Prozess Weingarten

Mutter: "Der Schmerz durchdringt jede Faser meines Lebens"

Prozess um Totschlag eines 17-Jährigen in Weingarten: Mutter sagt unter Tränen aus

Stand
Autor/in
Birgit Baltes

Im Prozess um den Tod eines 17-Jährigen, der im vergangenen Juli nach einer Grillparty bei Weingarten (Kreis Germersheim) erstochen wurde, hat am Mittwoch die Mutter des Opfers ausgesagt.

Der Schmerz über den Verlust ihres Sohnes sei bis heute ungebrochen, sagte die zierliche, blonde Frau, die ganz in schwarz gekleidet vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Landau erschienen war. Seit dem Tod ihres Kindes sei jeder Morgen, an dem sie erwache, die Hölle für sie. Die Mutter und der 21-jährige Bruder des getöteten 17-Jährigen wohnen beide in Germersheim und treten in dem Prozess als Nebenkläger auf.

Angeklagt ist in dem Prozess ein 21-Jähriger Mann aus Lingenfeld wegen Totschlags. Er soll den Jugendlichen auf einem Feldweg bei Weingarten mit einem Messer tödlich verletzt haben. Zuvor soll es auf einer Abi-Party in einer Grillhütte zu einem handfesten Streit zwischen Täter und Opfer gekommen sein.

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"Ich kann den Verlust nicht verkraften. Der Schmerz durchdringt jede Faser meines Lebens", sagte die 50-jährige Frau unter Tränen. Als der Vorsitzende Richter sie fragte, ob sie sich psychologischen Beistand gesucht habe, antwortete sie: "Was können Worte bewirken? Nichts. Ich fühle nur Schmerz, meine Seele verkraftet es nicht, mein Gehirn akzeptiert es nicht." Die geschiedene und allein erziehende Mutter beschrieb auch, was für ein Mensch ihr Sohn war: "Er war ein faszinierender Junge, gutmütig, geliebt von seinen Freunden und er hatte eine große Ausstrahlung."

Mutter schildert vor Gericht Berichte zur Tatnacht

Vor Gericht schilderte die Frau, was ihr die Freunde ihres Sohnes, die in der Tatnacht bei ihm waren, erzählt hätten. Demnach seien der 17-Jährige und seine Freunde nach der Grillparty auf dem Weg zu einem Taxi gewesen, als sie das Auto des Angeklagten an einem Feldweg stehen sahen. Sie hätten sich gewundert, warum da ein Auto stehe und sich gefragt, ob da jemand Hilfe brauche. Deshalb hätten sie mit einer Taschenlampe in den Wagen geleuchtet.

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Von zwei damals anwesenden Freunden sei ihr erzählt worden, dass der Angeklagte daraufhin die Autotür aufgerissen habe, ganz aggressiv auf ihren Sohn zugegangen sei und gefragt habe: "Willst Du Stress?" Ihr Sohn habe daraufhin gesagt, er wolle keinen Stress und sei mit erhobenen Händen zurück gegangen. Der Angeklagte sei aber immer weiter auf ihren Sohn zugelaufen, mit einem Messer in der Hand. Dass ihr Sohn den Angeklagten daraufhin geohrfeigt habe, sei nur eine Reaktion gewesen, weil er sich bedroht gefühlt habe, sagte die 50-Jährige mehrmals vor Gericht.

Bruder des Opfers sagt aus und belastet Angeklagten

Vor der Mutter hatte der 21 Jahre alte Bruder des Opfers ausgesagt. Er habe erst morgens vom Tod seines kleinen Bruders erfahren und zunächst gar nicht über die Tat gesprochen, da es ihm sehr schlecht gegangen sei. Die Beziehung zu seinem einzigen Bruder sei eng gewesen und die Trauer über dessen Tod sehr groß.

Den Angeklagten kenne er nur vom Sehen. Einige junge Männer, die in der Tatnacht dabei waren, seien seine Freunde, sagte der Bruder vor Gericht weiter. Drei dieser Freunde hätten ihm später vom Ablauf der Tat berichtet. Demnach sei der Angeklagte aggressiv aus seinem Auto ausgestiegen, es habe noch eine kurze Auseinandersetzung mit seinem Bruder gegeben und dann habe der Angeklagte zugestochen.

Angeklagter entschuldigt sich bei Bruder und Mutter

Bereits während der Aussage der Mutter, die völlig gebrochen wirkt, beginnt auch der Angeklagte zu weinen und wischt sich die Tränen aus seiner Brille. Und auch beim Vater des jungen Angeklagten und anderen Angehörigen in den Zuschauerbänken fließen Tränen.

Ein Verteidiger des Angeklagten, der den Kopf meist gesenkt hält, fragt in seinem Namen, ob dieser seine Worte an den Bruder und die Mutter richten dürfe, das sei sein Wunsch. Nachdem der Bruder bejaht, braucht es lange, bis der Angeklagte mit leiser, tonloser Stimme sagt: "Ich möchte mich entschuldigen." Zuvor setzt er mehrfach an, ohne einen ganzen Satz über die Lippen zu bekommen.

Jugendlicher wird als unfreiwilliger Zeuge vernommen

Außerdem wurde auch ein eigentlich unbeteiligter Partybesucher, der 17 Jahre alt ist und aus Jockgrim im Kreis Germersheim kommt, am Mittwoch als Zeuge vernommen. Dabei stellte sich heraus: Der Jugendliche war während der Party in der Grillhütte versehentlich auf das Handy getreten, das der Angeklagte dort bei der ersten Auseinandersetzung mit dem späteren Opfer verloren hatte. Und er hatte dieses Handy danach bei einem Mann abgegeben, der dort als Security beschäftigt war und gerade mit dem späteren Opfer diskutierte, weil der 17-jährige eine Platzwunde am Kopf hatte.

Der jugendliche Zeuge war auf seinem Heimweg am Tatort vorbei gekommen und wurde um Hilfe gebeten. Das schilderte er vor Gericht so: Es sei jemand auf ihn zugelaufen gekommen und habe gerufen: "Bitte helfen Sie mir, mein Freund wurde abgestochen."

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Darum geht es: War es Notwehr oder Totschlag?

Die Fragen von Anklage und Verteidigung an die Zeugen drehten sich am Mittwoch vor allem darum, den genauen Ablauf der Tat zu klären. Zentral ist dabei, ob der 21-jährige Angeklagte tatsächlich, wie er behauptet, nach dem Ende der Party nach Weingarten zurückgekehrt war, um sein verlorenes Handy zu suchen. Und ob er dann bei der Begegnung mit dem 17-Jährigen Opfer und dessen Freunden aus Angst und Notwehr zugestochen hatte, weil er sich aus seiner Sicht angegriffen fühlte. Dabei spielt auch eine Rolle, ob das Opfer, wie von Zeugen vermutet, schon häufiger in Schlägereien verwickelt war.

Oder war es eher so, dass der Angeklagte über den vorangegangen Streit in der Grillhütte in Weingarten so verärgert war, dass er den Entschluss gefasst hatte, sich zu rächen? Und dann in der Folge den 17-Jährigen aktiv angegriffen und mit einem Messer tödlich verletzt hatte?

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