In den Tagen nach der Zeitumstellung nimmt im Herbst die Zahl der Wildunfälle zu. Rehe und Wildschweine kreuzen die Fahrbahn, auf dem Weg vom Wald zum Futterplatz - bevorzugt in der Dämmerung. Nach der Zeitumstellung fällt der Wildwechsel in die Hauptverkehrszeit. Wie können sich Autofahrer und Autofahrerinnen verhalten - und kann man die Gefahrensituation üben?
Die Gefahr droht in Waldgebieten, dort können sich die Tiere gut verstecken, sagt die Heidenheimer Fahrlehrerin Tanja Nemeth. Aber natürlich kann ein Reh oder ein Wildschein auch vom Feld auf die Straße springen.
Allein auf die Schilder, die vor Wildwechsel warnen, sollte man sich nicht verlassen. Die Fahrlehrerin bringt ihren Schülern bei: Langsamer fahren, beide Hände am Lenkrad lassen, ausreichend Abstand zum rechten Fahrbahnrand halten - und den besonders im Auge behalten.
Was ebenfalls auf Wildwechsel hinweist, sind blaue so genannte Wildwarn-Reflektoren an den Leitpfosten. Die sollen allerdings nicht nur die Autofahrer warnen, sondern das Wild vom Überqueren der Straße abhalten. Angeblich fürchten Rehe und Wildschweine blaues Licht. Wie wirksam die Wildwarn-Reflektoren sind, ist bisher allerdings nicht gründlich erforscht.
Einer Untersuchung des Dresdner Fraunhoferinstituts zufolge hat es im Jahr 2022 in Baden-Württemberg etwa 40.000 Unfälle mit Rehen, Wildschweinen und anderen Wildtieren gegeben. In ganz Deutschland waren es etwa 265.000. Dabei haben zehn Menschen ihr Leben verloren.
Beim Aufprall wird Rothirsch zum Elefanten
Auch ein vergleichsweise leichtes Tier wird zu einem schweren Hindernis, wenn man schnell unterwegs ist. Die Aufprallgeschwindigkeit vervielfacht das Gewicht der Tiere. Laut Deutschem Jagdverband entwickelt ein 200 Kilogramm schwerer Rothirsch bei 60 Stundenkilometern ein Aufprallgewicht von fünf Tonnen - und wird damit praktisch zum Elefanten.
Wildunfälle vermeiden: Training am Fahrsimulator
Läuft ein Reh oder Wildschwein auf die Straße, sollten Autofahrer und Autofahrerinnen vor allem eines vermeiden: hektisches Ausweichen. Am Fahrsimulator demonstriert der Fahrlehrer Johannes Schubert-Segalotto aus Aalen-Ebnat, wie es richtig geht: Lenkrad gerade halten, bremsen, abblenden (bei Fernlicht bleiben die Tiere abrupt stehen und starren in den Lichtkegel). Außerdem hilft hupen, das vertreibt die Tiere in der Regel. Und wenn's gar nicht anders geht: das Tier anfahren.
Davor sind auch Fahrlehrer nicht gefeit. "Ich musste auch tatsächlich leider immer wieder mal Wild überfahren", erzählt Johannes Schubert-Segalotto. Bei privaten Fahrten allerdings. In der Fahrausbildung sei ihm das bisher nicht passiert.
Wichtig nach Unfall: Nichts mitnehmen - das ist Wilderei
Nach einem Zusammenprall mit einem Reh oder Wildschwein gibt es richtiges und falsches Verhalten. Eines sollte man auf jeden Fall nicht tun: Das tote Tier in den Kofferraum packen und mitnehmen. Damit wird man zum Wilderer.
Stattdessen: Warnweste anlegen, Warnblinklicht einschalten, Warndreieck aufstellen - wie bei jedem Unfall. Fotos machen ist ebenfalls sinnvoll. Und auf jeden Fall: Die Polizei rufen. Die sichert nicht nur den Unfallort, sondern alarmiert außerdem den zuständigen Jagdpächter. Der kümmert sich um das überfahrene Tier und stellt außerdem eine Wildunfall-Bescheinigung für die Teilkasko-Versicherung aus.
Und falls das Reh überlebt hat und in den Wald geflüchtet ist, sucht der Jagdpächter es. Selbst sollte man von verletzten Tieren die Finger lassen, denn im schlimmsten Fall greifen diese sogar an.