Quadratmeterpreise, die sich ein alleinerziehender Vater mit zwei Kindern kaum noch leisten kann, Warteschlangen bei Besichtigungsterminen, die sich um die nächste Straßenecke winden, gesetzt den Fall, dass es überhaupt ein bezahlbares Angebot gibt - das ist die aktuelle Lage in vielen deutschen Städten.
Auch in Trier ist es für viele Menschen schwierig, ohne Weiteres eine bezahlbare Wohnung zu finden. Laut Zahlen der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz liegt die Stadt Trier beim Quadratmeterpreis für Miet-Neuverträge landesweit mit an der Spitze.
Trotzdem kommt der soziale Wohnungsbau aktuell kaum hinterher. Wieso das so ist, weiß der Trierer Immobilienmanager und Fachmann für öffentlich-geförderten Wohnungsbau, Martin Koch.
SWR Aktuell: Herr Koch, mit welchen Problemen sieht sich der soziale Wohnungsbau aktuell konfrontiert?
Martin Koch: "Das ist ein ganzes Paket. Zum Beispiel wurden staatliche Zuschüsse für den Wohnungsbau letztes Jahr im Januar Knall auf Fall gestoppt. Viele Bauunternehmen hatten, wie wir auch, ihre Objekte auf die Kriterien dieser Förderungen ausgerichtet.
Das heißt, die ganze bisherige Planung muss noch mal überprüft werden. Und fast alle Fachplaner können noch mal neu beginnen. Das verursacht natürlich enorme Kosten. Dazu hat nicht jeder Lust, das muss man ganz nüchtern sagen.
Ein Problem ist auch, dass sich gerade in den letzten sechs Monaten die Zinsen für den Wohnungsbau bei den privaten Banken vervierfacht haben, also auch für langfristige Darlehen. Und das ist natürlich ein Schlag ins Kontor und für viele dann kaum mehr machbar. Wir haben darüber hinaus auch gigantische Preissteigerungen. Also wir sprechen davon, dass wir bei Lebenshaltungskosten acht Prozent Preissteigerungen im Schnitt hatten.
In den letzten zwölf Monaten im Baubereich waren es 16 Prozent, also eine Verdopplung im Vergleich zu normalen Lebenshaltungskosten. Hinzu kommen gestörte Lieferketten, sodass wir teilweise zehn bis zwölf Monate auf eine Wärmepumpe warten. Und diese Baukosten gilt es dann auch aufzufangen und da entsprechende Methoden zu entwickeln, wie man trotzdem noch bauen kann.
Und zum Schluss fehlt es auch einfach an Baugrundstücken. Viele Kommunen sind einfach nicht mehr in der Lage, Bebauungspläne relativ zeitnah bereit zu halten. Auch Innenstadtverdichtung ist deshalb sehr schwierig. Warum? Es geht zum einen darum, weniger Fläche zu versiegeln und zum anderen gibt es viele Nachbarklagen. Da heißt es dann, Wohnungsbau ja, aber bitte nicht in meinem Hinterhof."
SWR Aktuell: Und gibt es inzwischen denn wenigstens wieder neue Fördermöglichkeiten für den sozialen Wohnungsbau?
Koch: "Die gibt es wieder vonseiten der KfW-Bank. Die Hauptproblematik liegt nun darin, dass es kaum mehr Experten gibt, die dieses Förderprogramm begleiten können. Um das als Unternehmer beantragen zu können, brauchen sie speziell zugelassene Berater, die mit der KfW korrespondieren. Und diese Berater sind sehr eng gesät, weil die sich auch weiter qualifizieren mussten, um die entsprechenden Kriterien erfüllen zu können.
Auch gewisse Kriterien, nach denen die Förderung gewährt werden soll, liegen aktuell noch nicht vor. Die sollen erst im Mai veröffentlicht werden. Gleichzeitig ist aber jetzt schon eine Antragstellung möglich. Also insgesamt keine sehr glückliche Vorgehensweise vonseiten der Förderbank. Das hat eine Menge Verunsicherung in den Markt gebracht.
Viele meiner Kollegen sagen deshalb, sie machen momentan gar nichts und warten ab, wie sich der Markt entwickelt, weil unter den Rahmenbedingungen ist Bauen für diese Bauträger und Projektentwickler nicht möglich."
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SWR Aktuell: Unproblematisch sind diese Förderungen aber trotzdem nicht, oder?
Koch: "Nein, das ist alles unglaublich bürokratisch. Sie haben eine Unmenge an Kriterien zu erfüllen, um diese Förderung zu bekommen. Es gibt die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen, die Kriterien eröffnet. Dieser Kriterienkatalog besteht aus über hundert Einzelkriterien, die zu erfüllen sind und die in Gänze untersucht werden müssen.
Das heißt, sie haben einen kleinen Beraterstab parallel zur Planung und zur Baumaßnahme laufen, der diese Sachen dann kontrollieren, entsprechend dokumentieren und im Nachgang dann bei der Förderbank einreichen muss. Dieser Vorab-Check alleine dauert drei Monate, in denen der Gutachter entsprechend überprüft, ob man die Kriterien einhält. Also von daher ist das ein sehr langer Weg, der jetzt zu beschreiten ist und natürlich mit entsprechenden Kosten verbunden ist."
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SWR Aktuell: Welche Folgen hat diese Verlangsamung im Wohnungsbau für die Menschen hier in der Region?
Koch: "Also, wir laufen nicht nur in Trier - das gilt für alle Großstädte hier im Südwesten - auf eine Wohnungsnot zu, und zwar auf eine massive. Die Nachfrage ist enorm. Wir haben vor kurzem eine Fünf-Zimmer-Wohnung im geförderten Wohnungsbau inseriert und nach zwei Stunden hatten wir so viele Anfragen, dass wir die Anzeige wieder rausnehmen mussten. Das heißt, die Nachfrage gerade bei Familien mit Kindern, bei Alleinerziehenden mit Kind, aber auch bei Rentnerehepaaren ist enorm.
Wir haben immer noch die Situation, dass mehr Wohnungen aus der Preisbindung herausfallen, als neue geschaffen werden. Sozial geförderter Wohnraum hat eine Mietpreisbindung, die in aller Regel für 15, 20, 25 oder 30 Jahre gilt. Viele Wohnungen wurden in den 1990er-Jahren errichtet und fallen jetzt aus ihrer Bindungsfrist raus. Und die Vermieter? Die bitten dann natürlich auch mehr zur Kasse, womit die Wohnungen aus dem bezahlbaren Bereich herausfallen.
Eigentlich hätten schon in den letzten Jahren im Schnitt zwischen 70.000 und 90.000 Wohnungen in diesem Bereich geschaffen worden sein müssen, um das halbwegs auszugleichen. Tatsächlich wurden aber bundesweit nur 20.000 Wohnungen errichtet.
Wir sind also noch längst nicht in der Situation, dass wir mehr Wohnungen errichten als aus der Förderung insgesamt herausfallen. Und von daher nimmt diese Wohnungsnot noch weiter zu. Diejenigen, die eh keine Chance hatten auf Eigentumsbildung, müssen dadurch noch weitere Nachteile in Kauf nehmen."
SWR Aktuell: Welche Forderungen stellen Sie diesbezüglich an die Politik?
Koch: "Was wir uns wünschen würden, um diese Problematik zumindest ansatzweise zu lösen, ist eine deutliche Beschleunigung der Verfahren zur Schaffung von Baurecht. Und wenn Baurecht geschaffen wird, dann auch gezielt für den geförderten Wohnungsbau, also nicht quotiert mit zehn bis 20 Prozent, sondern mit deutlich höheren Quoten. Das ist der erste Weg.
Der zweite Weg: Wir brauchen auch für die Kommunen schnellere Genehmigungsmöglichkeiten. Ein Bebauungsplan, den eine Kommune auflegen will, braucht sehr schnell mal sieben bis zehn Jahre. Die Zeit haben wir nicht mehr.
Bis dahin sind wir in einer ganz dramatischen Wohnungsnot. Die Flüssiggas-Terminals an der Nordsee haben gezeigt, dass es auch schneller geht, wenn man will. Und von daher brauchen wir hier Vorfahrt für den sozial geförderten Wohnungsbau."