Stadt zieht Bilanz

Fünf Jahre Klimanotstand in Landau: Was hat es bisher gebracht?

Stand
Autor/in
Thilo Eickhoff
Porträt Thilo Eickhoff

Echter Klimaschutz oder doch nur gutes Marketing? Diese Frage schwang von Beginn an mit, als die Stadt Landau 2019 den Klimanotstand ausgerufen hat. Fünf Jahre sind seitdem vergangen. Zeit für eine Bilanz.

"Der Stadtrat der Stadt Landau erklärt den Klimanotstand und erkennt damit die Eindämmung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität an."

So stand es in dem Antrag, den die Grünen, die CDU und die FDP damals in den Stadtrat eingebracht hatten. Landau war die erste Stadt im Land, die diesen Schritt gegangen ist. Andere sollten folgen, unter anderem Trier und Koblenz. Verstanden werden sollte das Ganze nicht nur als Alarmglocke, sondern auch als Selbstverpflichtung: Die Stadt wollte selbst mit gutem Beispiel vorangehen und mehr für den Klimaschutz zu tun.

Auch Zahlen wurden genannt: Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen pro Landauer Bürger auf 4,5 Tonnen pro Mensch reduziert werden (zum Vergleich: Das Umweltbundesamt ging 2023 noch davon aus, dass der Pro-Kopf-Ausstoß in Deutschland pro Jahr bei 10,9 Tonnen liegt).

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Eine Zahl fehlt in der Bilanz zum Klimanotstand

In dem ursprünglichen Antrag, der am 13. August 2019 vom Landauer Stadtrat verabschiedet wurde, wird der CO2 -Ausstoß immer wieder als Kriterium genannt. Dennoch muss die Bilanz der Stadt zum Klimanotstand gerade bei dem Punkt ohne Zahlen auskommen: "Schaffen ist uns um Moment erstmal wichtiger als zählen", schreibt sie: "Da wir wissen, dass wir noch weit von unserem Ziel entfernt sind, arbeiten wir an konkreten Themen und nicht an Evaluationen."

Stadt Landau: Es war richtig, den Klimanotstand auszurufen

Dafür liefert die Verwaltung andere Zahlen: So soll noch in diesem Jahr im Stadtgebiet der 500. Baum seit Ausruf des Klimanotstandes gepflanzt werden. Außerdem seien im laufenden Jahr 2,6 Millionen Euro an Investition für die Radinfrastruktur eingeplant. Damit bleibt die Stadt zwar unter den drei Millionen Euro im Jahr, die sie als Investitionssumme versprochen hatte, eine Steigerung ist es aber allemal: 2019 waren es nur 120.000 Euro.

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Und die Stadt hat aufs Dach bekommen: Seit 2019 wurde laut Verwaltung deutlich mehr Geld in Photovoltaikanlagen für die städtischen Dächer investiert. Wer in Landau neu bauen will, muss die Hälfte seiner dafür geeigneten Dächer mit Panelen bestücken. Insgesamt haben die Solaranlagen in Landau nach Angaben der Verwaltung eine Energiemenge erzeugt, die 16 Prozent des städtischen Stromverbrauchs entspricht.

Mehr Busse und weniger Autos in der Innenstadt

Außerdem wurden der Stadt zufolge die Fahrtzeiten der Busse deutlich ausgeweitet, auf einen 15 Minuten-Takt in der Kernstadt. Überhaupt die Verkehrspolitik: Der Versuch, den Autoverkehr nach und nach aus der Innenstadt zu verbannen, wird in der Landau bis heute heftig diskutiert. Jenseits der Stadtgrenze wird das aus ökologischer Sicht aber durchaus positiv wahrgenommen, auch wenn eines der Prestigeprojekte womöglich nie umgesetzt wird.

Alles in allem ist die Stadt, was den Klimanotstand angeht, "überzeugt, dass dieser Schritt der richtige war."

Das sagen die Parteien im Landauer Stadtrat

Auch die Landauer Grünen stehen nach wie vor hinter dem Beschluss von 2019: Es sei mehr als ein symbolischer Akt gewesen, sondern habe konkrete Klimaschutzmaßnahmen zur Folge gehabt, schreibt Landtagsabgeordnete und Stadträtin Lea Heidbreder. Und die Dringlichkeit steht für die Partei ohnehin außer Frage: "Früher haben wir den Klimawandel mit Grafiken und Prognosen verdeutlicht, heute haben wir Fotos von realen Ereignissen. Für die Landauerinnen und Landauer sind die Folgen der Klimakrise spürbar."

Peter Lerch von der CDU bilanziert, Landau habe in der Tat einiges auf den Weg gebracht. Unter anderem nennt er die Vorgaben zum Hochwasserschutz bei neuen Baugebieten. "Trotzdem konnte nicht alles umgesetzt werden: Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos läuft schleppend und bedarf einer Beschleunigung."

"Es sind ja Dinge passiert: Es gibt mehr Beschattung und Trinkbrunnen wurden installiert", sind die Beispiele, die Jochen Silbernagel von der FDP in Landau einfallen: "Aber was wir auch gelernt haben: Das braucht Zeit." Der Klimanotstand war aus seiner Sicht ein gutes Instrument, die Bürger wachzurütteln und mitzunehmen. "Alleine geht da ja sowieso nix, das schaffen wir nur gemeinsam."

Die SPD-Stadtratsfraktion hatte dem Antrag damals mehrheitlich zugestimmt. Ihr Fazit fällt nicht ganz so euphorisch aus, wie das der Parteien, die den Antrag 2019 eingebracht hatten. Die Entwicklung der Landauer Kommunalpolitik zu mehr Klimaschutz habe schon davor ihren Lauf genommen. "Der Beschluss des Klimanotstandes selbst war dafür unserer Auffassung nach insgesamt weniger auslösend." Was Einsparpotentiale angeht, insbesondere im Bereich Mobilität, seien die Effekte kaum messbar.

Energieagentur RLP verteidigt Stadt Landau 

Isa Scholtissek ist bei der Energieagentur Rheinland-Pfalz zuständig für die Bereiche Mittelhaardt und Südpfalz: Sie berät die Städte und Kreise im Auftrag des Landes bei Fragen rund um die Energiewende. "Wir haben das eng beobachtet, dass einige Kommunen den Klimanotstand ausgerufen haben. Die Landauer waren ja die Ersten im Land." Scholtissek bewertet den Schritt auch heute noch uneingeschränkt positiv: "In der Folge ist das Thema Nachhaltigkeit bei allen Beschlüssen ein Kriterium. Egal was die Stadt macht: Sie muss dabei seitdem immer auch über Klimaschutz nachdenken." Außerdem habe die Stadt eine Klimastabsstelle installiert und betreibe sehr pragmatisch eine nachhaltige Verkehrspolitik.

Das Büro der Energiegantur Rheinland-Pfalz in Bad Dürkheim
Das Büro der Energiegantur Rheinland-Pfalz in Bad Dürkheim

Die Kritik der SPD teilt Scholtissek nicht: "Nicht jeder Effekt muss gemessen werden können." Wichtig sei vor allem, was in den Köpfen passiert, dass ein Bewusstsein für Herausforderung Klimawandel geschaffen wird: "Selbst wenn es nur Marketing gewesen wäre, kann man für den Klimaschutz doch gar nicht genug Marketing machen".

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