Sanft plätschert die Nims an der Burg Rittersdorf in der Eifel vorbei. Wer im Ort wissen will, wie hoch der kleine Fluss steht, kann das an einer aufgemalten Skala an einer Mauer ablesen. Im Moment ist die Nims wenige Zentimeter hoch. Dass es kein Hochwasser gibt, sieht man auch ohne Skala mit bloßem Auge.

Um den Wasserstand nicht direkt vor Ort am Fluss ablesen zu müssen und um zu schauen, wie sich die Wasserstände entwickeln, wäre ein digitaler Pegel sinnvoll, wie es ihn etwa an der Mosel gibt. "Die Skala ist eine behelfsmäßige Maßnahme für die Feuerwehr und die Menschen. Schöner wäre es natürlich, den Pegel nutzen zu können", sagt Daniel Lichter, Bürgermeister von Rittersdorf.
Denn tatsächlich gibt es einen digitalen Pegel in dem Eifelort. Der Eifelkreis Bitburg-Prüm hat bis Juni 2024 in dem Förderprojekt "Eifelkreis verbindet" insgesamt 32 Pegel an sogenannten Gewässern der zweiten und dritten Klasse installiert.
Für diese kleineren Flüsse sind die Kreise zuständig und sie werden normalerweise nicht so überwacht wie große Wasserstraßen, an denen es Pegel des Landes gibt. Die Pegel im Eifelkreis wurden nach der Jahrhundertflut 2021 angeschafft, um die Hochwasservorhersage effizienter zu machen.
Pegel auch aus anderen Kreisen nicht einsehbar
Wie zuerst der Trierische Volksfreund berichtete, werden die Daten dieser Pegel, die auch in anderen Kreisen installiert wurden, jetzt aber seit fast zwei Jahren nicht auf der offiziellen Internetseite der Hochwasservorhersagezentrale des Landes ausgespielt. Dazu seien noch komplexe technische Arbeiten nötig.
Der Eifelkreis bestätigt auf SWR-Anfrage, dass lediglich die Wehrleiter der Verbandsgemeinden im Kreis und der Katastrophenschutz die Pegelstände über ein internes Dashboard einsehen können.
Wer am Fluss sein Zuhause hat, sollte wissen, wie sich der Pegel entwickelt.
"Für uns wäre es aber sehr wichtig, dass auch weitere Feuerwehren und Hilfsorganisationen ständig auf diese Pegelwerte zugreifen können. Und dass auch jeder Bürger die Möglichkeit hat, sich über den Pegelstand in seinem Ort zu informieren", sagt der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Kreises, Jürgen Larisch.
"Ich denke, es ist gerade für diejenigen, die am Fluss ihr Zuhause haben, wichtig, zu wissen, wie sich ein Flusspegel entwickelt. Und dass sie den auch von jedem Ort aus ablesen können, um gegebenenfalls nach Hause zu fahren."
Besserer Schutz vor Hochwasser Digitale Helfer sollen in der Eifel vor Flut warnen
Schon oft sind die Eifelflüsse durch Starkregen über die Ufer getreten. Zuletzt ganz extrem vor zwei Jahren. Digitale Sensoren sollen jetzt frühzeitig vor Hochwasser warnen.
Der Eifelkreis hat nach Angaben eines Sprechers das zuständige Umweltministerium aufgefordert, ihn dabei zu unterstützen, die kommunalen Pegel auf der Hochwasserseite des Landes zu veröffentlichen.
Vulkaneifel hat schon seit 2022 "Bürgerpegel"
Wie wichtig und wirksam es ist, dass jeder im Ort den Pegel im Blick haben kann, ohne direkt zum Fluss laufen zu müssen, weiß Thomas Oertlin, Bürgermeister von Schutz im Kreis Vulkaneifel.
Hier waren 2021 der Wallmerbach und die Kleine Kyll über die Ufer getreten: "Beide fließen am Bürgerhaus zusammen. Normalerweise sind sie relativ flach, 2021 war das Wasser hier knietief. Innerhalb einer halben bis Dreiviertelstunde stand das ganze Dorf unter Wasser."

Glücklicherweise sei niemand verletzt worden, Keller seien aber vollgelaufen, Heizungen zerstört worden, das Bürgerhaus wurde überschwemmt, sagt Oertlin: "Wir konnten nur noch reagieren, nicht mehr agieren."
Das soll bei einem weiteren Hochwasser anders sein, denn seit Dezember 2022 hat Schutz einen eigenen Pegel an einer Brücke über dem Wallmerbach.
Christian Weirich, damals erster Vorsitzender des Dorf-Fördervereins, hatte von einem Projekt des Deutschen Roten Kreuzes im Kreis zusammen mit dem Umwelt-Campus Birkenfeld gehört, um digitale Pegel an die kleinen Flüsse in der Vulkaneifel zu bringen: "Das DRK hatte ohnehin am Wallmerbach nach einem Standort gesucht, deshalb hat das sehr zügig funktioniert."
Pegel beruhigen und geben Sicherheit
Seit Dezember 2022, direkt zum Projektstart, können die Einwohner von Schutz den Pegelstand auf der Internetseite ihre Ortes oder einer dafür vom DRK eingerichteten Webseite einsehen.
Und die Rückmeldungen sind durchweg positiv, sagt Weirich: "Sonst gibt es bei Starkregenereignissen immer dieses ungute Gefühl, dass man es nicht abschätzen kann. Der Pegel gibt da Ruhe und es liegt in der eigenen Hand."
Denn die Menschen müssen nicht vor Ort sein, um zu sehen, wenn der Wallmerbach steigt. Sie können bequem von ihrer Arbeitsstelle, zum Beispiel in Daun, über das Internet auf den Wasserstand zugreifen. Und wissen dann, ob sie lieber nach Hause fahren sollten, um den Keller auszuräumen, oder ob das Wasser doch wieder fällt.
Der Pegel ist Gold wert.
Auch für die Feuerwehr und Bürgermeister Oertlin ist der Pegel hilfreich: "Wenn der Wallmerbach und die Kleine Kyll Hochwasser führen, wird es am Bürgerhaus richtig brenzlig."
Wenn der Pegel des Wallmerbachs einen bestimmten Stand erreicht, könne man direkt agieren, statt nur zu reagieren: "Die Feuerwehr kann dann die Anwohner warnen, man kann Sandsäcke ausgeben. Dafür ist der Pegel Gold wert."
Einfaches System stellt Pegelwerte direkt dar
Warum aber funktioniert es hier, dass die Messwerte im Internet sofort einsehbar sind und man dort sogar einen Verlauf sehen kann, wie sich die Pegelstände entwickeln?
Das erklärt Projektleiter Professor Klaus-Uwe Gollmer vom Umwelt-Campus Birkenfeld: "Unser Pegel misst den Abstand zur Wasseroberfläche per Ultraschall. Damit sind die uns interessierenden Informationen schon einmal lokal im Mikrocontrollersystem verfügbar."

Das System rechne Ausreißer wie etwa Enten im Wasser aus den Werten heraus. Dann sende es die Werte über das Long Range Wide Area Network weiter. Das seien lizenzfreie Frequenzen, wie sie beispielsweise auch Babyphone oder Smarthomes nutzen. Das Signal geht zu einem Punkt, an dem es in das normale Internet eingespeist werden kann.
In Schutz ist das der Internetanschluss eines Anwohners, erklärt Christian Weirich: "Das ist ein kleines Empfangsgerät, das an seinem Router installiert wurde. Seit 2022 war auch keine Wartung des Pegels nötig, der lässt sich sehr problemlos betreiben."

Die Daten werden dann von einem Dienstleister, der seine IT-Infrastruktur weltweit gemeinnützigen Projekten zur Verfügung stellt, gesammelt. Und von dort aus kann man sie in seine Internetseite oder App integrieren, sagt Professor Gollmer. Auch in den Orten Jünkerath, Pelm, Birresborn, Mürlenbach und Kerpen gibt es diese "Bürgerpegel" und auch deren Werte lassen sich auf der Seite des DRK ablesen.
Ziel der Pegel in der Vulkaneifel ist ein anderes
Gollmer weist aber auch darauf hin: Da das Projekt kostenlose, gemeinfreie Systeme nutzt, hat es nicht den Anspruch, ein katastrophenfestes Messnetz zu sein, das rund um die Uhr verlässliche Informationen liefert. Es gehe vielmehr um eine zusätzliche Information zu offiziellen Pegelständen.

Und darum, das MINT-Wissen aus der Schule - die Pegel wurden von Schülern gebaut - mit einer Hilfe zur Selbsthilfe zu verbinden: "Der Weg zu Resilienz durch MINT-Wissen ist das Ziel, nicht die Dienstleistung 'verlässliche Pegelmessung'. Darin unterscheiden wir uns deutlich von anderen Projekten im Katastrophenschutz."
Sicherheitsvorgaben und unerwartete Hürden beim Land
Dennoch: Warum funktioniert es hier, im Eifelkreis aber nicht? Die Kreisverwaltung in Bitburg sagt, es sei grundsätzlich möglich, wie in der Vulkaneifel die Werte der 32 Pegel auf einer eigenen Internetseite darzustellen.
Das wäre aber unplanmäßig viel Aufwand gewesen. Schließlich seien alle Beteiligten davon ausgegangen, dass das Land die Pegel im Eifelkreis unproblematisch und zeitnah auf seiner Webseite und der App darstellen kann.
Diese Lösung, so ein Sprecher, sei optimal, weil dadurch alle Pegel in Rheinland-Pfalz gebündelt eingesehen werden können. Dass das nicht so schnell geht, liegt laut einem Sprecher des Umweltministeriums vor allem an Sicherheitsvorgaben.
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So hätten zuerst Wege eingerichtet werden müssen, um die Daten von den Kommunen in die Systeme des Landes zu übertragen. "Insbesondere musste die Software der Datenbank und der Webseite an mehreren Stellen angepasst werden, nicht nur hinsichtlich der Verarbeitbarkeit und Darstellung der kommunalen Messstellen, sondern auch hinsichtlich der Sicherheitsvorgaben des Landesrechenzentrums", so der Sprecher.
Eigentlich würden die Werte der Pegel in den internen Testsystemen der Hochwasserzentrale schon seit Herbst vergangenen Jahres angezeigt. Dann aber habe es "unvorhersehbare technische Hürden" gegeben, sodass Tests erst seit Ende Februar korrekt ablaufen.
Immerhin: Ein paar Schritte müssten noch erledigt werden, die sollten aber laut Ministerium in wenigen Tagen abgeschlossen sein. In Kürze sollte man also die Pegelwerte zum Beispiel auch aus Rittersdorf auf der Seite des Landes sehen können.
Auch Schutz vor Hochwasser lässt auf sich warten
Dass es bis hierhin gedauert hat, wundert Bürgermeister Oertlin in Schutz in der Vulkaneifel nicht, denn damit habe man auch hier Erfahrung: 2021 habe er beim Land einen Hochwasserschutz für das Bürgerhaus beantragt. Passiert sei bisher nichts.

Unter anderem, weil die zuständige Behörde ADD zwischenzeitlich die Software für die Bearbeitung umgestellt habe: "Das heißt, die Sachbearbeiter bei der Verbandsgemeinde mussten alles noch mal neu eingeben. Und wir hatten in der Zwischenzeit schon zweimal wieder beinahe nasse Füße. Da frag ich mich: Warum muss das so lange dauern?"
Dichtes Netz aus Pegeln ist wichtig bei Hochwasser
Auch im Eifelkreis wird es noch etwas dauern, bis die 32 Pegel wirklich genutzt werden können. Nicht nur, weil die Werte erst in Kürze für jedermann lesbar sein werden.
Zwar können Katastrophenschutz und Wehrleitungen seit Mitte 2024 auf die Messwerte zugreifen und somit sei gewährleistet, dass die Bevölkerung frühzeitig bei Hochwasser gewarnt wird. Dennoch soll es erst einmal zeitnah Workshops für die Einheiten der Feuerwehren dazu geben, wie sie mit den Pegelsensoren umgehen.

Fest steht, dass es wichtig ist, dass es die Pegel gibt, sagt Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Jürgen Larisch: "Die Unwetterereignisse der letzten Jahre haben uns gezeigt, dass einige wenige Pegel, die vom Land betrieben werden, nicht genug Möglichkeiten bieten, die Bevölkerung zu warnen."
Deshalb setze man auf viele Pegel an vielen verschiedenen Stellen. Insbesondere an den kleineren Gewässern. Dazu müsse man auch mit dem Nachbarland Luxemburg und den anderen Landkreisen zusammenarbeiten. Zum Beispiel auch mit der Vulkaneifel.
Der Hochwasser-Blog für RLP Tourimus im Ahrtal erholt sich langsam
In den von der Flutkatastrophe zerstörten Regionen in Rheinland-Pfalz läuft der Wiederaufbau. Viel ist geschafft, viel ist noch zu tun. Das ist die aktuelle Lage.
Dort in Schutz ist man zwar zufrieden mit dem Pegel am Wallmerbach, wünscht sich aber noch mehr. Zum Beispiel an der Kleinen Kyll oberhalb des Ortes in Oberstadtfeld oder Niederstadtfeld.
Christian Weirich hat das beim DRK angeregt: "Wir hoffen, dass der Pegel kommt, denn er würde uns etwas für die Vorhersage bringen. Dann wissen wir: Wie viel Wasser drückt noch zusätzlich in die Kleine Kyll rein? Je dichter das Netz an Pegeln ist, umso aussagekräftiger sind die Werte und man kann besser abschätzen, ob der Pegel fällt oder ob man tätig werden muss.“