Keine fünf Minuten braucht die neue Bürgermeisterin Caroline Candels, um einmal durch Roscheid zu laufen. Gerade mal 50 Einwohner leben in dem Dorf, das mit nur einer Straße auskommt. Am Horizont sind viele Windräder und Photovoltaikanlagen zu sehen, das Dorf ist umringt von Maisfeldern - Islek eben.
Sechs Kilometer sind es bis zur luxemburgischen Grenze. Das nächst größere Dorf ist Arzfeld. Ruhig ist es in Roscheid - für viele Jüngere in Caroline Candels Alter wohl zu ruhig. Alle, die mit ihr aufgewachsen sind, hätten das Dorf verlassen, erzählt die neue Bürgermeisterin.
Die 19-Jährige ist aus Überzeugung dageblieben und noch einen Schritt weiter gegangen. Der Gemeinderat hat sie Anfang September zur neuen Ortschefin gekürt: "Das Dorf ist für mich wie eine zweite Familie. Man will für die anderen da sein, genauso wie die für einen da sind", begründet Candels ihre Entscheidung.
Niemand aus dem Gemeinderat wollte antreten
Die Zeiten, in denen es mehrere Bewerber um das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters gab, die sind auch in Roscheid vorbei. Für die Kommunalwahl im Juni gab es zunächst niemanden, der Amtsinhaber Günter Nickels nach 20 Jahren beerben wollte.
Für seine Kandidatensuche musste Günter Nickels aber nicht weit gehen. Er klingelte im Haus gegenüber bei seiner Nachbarin. Caroline Candels war da schon Vorsitzende des örtlichen Fördervereins und in seinen Augen die ideale Nachfolgerin: "Ich wusste zwar, es wird eventuell etwas viel. Ich habe ihr aber auch zugesagt, dass wir sie alle unterstützen werden." Nach einigen Wochen Bedenkzeit sagte die 19-Jährige zu.
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Roscheider Alt-Bürgermeister arbeitet seine Nachbarin ein
Caroline Candels wird gewissenhaft in die Amtsgeschäfte eingearbeitet. Ihr Vorgänger begleitet sie auf Sitzungen, vermittelt ihr Ansprechpartner in der Verwaltung, gibt ihr jede Menge Tipps für die neue Aufgabe.
Als jüngste Ortschefin im Land steht sie einem rein männlichen Gemeinderat vor, dem auch ihr Vater angehört. Auch die anderen Mitglieder kennen sie seit der Geburt und sorgen dafür, dass sie ihr Ehrenamt mit ihrer Ausbildung als Pflegefachkraft im 25 Kilometer entfernten Prüm vereinbaren kann: "Wir arbeiten ja mit dem Gemeinderat immer eng zusammen. Die Hierarchien müssen da sein, aber wenn was unternommen wird, dann regeln wir das im Team", sagt der Erste Beigeordnete Walter Ballmann.
Das Kartoffelfest im Oktober, neue Fenster fürs Gemeindehaus, ein Seniorennachmittag mit den Nachbargemeinden - das sind die ersten Aufgaben für die junge Bürgermeisterin. Rund sechs Stunden in der Woche wird Caroline Candels wohl in ihr Ehrenamt investieren müssen. Das ist zwar deutlich weniger zeitaufwendig als in größeren Gemeinde, aber für eine Auszubildende im Schichtdienst trotzdem eine Herausforderung.
Kaum finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten im kleinen Roscheid
Wie begrenzt der finanzielle Spielraum besonders für kleine Dörfer ist, merkt Caroline Candels schnell. Den 70.000 Euro Einnahmen der Gemeinde stehen Ausgaben von 75.000 Euro gegenüber. Fast 45.000 Euro gehen als Umlage an den Kreis und die Verbandsgemeinde. Für Caroline Candels Vision, das Dorf attraktiver für junge Leute zu machen, ist kein Geld da.
Ihre sehr begrenzten Handlungsmöglichkeiten nimmt die Neu-Bürgermeisterin gelassen: "Ich habe mit meinen 19-Jahren viele andere Ansichten, aber man muss realistisch bleiben. Die meisten Jüngeren wollen sowieso nicht im Dorf bleiben. Dann mache ich eher was für die Älteren, dass die was davon haben."