Bis zum 30. August steht die SpaceBuzz One neben der Junior Uni Daun.

Halbes Jahr Junior Uni

Lernen im All und am Boden in Daun

Stand
Autor/in
Anna-Carina Blessmann
Anna-Carina Blessmann am Mikrofon

Vor gut einem halben Jahr ist die Junior Uni Daun mit kostenloser Bildung gestartet. Ob damit auch wirklich alle Kinder und Jugendlichen erreicht werden, zeigt sich jetzt.

"Ich fand es cool, dass sich irgendwann eine Luke geöffnet hat und man Nordlichter sehen konnte. Man ist in die Atmosphäre eingetaucht. Und man konnte sich überall umgucken. Es war viel besser als Unterricht." Der zehnjährige Henry ist gerade mit einer Rakete über die Erde und den Mond hinweggeflogen.

Mit VR-Brillen und beweglichen Sitzen tauchen die Kinder in der SpaceBuzz One ins Weltall ein.
Mit VR-Brillen und beweglichen Sitzen tauchen die Kinder in der SpaceBuzz One ins Weltall ein.

Zumindest hat es sich genauso angefühlt. Noch bis zum 30. August steht die nachgebaute Rakete "SpaceBuzz One" des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums neben der Junior Uni Daun. Kinder und Jugendliche können darin in 15 Minuten mit Virtual-Reality-Brillen einen Flug durch den Weltraum nachempfinden.

Die deutschen Astronauten Alexander Gerst und Matthias Maurer erklären in dem Film unter anderem, wozu Satelliten dienen und wie der Klimawandel vom All aus zu sehen ist. Das kostenlose Erlebnis kommt bei den Kindern an, zum Beispiel auch beim neunjährigen Jakob: "Man ist mit dem Sitz ins Cockpit gefahren, das war richtig cool. Dass die Sitze vibriert haben, fand ich angenehm. Und die Infos waren sehr spannend."

Niedrigschwellige und kostenlose Bildung

Angebote wie diese macht die Junior Uni Daun seit Anfang des Jahres. Meist in Kursen, die in den Schulferien und den sogenannten Frühlings- und Herbstsemestern stattfinden. Bis zum Ende des Jahres werden es rund 300 Kurse aus fünf Fachbereichen sein. Darunter freie Kurse, für die sich alle freiwillig anmelden können. Aber auch Kurse über mehrere Wochen in Kooperation mit Kitas und Schulen. Die Klassen besuchen die Junior Uni dann im Vormittags- oder Nachmittagsunterricht.

Die Fachbereichskoordinatorinnen Anne Simon (links), Elena Marx (Mitte) und Katharina Göbel (rechts) besprechen noch letzte Details, bevor es mit der Raketenfahrt vor der Junior Uni losgehen kann.
Die Fachbereichskoordinatorinnen Anne Simon (links), Elena Marx (Mitte) und Katharina Göbel (rechts) besprechen noch letzte Details, bevor es mit der Raketenfahrt vor der Junior Uni losgehen kann.

"Wir versuchen, lokal möglichst alle Kinder an die Junior Uni zu bekommen. Das funktioniert nicht immer über das Elternhaus. Die Kooperationen mit den Schulen und Kitas sind daher sehr wichtig, damit jedes Kind die Junior Uni einmal gesehen und einen Kurs mitgemacht hat", sagt Katharina Göbel. Sie koordiniert den Fachbereich Naturwissenschaften. Sie wirbt also Dozenten an und konzipiert Unterrichtsinhalte.

Denn die Junior Uni, die von einer Stiftung finanziert wird, soll ein niedrigschwelliges und kostenloses außerschulisches Angebot sein. Und so auch den normalen Schulunterricht ergänzen. Die Kooperationen mit über 35 Bildungseinrichtungen - Grundschulen, Realschulen Plus, Gymnasien oder Förderschulen - liefen gut.

Unterricht nach den Wünschen der Kinder

In der Junior Uni könne vieles gemacht werden, was die Schulen nicht leisten können, weil ihnen das Know-How oder das Geld fehle, sagt Göbel: "Es ist viel Bedarf da, wenn es um komplizierte Experimente geht, die die Schulen nicht abdecken können." Die Junior Uni hat dafür Labore, in denen zum Beispiel Bakterien untersucht werden können. Außerdem Technik- und Werkräume, inklusive 3D-Drucker.

Auch Bakterien können im Labor der Junior Uni gezüchtet und untersucht werden.
Auch Bakterien können im Labor der Junior Uni gezüchtet und untersucht werden.

Regenerative Techniken und KI - das interessiert die Kinder brennend.

Wenn die Kurse geplant werden, höre man aber auch auf die Wünsche der Kinder und Jugendlichen, sagt Elena Marx, Koordinatorin für den Fachbereich Geistes-, Kultur- und Gesellschaftswissenschaften: "Medienkompetenz, soziale Kompetenz, Bewerbungstraining, aber auch regenerative Techniken und KI - das interessiert die Kinder brennend."

Spielend abstrakte Fähigkeiten erlernen

Die über 100 Lehrenden kommen dabei nicht nur von Unis und Hochschulen, sondern auch aus Wirtschaftsunternehmen und der Praxis: Derzeit läuft zum Beispiel ein Kurs, in dem Gesellschaftsspiele entwickelt werden. Die Dozenten sind Comiczeichner und Programmierer aus Berlin.

In ihrem Kursraum werden Spielkarten gedruckt und gestanzt, Spielfiguren aufgestellt und Anleitungen geschrieben. "Natürlich haben wir erst einmal viele Spiele gespielt", sagt Dozent Jonas Möhring. "Aber die Spiele selbst zu entwickeln, das fördert Kreativität, Logik und Analysefähigkeit. Die Kinder müssen sich Spielregeln und -strategien überlegen und aufschreiben, Wahrscheinlichkeiten berechnen."

Im Spielekurs werden Designs für Karten erfunden, er fördert aber auch analytisches und strategisches Denken.
Im Spielekurs werden Designs für Karten erfunden, er fördert aber auch analytisches und strategisches Denken.

Einer der jugendlichen Teilnehmer am Spielekurs ist zum wiederholten Mal dabei und das ist auch das Ziel, findet Katharina Göbel: "Wir haben Kinder hier, die sich seit der ersten Stunde immer wieder zu vielen Kursen anmelden und regelmäßig kommen. Man merkt, dass es wirklich die Junior Uni der Kinder geworden ist. Die laufen hier ganz selbstverständlich durch das Gebäude und das ist schön, zu sehen."

Die Herausforderung dabei ist aber, dass nicht nur Akademikerkinder erreicht werden, die ohnehin schon zu Hause gefördert werden. Wenn Bildung allen zur Verfügung stehen soll, dann muss die Junior Uni auch an die bildungsfernen Schichten herankommen.

Wie erreicht man bildungsferne Schichten?

Aber wie kann das gelingen? Schon das Wort "Uni" kann schließlich abschreckend wirken, wenn man in Bildung keinen Sinn für das eigene Leben und das seiner Kinder sieht. Das versteht auch Anne Simon, die als Fachfrau für den Bereich Sozialpädagogik zuständig ist: "Wir sind keine Universität im Wortsinn. Wir sind für alle offen. Aber manche Menschen haben mit dem Thema Bildung nicht so viel am Hut. Wir sind deshalb kontinuierlich dabei, diese Vorurteile abzubauen."

Die Studierenden der Junior Uni Daun sind sehr an regenerativen Techniken interessiert. Hier entsteht daher ein Wasserstoffauto.
Die Studierenden der Junior Uni Daun sind sehr an regenerativen Techniken interessiert. Hier entsteht daher ein Wasserstoffauto. Bild in Detailansicht öffnen
Die Junior Uni stellt auch mehrere 3D-Drucker bereit.
Die Junior Uni stellt auch mehrere 3D-Drucker bereit. Bild in Detailansicht öffnen
Im Garten auf einem Dach der Junior Uni gibt es unter anderem Pflanzen, die mit wenig Wasser auskommen. Es sollen auch noch Hochbeete dazu kommen, mit denen die Kinder etwas über Pflanzen lernen sollen.
Im Garten auf einem Dach der Junior Uni gibt es unter anderem Pflanzen, die mit wenig Wasser auskommen. Es sollen auch noch Hochbeete dazu kommen, mit denen die Kinder etwas über Pflanzen lernen sollen. Bild in Detailansicht öffnen
Wie die Kommandozentrale eines Raumschiffs sieht das Strommodul der Junior Uni aus, das bis zu 400 Volt erzeugen kann.
Wie die Kommandozentrale eines Raumschiffs sieht das Strommodul der Junior Uni aus, das bis zu 400 Volt erzeugen kann. Bild in Detailansicht öffnen
In der Junior Uni gibt es auch Labore mit entsprechender Sicherheitskleidung.
In der Junior Uni gibt es auch Labore mit entsprechender Sicherheitskleidung. Bild in Detailansicht öffnen
Bis zu zwölf Teilnehmende pro Kurs können im Werkraum auch mit Maschinen ...
Bis zu zwölf Teilnehmende pro Kurs können im Werkraum auch mit Maschinen ... Bild in Detailansicht öffnen
... und Werkzeugen verschiedene Werkstoffe wie Holz und Metall bearbeiten.
... und Werkzeugen verschiedene Werkstoffe wie Holz und Metall bearbeiten. Bild in Detailansicht öffnen
Da die Junior Uni Daun von Schülerinnen und Schülern zwischen 4 und 20 Jahren besucht wird, ist bei den Stühlen mit Fußleisten dafür gesorgt, dass alle darauf sitzen können.
Da die Junior Uni Daun von Schülerinnen und Schülern zwischen 4 und 20 Jahren besucht wird, ist bei den Stühlen mit Fußleisten dafür gesorgt, dass alle darauf sitzen können. Bild in Detailansicht öffnen
Mit einem speziellen Gerät stanzen die Teilnehmenden am Spielekurs ihre selbst gestalteten Karten aus.
Mit einem speziellen Gerät stanzen die Teilnehmenden am Spielekurs ihre selbst gestalteten Karten aus. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Junge hatte die Idee, Spielfiguren mit dem 3D-Drucker herzustellen. Die kleineren Figuren stehen für die "Leben", die jede Figur pro Spiel hat.
Ein Junge hatte die Idee, Spielfiguren mit dem 3D-Drucker herzustellen. Die kleineren Figuren stehen für die "Leben", die jede Figur pro Spiel hat. Bild in Detailansicht öffnen

Indem eben alle Kinder aus dem Kreis Vulkaneifel und auch den umliegenden Kreisen über einen Kurs mit ihrer Schule den ersten Kontakt zur Uni bekommen, ergänzt Marx: "Auch, wenn die Eltern sagen, Uni sei nichts für ihr Kind, können die Kinder sagen: Die Junior Uni aber schon. Da kann ich frei lernen, mich frei entfalten und meinen Interessen nachgehen."

Bei einigen Jugendlichen haben wir die Flamme für die Junior Uni entfacht.

Wie andere Einrichtungen und Vereine habe aber auch die Junior Uni Probleme, Leute zwischen 15 und 20 Jahren zu erreichen. "Da sind wir grad dabei, zu erforschen, woran das liegt. Erfahrungsgemäß hat es in der Altersgruppe keine Priorität, in eine Institution zu gehen", sagt Simon. "Wir merken aber auch, dass die Coronapandemie einen Anteil daran hat, dass junge Menschen größere Probleme zu haben scheinen, auf für sich fremde Situationen zuzugehen."

Paris

Bildungsforscher Andreas Schleicher | 24.3.2023 Vater der PISA Studie: scharfe Kritik am deutschen Bildungssystem

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Eine Lösung sei es, auch hier mit den Jugendlichen zu arbeiten, die schon einmal an der Uni waren: "Wir merken, dass wir bei einigen Jugendlichen die Flamme für die Junior Uni entfacht haben. Die sind für uns dann Multiplikatoren." Junge Menschen also, die an einem Kurs teilgenommen, ein Praktikum oder eine Assistenz an der Junior Uni übernommen haben. Und Gleichaltrigen dann von ihren Erfahrungen erzählen.

Pläne für Sprachkurse und Inklusion

Aus welchen Schichten die Kinder und Jugendlichen kommen und ob wirklich alle erreicht werden, wird derzeit von der Junior Uni aber noch nicht erhoben. Man überlege, bald abzufragen, aus welchen Orten die Studierenden kommen, sagt Anne Simon: "Aber das ist natürlich auch mit Scham verbunden. Es gibt auch in Daun Ecken, wo klar ist, welchen Hintergrund die Jugendlichen haben, wenn sie von dort kommen. Mit diesem Stigma sind sie schon aufgewachsen." Es sei daher auch Aufgabe ihres Fachbereichs, zu vermitteln, dass jeder in der Gemeinschaft wichtig ist.

"Bildung für alle" hat sich die Junior Uni Daun auf die Fahnen geschrieben. Sie soll allen Kindern und Jugendlichen zwischen 4 und 20 Jahren in dem siebenstöckigen Gebäude geboten werden.
"Bildung für alle" hat sich die Junior Uni Daun auf die Fahnen geschrieben. Sie soll allen Kindern und Jugendlichen zwischen 4 und 20 Jahren in dem siebenstöckigen Gebäude geboten werden.

Als die Junior Uni im Januar gestartet ist, gab es verschiedene Ideen, wie man auch Kinder und Eltern aus bildungsfernen Schichten erreichen kann. Von einem Co-Working-Space für Eltern, Kursen in verschiedenen Sprachen war damals die Rede. Und dass Fahrtkosten übernommen werden.

Bisher bezahlt die Junior Uni bis zur Hälfte der Fahrtkosten derjenigen, die mit ihrer Schule zu einem Kurs kommen. Um das auch den Kindern in den freien Kursen zu bieten, müsse zunächst ausgewertet werden, wo die Kinder herkommen, sagt Elena Marx: "Wo gibt es dunkle Flecken in der Region, aus denen noch keine Kinder kommen? Der naheliegendste Grund ist, dass dort die Mobilität nicht gegeben ist."

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Der Co-Working-Space für die Eltern ist noch nicht fertig, bisher würden manche aber mit ihren eigenen Laptops und WLAN der Junior Uni im Foyer arbeiten. Die Junior Uni bietet schon Kurse für behinderte Menschen an, im kommenden Jahr sollen dann auch Angebote in anderen Sprachen dazu kommen für Kinder, die noch kein Deutsch sprechen. Dann soll auch mit einer KI-basierten Sprachapp gearbeitet werden.

Zuversicht für die Zukunft der Junior Uni

"Wir sind im Januar gestartet, das heißt, es gibt noch viel zu tun und vieles, das man noch ins Leben rufen kann", sagt Anne Simon. Für den Moment sind sie und ihre Kolleginnen aber mit den Rückmeldungen zufrieden, die sie bisher von den Kindern und Jugendlichen bekommen: "Es gab Schulkurse, in denen die Kinder gar keine Pause einlegen wollten. Weil es ihnen so viel Spaß gemacht hat", erzählt Elena Marx.

Nach dem Raketenerlebnis können die Kinder sich im Foyer der Junior Uni Daun noch weiter über die Raumfahrt informieren.
Nach dem Raketenerlebnis können die Kinder sich im Foyer der Junior Uni Daun noch weiter über die Raumfahrt informieren.

Und auch Katharina Göbel hat eine Lieblingsanekdote: "Ein Kind im Kochkurs hat kein Gemüse gegessen. Aber nach den drei Stunden Kurs kam es raus und hat ganz laut gerufen: Mama, ich esse jetzt Paprika!"

Vielleicht lockt ja auch die Rakete, die im Moment vor der Junior Uni steht, noch weitere neue Studierende an. Wie die zehnjährige Malia, die von ihrem Flug mit der SpaceBuzz One schwärmt: "Es hat sich wirklich so angefühlt, als würde man fliegen."

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