Es ist ein etwa zehn Quadratmeter großes, quadratisches Zimmer mit einem Fenster. Die Wände sind weiß gestrichen. Im Raum stehen ein Bett und zwei Stühle. Mehrere Bücher sind auf einem der Stühle gestapelt. Er dient als Nachttisch.
So sieht seit einigen Wochen das Zuhause von Rebecca aus. "Es ist sauber, gemütlich und sehr simpel", sagt sie. Wer es nicht weiß, würde beim ersten Anblick des Zimmers wohl nicht darauf kommen: Sie lebt in einem Wohncontainer, der zum Café Haltepunkt gehört. Das ist eine Notunterkunft speziell für Frauen in Trier. "Ich bin glücklich, dass es das Café Haltepunkt gibt".
Betroffene kämpfen mit Vorurteilen
Rebecca heißt eigentlich anders. Sie möchte anonym bleiben. "Ich habe große Angst, dass jemand mitbekommt, dass ich gerade ohne Wohnung und Job bin und mich vorverurteilt", erzählt Rebecca. Viele Menschen können nicht nachvollziehen, wie es ist, wenn man kein eigenes Zuhause mehr hat. "Sie verstehen nicht, wie sehr man sich dafür schämt", sagt die 31-Jährige weiter.
"Ich habe einer Freundin erzählt, dass ich keine Wohnung mehr habe und in einer Notunterkunft wohne. Sie hat es einfach weitererzählt. Das war sehr schlimm für mich", so Rebecca. Die Freundschaft ist daran zerbrochen.
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Sie gibt zu, dass auch sie Vorurteile hatte, bevor sie das erste Mal zum Café Haltepunkt kam: "Ich dachte, es sieht hier aus wie in amerikanischen Filmen: Die Unterkunft ist schäbig und alle feinden sich an", erzählt Rebecca. Aber sie hat nur positive Erfahrungen in der Trierer Notunterkunft gesammelt.
Wohnungen in Trier für viele zu teuer
Die 31-Jährige kam vor Jahren nach Trier, um sich ihren Traum zu erfüllen: ein Studium in der Römerstadt. Um sich das Leben in Trier leisten zu können, hat sie BAföG bezogen und neben ihrem stressigen Studium immer gearbeitet.
Die Doppelbelastung aus Studium und Arbeit machte ihr schwer zu schaffen. "Ich wurde immer depressiver und hatte immer stärker mit Schlafstörungen zu kämpfen", berichtet Rebecca und ergänzt: "Dadurch konnte ich mich nicht mehr konzentrieren. Ich hatte Angst, zu versagen".
Sie musste ihre Arbeit aufgeben, um ihr Studium in Trier fortsetzen zu können. Ohne Job konnte sie - trotz BAföG-Zahlungen - ihre Wohnung nicht mehr halten. Trotz monatelanger Suche fand sie in Trier keine neue Wohnung, die sie sich als Studentin hätte leisten können.
So wie Rebecca geht es vielen Frauen in Trier, sagt Regina Bergmann, Geschäftsführerin Sozialdienst katholischer Frauen Trier (SkF), zu denen das Café Haltepunkt gehört. "Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum", sagt Bergmann.
Steigende Übernachtungen in Trierer Notunterkunft
Das hat zur Folge, dass immer mehr Frauen wie Rebecca in Trier keine Wohnung finden und ins Café Haltepunkt kommen, um nicht auf der Straße schlafen zu müssen. "In diesem Jahr werden fast 700 Frauen bei uns sein. 2023 waren es noch 450", betont die SkF-Chefin.
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Das Problem ist, es gibt keine Plätze mehr im Café Haltepunkt. Die Notunterkunft muss kreativ werden: zwei Betten in ein Einzelzimmer oder Matratzen und Schlafsäcke im Aufenthaltsraum. Keiner soll wegen Platzmangels draußen bleiben müssen.
Immer mehr psychisch kranke Frauen im Café Haltepunkt
Zudem sind immer mehr Frauen wie Rebecca, die ins Café Haltepunkt kommen, psychisch belastet. Sie müssen laut SkF-Chefin Bergmann sehr lange auf eine Behandlung warten, die sie dringend bräuchten. "Psychiater und Psychotherapeuten in Trier haben aktuell keine freien Plätze mehr". Ohne Behandlung fällt es den Frauen umso schwerer, wieder in ihren Alltag zurückzukehren.
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Der SkF sucht auch hier nach Lösungen: "Wir wollen mit Therapeuten zusammenarbeiten und durch Spenden eine Behandlung für psychisch kranke Frauen bei uns ermöglichen", so Bergmann.
SkF nimmt die Politik in die Pflicht
Das würde aber nicht helfen, um die Probleme nachhaltig zu lösen. Die Politik ist gefragt. Es fehlt an Geld, Platz und Personal, um alle wohnungslosen Frauen wie Rebecca auf Dauer betreuen zu können.
"Die Politik muss jetzt dringend in den sozialen Wohnungsbau und ins Soziale investieren. Wenn Unruhen entstehen, weil viele Menschen keine Obhut oder Nahrung haben, dann haben wir ein riesiges Problem", so Bergmann und ergänzt: "Wir erleben diese Nöte täglich und es werden immer mehr, die davon betroffen sind".
Weitere Notunterkünfte am Limit
Auch in anderen Notunterkünften in Trier ist die Lage angespannt, etwa im Benedikt-Labre-Haus in Trier. Das ist eine Notunterkunft speziell für Männer. "Abends kommen mehr Menschen als wir Betten haben", sagt der Einrichtungsleiter Martin Hintz. 23 Betten gibt es hier. Im Winter sind bis zu 35 Männer zeitgleich da.
"Wir versuchen, niemanden aus Platzmangel abzulehnen. Wir bauen dann in der Teestube ein zusätzliches Notlager auf", sagt Hintz. Das sei für sein Team eine immer größere Herausforderung, die sie aber bisher noch meistern könnten.
Bald auch Einzelschlafplätze im Benedikt-Labre-Haus?
Aktuell dürfen nicht alle Männer im Benedikt-Labre-Haus übernachten. Wer aggressiv ist und andere verletzen könnte, muss sich einen anderen Ort zum Schlafen suchen. Das soll sich ändern: "Wir möchten diese Menschen nicht draußen im Regen stehen lassen", sagt Hintz.
Die Idee: ein Raum im Benedikt-Labre-Haus wird umgebaut und von den anderen Zimmern abgetrennt. Dort wird es drei Einzelkabinen mit einem Bett geben. "Sie können dort alleine ihre Nacht verbringen". Wann der Umbau los geht, ist noch unklar, so Hintz.