Typisch CDU: altmodisch aber stabil

Meinung: Merz & Co. - Zeit, dass sich nichts dreht

Stand
Autor/in
Martin Rupps
Martin Rupps

Der mutmaßlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) steht politisch für Stabilität, gesellschaftlich für Stillstand - und bedient damit ein Grundbedürfnis vieler Deutscher, meint Martin Rupps.

Als CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kürzlich eine Veranstaltung der Jungen Union besuchte, wurde Herbert Grönemeyers „Zeit, dass sich was dreht“ gespielt – sehr zum Missfallen des Künstlers. Ich empfand die Liedauswahl als eine Schnapsidee. Der mutmaßlich nächste Bundeskanzler steht nach meinem Eindruck gerade nicht für ein Weiterdrehen an kulturellen und gesellschaftlichen Schrauben, sondern ihren Stillstand oder ein Zurück. Der Soundtrack des Kanzlerwechsels 1982 von Helmut Schmidt (SPD) zu Helmut Kohl (CDU) , „Bruttosozialprodukt“ in der Version der Band Geier Sturzflug, scheint mir heute so passend wie damals:

„Ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. Wir steigern das Bruttosozialprodukt.“

Martin Rupps
Die Meinung von Martin Rupps

Die jetzt geplatzte Koalition aus SPD, Grünen und FDP war ein mutiges, vielversprechendes Experiment, bei dem sich die politischen Schnittmengen der Partner als zu klein erwiesen. Friedrich Merz wird – mit welchem Koalitionspartner auch immer – meiner Erwartung nach eine schöpferisch ärmere, zugleich stabilere Bundesregierung führen. Die Sorte von Regierung, für die bereits drei lange CDU-Kanzlerschaften von Konrad Adenauer, Helmut Kohl und Angela Merkel stehen. Die politische Grundmelodie dieser Republik ist seit ihrer Gründung konservativ. Nach drei Jahren „Ampel“ wird es wieder Zeit, dass sich nichts dreht. Mir missfällt das mit der einen Hälfte meines Herzens, mit der anderen nicht.

Altmodische Performance, energischer Auftritt

In den kommenden Jahren werden wir auf allen Kanälen viel Zeit mit Thorsten Frei und Carsten Linnemann, Friedrich Merz‘ Überflieger-Buddys, teilen müssen. Und mit Frauen vom Typ Gitta Connemann. Für eine Bundesregierung des zweitgrößten Einwanderungslandes der Welt erscheint mir dieses Profil wenig repräsentativ. Nicht nur Friedrich Merz, auch die Jungen in seinem Team wirken mit ihren Werten und ihrer Rhetorik altmodisch auf mich. Zugleich sehe ich im Augenblick keine vergleichbar energische, intellektuell starke politische Persönlichkeit wie Friedrich Merz. Im Augenblick in der Berliner Politik.

Ich teile meine Gedanken in dieser politischen Zwischenzeit, weil Sie diese Gedanken vielleicht nachvollziehen – oder ihnen gern widersprechen möchten. Die Deutschen wählen keine Person in das politisch wichtigste Amt, sondern immer im Paket mit Getreuen. Mit jedem Kanzlerjahr von Friedrich Merz wird, so meine Erwartung, seine politische Performance immer altmodischer wirken. Aber er verkörpert das, was den Deutschen über alles geht: Stabilität.

Forum Kandidat ohne Konkurrenz – Die Union will Friedrich Merz

Thomas Ihm diskutiert mit
Ferdinand Knauß, Redakteur der Zeitschrift Cicero
Prof. Dr. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing
Dr. Andreas Püttmann, Politikwissenschaftler und Publizist

Forum SWR Kultur

K-Frage: Rückendeckung für Scholz Boris Pistorius sagt Nein: Will Scholz nicht zur „Lame Duck“ machen

Boris Pistorius will nicht als SPD-Kanzlerkandidat antreten. Das hat er in einer Videobotschaft verkündet. Warum er sich so entschieden hat und was das jetzt bedeutet – hier lesen!

Hier dreht sich nichts! Erst die CDU, jetzt die Grünen – Herbert Grönemeyer verbietet seinen Song

Musiker Herbert Grönemeyer hat beiden Parteien verboten, seinen Hit Zeit, dass sich was dreht auf Veranstaltungen zu spielen. Hier die Hintergründe!

Mehr Meinungen im SWR

„Zwei Minuten“: Die Kolumne zum Wochenende Meinung: Pistorius steigert seinen Marktwert

Olaf Scholz ist Kanzlerkandidat, nachdem Verteidigungsminister Boris Pistorius seinen Verzicht erklärt hat. Damit erhöht Pistorius seinen Marktwert, meint Gerhard Leitner.

Die Bundeswehr und wir Meinung: Sprecht mit Ihnen!

Die deutsche Gesellschaft und ihre Armee wissen wenig voneinander und reden wenig miteinander. Das ist schlecht, lässt sich aber ändern, meint Thomas Schneider.

Zeitenwende Hautnah Das Erste