Ralf Melber schneidet einen der Bäume auf der Agroforstfläche.

Experiment mit Agroforst

Wegen Klimawandel: Alte Anbautechnik wird im Westerwald wiederbelebt

Stand
Autor/in
Christoph Bröder

Der Biohof "live2give" in Dickendorf im Westerwald hat Bäume und Sträucher auf einem Gemüseacker gepflanzt. Das hat verschiedene Effekte und soll im Klimawandel von Vorteil sein.

Auf dem Acker wachsen Zucchini und anderes Gemüse. Dazwischen stehen drei Reihen mit Haselnussbäumen, Apfelbäumen und Holunderbüschen. Noch sind die Bäume und Büsche recht klein, sie wurden erst vor vier Jahren gepflanzt. In einigen Jahren sollen sie aber einen positiven Effekt auf den Gemüseacker haben.

"Der Gedanke von Agroforst ist eine Unterbrechung der Landschaft durch Baumreihen, um Wind zu bremsen, Schatten zu spenden und Verdunstung zu reduzieren", erklärt Johannes Storch vom Biohof "live2give". Die Bäume und Sträucher tragen außerdem zur Artenvielfalt bei. Dort finden etwa Vögel und Insekten einen Lebensraum. Der ganze Acker soll so besser für den Klimawandel gewappnet sein.

Agroforstwirtschaft ist weitgehend verlorengegangen

Agroforstwirtschaft ist eigentlich nichts Neues, sondern wurde jahrhundertelang von Menschen betrieben. "Früher war es ganz normal, dass Bauern Bäume auf ihren Äckern hatten oder auch ihre Schweine unter Bäumen gehalten haben", erklärt Baumpfleger Ralf Melber. Er ist Mitglied im Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft und hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt.

Ein Blick auf die Agroforst-Versuchsfläche des Biohofs in Dickendorf.
Ein Blick auf die Agroforst-Versuchsfläche des Biohofs in Dickendorf.

Seit dem letzten Jahrhundert seien landwirtschaftliche Flächen vielerorts bereinigt worden, Flurbereinigung nannte man das. Büsche und Bäume wurden entfernt, damit die Bauern mit ihren immer größer werdenden Maschinen auf den Feldern besser arbeiten konnten.

Mittlerweile seien die Auswirkungen dieser Flurbereinigungen zu spüren, so Melber. Man sehe es etwa an den Starkregen- und Dürreereignissen der letzten Jahre. "Wir haben als Menschen signifikant in die Landschaft eingegriffen. Das führt jetzt dazu, dass die Leute darüber nachdenken, ob es klug war, die Landschaften so auszuräumen."

Ergebnisse auf Westerwälder Acker erst in einigen Jahren zu sehen

Noch ist es zu früh, um auf der Agroforstfläche in Dickendorf Ergebnisse zu sehen. Johannes Storch ist aber überzeugt, dass es langfristig etwas bringt. "Auf das globale Klima nehmen wir hier sicherlich keinen großen Einfluss, aber wir können hier ein gutes Kleinklima auf unserem Acker schaffen."

Johannes Storch, Ralf Melber und Daniel Müller (von links) vom Biohof "live2give". Sie betreiben eine Agroforst-Versuchsfläche auf einem Biohof in Dickendorf im Westerwald.
Johannes Storch, Ralf Melber und Daniel Müller (von links) vom Biohof "live2give".

Die Agroforstfläche lockt jedoch auch mehr Mäuse an, sagt Storch. Aber auch dafür gebe es eine natürliche Lösung. Auf dem Acker sind mehrere Natursteinhaufen angelegt, darin können sich Mauswiesel verstecken, die dann auf Mäusejagd gehen. Außerdem gibt es mehrere Sitzstangen für Greifvögel - auch die jagen am liebsten Mäuse.

Bei Agroforstwirtschaft geht’s nicht ums schnelle Geld

"Man muss realistisch sein, ein kurzfristiger Profit ist nicht immer das Ziel bei Agroforstwirtschaft", weiß Ralf Melber. Man müsse wie ein Förster langfristig denken, also generationsübergreifend. "Nur wenn man unsere Verantwortung gegenüber der Natur, der Klimaentwicklung und der Gesellschaft insgesamt im Blick hat, macht Agroforstwirtschaft wirklich Sinn."

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