Hohe Schulden vieler Gemeinden

Kommunale Finanzpolitik in RLP: Hilferuf vom Bürgermeister in Bechtheim

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Sabine Steinbrecher
Sabine Steinbrecher ist Reporterin im SWR Studio Mainz
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Stefan Schmelzer
Stefan Schmelzer ist Reporter im SWR Studio Mainz

Viele Kommunen in Rheinland-Pfalz sind hoch verschuldet. Ein Hilfeschrei kommt jetzt vom Bürgermeister aus Bechtheim im Kreis Alzey-Worms. Er kritisiert die Politik der Landesregierung.

Tobias Perlick ist verzweifelt. Seit knapp zwei Jahren ist der SPD-Politiker Ortsbürgermeister von Bechtheim in der Verbandsgemeinde Wonnegau. Das Thema kommunale Finanzen treibt ihn jetzt an seine Grenzen. Deswegen hat er in einer schriftlichen Stellungnahme seinem Ärger Luft gemacht und die Landesregierung scharf kritisiert.

"Viele Gemeinden werden wie mit einem K.O.-Schlag außer Gefecht gesetzt."

Das Problem sei, dass nur noch ausgeglichene Haushalte genehmigt werden. Bechtheim müsse jedoch Schulden in Millionenhöhe machen, wenn das Dorf zum Beispiel das Kindertagesstättengesetz des Landes umsetze.

Perlick sagt, dafür sei ein Neubau nötig, "welcher inklusive Abriss, Bau einer Provisoriumslösung (Anschaffung und Inbetriebnahme einer Container-Kita), dem Neubau selbst und üppige Planungskosten für die Gemeinde eine Mammutaufgabe darstellt". Die Kreditaufnahme belaste den Haushalt der Gemeinde dann mehrere Jahrzehnte. Aspekte wie diese würden bei der Haushaltsgenehmigung nicht berücksichtigt.

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Land RLP fordert: Grundsteuer erhöhen

Das Land hat laut Perlick mit einem finanzpolitischen Kraftakt von rund drei Milliarden Euro etwa 800 hochverschuldete Gemeinden über das sogenannte Programm PEK-RP unterstützt. Allerdings hätten die überwiegende Anzahl der Städte und Gemeinden keine derartigen Zuwendungen erhalten.

Um die Einnahmen für die Gemeinden zu erhöhen, schlägt das Land laut Perlick vor, die Steuern, also die Grundsteuer A und B sowie die Gewerbesteuer, weiter zu erhöhen, und zwar wortwörtlich bis zur "Erdrosselungsgrenze der Bürgerinnen und Bürger". "Dass wir uns gerade in einer Inflation befinden und ohnehin zum 1.1.2023 die Hebesätze der Grundsteuern und Gewerbesteuern empfindlich erhöht wurden, lässt man hier außen vor", schreibt Perlick in seiner Stellungnahme.

Großteil der Steuereinnahmen bleibt nicht in Bechtheim

Außerdem würde seine Gemeinde von erhöhten Steuereinnahmen auch nur zu einem geringen Teil profitieren, so der Ortsbürgermeister. Denn so gingen beispielsweise rund 45 Prozent der Steuern generell an den Landkreis Alzey-Worms, 32 Prozent an die Verbandsgemeinde Wonnegau, so Perlick. "Somit sprechen wir über Einnahme-Instrumente, bei welchen 70-80% gar nicht dort verwendet werden können, wo sie eigentlich benötigt werden."

"Die Bürgerschaft wird abgemolken!"

Die Bürgerschaft solle also quasi von den Kommunen abgemolken werden. Diese gewonnene "Milch" werde jedoch zum Großteil automatisch nach oben weitergegeben und nicht dort verwendet, wo sie dem Anschein nach hingemusst hätte, so Perlick.

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Unzufriedenheit bei Bürgern über Finanzpolitik wächst

Viele Bürgerinnen und Bürger steckten aber natürlich nicht so tief in der Materie, um das zu wissen. Da bliebe dann nur hängen, dass die Kommunalpolitiker die Probleme nicht lösen könnten, so Perlick. Das würde nur die Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit den ehrenamtlichen Gemeinderäten anheizen.

Schlammschlacht gegen Gemeinderäte im Kommunalwahlkampf befürchtet

Der Ortsbürgermeister ist sich sicher, dass es im bevorstehenden Wahlkampf nicht um die besten Konzepte der Kandidierenden gehen wird. Stattdessen ständen die Ehrenamtlichen wegen der finanziellen Mangellage in der Kritik.

In anderen Gemeinden hätten viele Kommunalpolitiker deshalb schon aufgegeben und seien zurückgetreten. Auch in Bechtheim denken Gemeinderäte laut Perlick darüber nach. Deshalb müsse das Land jetzt handeln.

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