"Es ist eine Tragik, die kaum in Worte zu fassen ist", sagte der Vorsitzende Richter, als er am Freitag Vormittag das Urteil verkündete. Es sei ein hartes Urteil – gerade für die Angehörigen des 17-jährigen Opfers. Und es sei ein Urteil, das schwer zu erklären ist: "Es gibt die Möglichkeit, Unrecht zu tun, aber schuldlos zu bleiben", so der Richter. Das sei hier der Fall.

Gericht: 21-Jähriger hatte "Notwehrexzess"
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 21-Jährige den Jugendlichen in Weingarten (Kreis Germersheim) mit einem Messer vorsätzlich getötet hat. Auch sei der Stich in den Brustkorb des Opfers mit einer solchen Wucht nicht erforderlich gewesen. Trotzdem wurde der junge Mann freigesprochen. Er habe in Notwehr, genauer in einem entschuldigten Notwehrexzess gehandelt. Das Opfer habe ihm vorher einen Schlag ins Gesicht verpasst. Deshalb musste der 21-Jährige davon ausgehen, dass noch weitere Schläge folgen könnten, so der Vorsitzende Richter. Vor allem, weil er bei einem ersten Aufeinandertreffen an dem Abend heftige Prügel einstecken musste.
Und nun das Entscheidende: der Angeklagte hatte in der Situation Angst und Furcht. Deswegen habe er ohne Schuld gehandelt und könnte nicht bestraft werden. Das Gericht hat bei dem Urteil Paragraf 33 des Strafgesetzbuchs angewendet. Dort heißt es: "Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft." Außerdem hätten eine Gehirnerschütterung und Alkohol im Blut dazu beigetragen, dass er keinen kühlen Kopf gehabt habe.
Messerattacke nach Grillparty Tod in Weingarten: Verteidiger fordern Freispruch, Staatsanwalt 5 Jahre Haft
Das Landgericht Landau steht vor einem schwierigen Urteil: Im Prozess um die tödliche Messerattacke auf einen 17-Jährigen geht der Staatsanwalt von Totschlag aus, die Verteidiger von Notwehr.
Genau wie einen Tag vorher in den Plädoyers sprach nun auch der Vorsitzende Richter am letzten Prozesstag die Rolle der Zeugen an: "Sehr junge Leute meinen, vor Gericht lügen zu müssen, selbst wenn der Staatsanwalt mit Ermittlungen droht."
Gericht folgte Forderung der Verteidigung
Mit seinem Urteil folgte das Landgericht Landau der Forderung der Verteidigung. Die beiden Anwälte des 21-Jährigen hatten dafür plädiert, dass ihr Mandant freigesprochen wird, weil er aus Notwehr zugestochen habe. Verteidiger Alexander Klein hatte das Gericht auch vor einem Fehlurteil gewarnt.
Staatsanwalt und Nebenklage wollen Urteil nicht hinnehmen
Staatsanwalt Thomas Spielbauer hatte fünf Jahre Haft für den Angeklagten gefordert. Er will das Urteil anfechten und erklärt im Video, was zu einer Verurteilung gefehlt hat:
Mutter und Bruder des 17-jährigen Opfers waren als Nebenkläger im Prozess vor dem Landauer Landgericht aufgetreten. Ihre Anwältin Eva Lütz-Binder sagte: "Keine Strafe kann die Lücke schließen, die der Verstorbene hinterlassen hat." Trotzdem will auch sie Rechtsmittel einlegen:
Täter hatte Tat gestanden und sich entschuldigt
Der junge Mann hatte im Laufe der Verhandlung vor Gericht gestanden, dass er den 17-Jährigen im Juli 2023 nachts nach einer Grillparty in der Nähe von Weingarten erstochen hatte. Und er hatte sich auch bei der Mutter und dem Bruder des Opfers entschuldigt. Der Freispruch des Gerichts ist noch nicht rechtskräftig.