "Es muss sehr viel sein, was sie zu verbergen haben, bei all den geschwärzten Seiten", sagt sie im Gericht.

Der jahrelange Kampf gegen das Bistum zehrt an ihren Kräften. "Wenn ich noch länger warten muss, weiß ich nicht, ob ich das überlebe", sagt sie zur Richterin. Die äußert menschlich Verständnis, sagt aber auch klar, dass sie rein juristisch entscheiden müsse.

Das Bistum hat mich 18 Jahre lang in dem Glauben gelassen, er hätte es zugegeben

"Ich bin sogar zu seiner Beerdigung gefahren", sagt Karin Weißenfels vor Gericht und meint den Täter. Bischof Ackermann habe ihr gesagt, der Priester habe den Missbrauch zugegeben. "Das Bistum hat mich 18 Jahre lang in dem Glauben gelassen, er hätte es zugegeben.", sagt sie vor Gericht. "Erst 2021 habe ich erfahren, dass das nicht so war." Das war zwei Monate nach dem Tod des Priesters, der sie missbraucht hatte.

Wer die Frau vor Gericht erlebt erkennt, wie sehr der sexuelle Missbrauch und die Folgen sie belasten, auch der jahrelange Kampf gegen das Bistum Trier um ihr Recht und um Aufklärung der Hintergründe. Die Frau ist immer noch beim Bistum angestellt, doch seit 2008 wird sie nicht mehr beschäftigt. Sie habe immer für die Kirche arbeiten wollen, sagt sie, doch das Bistum habe sie in die soziale Isolation getrieben.

Drei Wochen Zeit für Vergleich

Mehrmals wird die Verhandlung kurz unterbrochen. Schließlich schlägt die Richterin vor, dass beide Parteien noch einmal versuchen, außergerichtlich einen Vergleich zu finden. Auch die Vertreter des Bistums gehen schließlich nach einigem Zögern darauf ein. Innerhalb von drei Wochen soll ein Vergleich erreicht werden, welche Dokumente die Frau ungeschwärzt einsehen kann. Sollte das nicht gelingen, wird das Arbeitsgericht Trier einen neuen Termin vereinbaren, um das Urteil in dem Fall zu verkünden.

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