Die Raumstation ISS

Leben auf der ISS

Matthias Maurer hat sich in die Erde verliebt

Stand
Interview
Matthias Maurer
Onlinefassung
Ute Spangenberger
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Seit November 2021 lebt der Astronaut Matthias Maurer nun schon auf der internationalen Raumstation ISS. In einem Interview verrät er, wie es ihm dort oben geht.

Haben Sie bei all der Arbeit auf der ISS genügend Zeit, die Erde zu beobachten?

Ich glaube, ich habe mich ein bisschen in unseren Planeten verliebt. Abends nach der Arbeit, wenn wir gegessen, alles besprochen haben und Feierabend ist, hänge ich sehr oft am Fenster, schaue runter und versuche Fotos zu machen. Ich gucke natürlich: Wo sind wir im nächsten Orbit, wo fliege ich dann drüber? Für mich ist es sehr, sehr schwer, abends aufzuhören und ins Bett zu gehen, weil ich mich einfach nicht an der Schönheit unseres Planeten sattsehen kann.

Wenn das Wetter gut ist: Können Sie von der ISS prägnante Landpunkte erkennen?

Ja, natürlich. Gerade nachts ist ein Flug über Europa einfach spektakulär. Letzte Nacht habe ich Bilder gemacht von Barcelona über Frankreich, dann über Italien. Der Stiefel ist total gut zu erkennen - ganz stark beleuchtet. Die ganzen Städte – besonders Norditalien – das ist einfach ein Lichtermeer und ist traumhaft, dort runterzuschauen.

Können Sie in der Schwerelosigkeit gut schlafen?

Ja, das ist genau das Schöne. Ich fühle mich fast wie in einen Wattebausch gepackt - sogar noch weicher. Ich schlafe hier wunderbar, besser als je zuvor. Ich denke so, wie man als Kind schläft. Am Wochenende 11 Stunden am Stück zu schlafen, ist kein Problem. Ich muss mir dann immer einen Wecker stellen, dass ich wieder aus den Federn komme.

Astronaut Matthias Maurer hat sich auf der ISS "in die Erde verliebt".
Astronaut Matthias Maurer hat sich auf der ISS "in die Erde verliebt".

Verändert sich Ihr Körper in der Schwerelosigkeit?

Der Körper ist wirklich ein sehr komplexes Wesen. Ich merke während des ganzen Fluges, wie er sich verändert. Am Anfang hat man eine Flüssigkeitsumlagerung und die ist natürlich kontinuierlich. Dann hat man anfangs einen roten und bisschen angeschwollenen Kopf. Der Körper fängt an und gibt einem die Anweisung: Geh´ mehr zur Toilette.

Anfangs hat man einen Flüssigkeitsverlust und später kommt es auch zu einem Blutverlust. Es konnte gemessen werden, dass die Astronauten während einer Raumflugmission circa 1 Liter Blut verlieren können. Dies ist ein trockener Verlust und wir bluten nicht wirklich. Der Körper baut Blut aufgrund der Flüssigkeitsumlagerung ab. Knochen und Muskelmasse werden natürlich auch beeinflusst.

Wie anstrengend ist es in der Schwerelosigkeit zu leben und zu arbeiten?

Ein Experiment zielt daraufhin ab. Wir wollen untersuchen, wie sich das Gehirn während des Raumflugs entwickelt. Die These ist: Dass wir aktiv Gehirnmasse aufbauen oder zumindest aktiv in Betrieb nehmen, dass wir mehr Gehirn nutzen, um diese 3D-Räumlichkeit besser zu verarbeiten. Deswegen wurde mein Gehirn und die Gehirnfunktionalität vor dem Flug vermessen. Nach dem Flug wird das auch nochmal nachgemessen. Bei anderen Astronauten konnte bereits festgestellt werden, dass durch den Raumflug mehr Gehirn aktiviert wurde.

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Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.