Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, Claus Weselsky, kündigt für diese Woche einen 35-Stunden-Ausstand an. Im Güterverkehr treten die GDL-Mitglieder bereits am Mittwoch, 18 Uhr, in den Streik. In der Nacht zum Donnerstag, 2 Uhr, folgen die Kolleginnen und Kollegen des Personenverkehrs. Die Streikdauer ist eine Anspielung auf den Hauptstreitpunkt in den Tarifverhandlungen: Die GDL fordert eine 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter mit vollem Lohnausgleich.
Vordergründig scheinen die Motive klar: Claus Weselsky will in seinem letzten Arbeitskampf vor der Rente Tarif-Geschichte schreiben. Viele Metaller in Westdeutschland waren mit der 35-Stunden-Woche schon im Oktober 1995 dran. Andere Branchen folgten, aber nicht alle. Jetzt soll sie endlich auch für die Lokomotivführer gelten.
Wenn es nach der GDL geht, werden in den nächsten Wochen Streiks für eine massive Einschränkung des Bahnverkehrs sorgen:
Geschichte der Bundesrepublik eine Geschichte ihrer Arbeitskämpfe
Die historische Dimension von Weselskys Rolle wird, fürchte ich, gern übersehen. Die Geschichte der Bundesrepublik ist eine Geschichte ihrer Arbeitskämpfe. Alle paar Jahrzehnte braucht es Sturköpfe wie ihn, um die Wochenarbeitszeit an die gesellschaftliche Entwicklung anzupassen. Die setzt auf weniger Arbeit und mehr Freizeit, auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Oder der Pflege von Angehörigen und Beruf.
Mit welchem Recht sollen Beschäftigte im Schichtdienst, in diesem Fall der Deutschen Bahn, von dieser Entwicklung ausgenommen sein? Claus Weselsky weiß, kürzere Arbeitszeiten sind noch nie vom Himmel gefallen. Er muss sich für sein Ziel ziemlich unbeliebt machen so wie alle tarifpolitischen Eisbrecher vor und nach ihm.