Die Türkei lehnt nach Angaben des baden-württembergischen Justizministeriums die Auslieferung eigener Staatsangehöriger an einen anderen Staat ausnahmslos ab. Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich demnach um einen türkischen Staatsbürger mit unbefristetem Aufenthaltstitel in Deutschland, wo er geboren wurde.
Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) reagierte darauf mit Unverständnis. Rechtsstaatlichkeit dürfe keine Grenzen kennen, sagte er dem SWR. "Es darf jetzt nicht der Eindruck entstehen, man darf schwere Straftaten begehen und kann sich dann vom Acker machen", so Czisch. Der Brandanschlag sei eine schwere Straftat. Der Verdächtige habe in Kauf genommen, dass Menschenleben gefährdet werden.
Die Bundestagsabgeordnete der Grünen aus Heidenheim, Margit Stumpp, zeigte sich nicht überrascht. Sie geht ebenfalls nicht davon aus, dass die Türkei den Verdächtigen ausliefert. Das sei im Auslieferungsabkommen der europäischen Staaten so geregelt. Auch die Bundesrepublik Deutschland liefere keine eigenen Staatsangehörigen aus. Stumpp begleitet seit einiger Zeit einen umgekehrten Fall: Den der deutschen Journalistin Mesale Tolu aus Ulm, die in der Türkei angeklagt ist.
Bilder einer Überwachungskamera führten zu Tatverdächtigem
Ob gegen den Mann auch ein Abschiebeverfahren eingeleitet werden kann, hänge laut Ministerium vom Ausgang des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ab. Der 45-jährige Tatverdächtige aus Ulm konnte durch Bilder einer Überwachungskamera ermittelt werden. Wenig später gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass der Mann in die Türkei gereist sei.
So berichtete SWR Aktuell am 14.6. zuletzt über das Thema:
Er soll Anfang Juni eine Flüssigkeit an der Ulmer Synagoge ausgeschüttet und diese angezündet haben. Da ein Passant damals umgehend die Feuerwehr rief, wurde der Brand schnell gelöscht. Die Fassade der Synagoge und eine Glasscheibe wurden beschädigt, verletzt wurde niemand. Der Anschlag hatte für viel Empörung gesorgt. Der baden-württembergische Landtag hatte kurz danach eine Resolution gegen Antisemitismus verabschiedet.
Der Rabbiner der jüdischen Gemeinde Ulm, Shneur Trebnik, hofft, dass die Solidarität mit den Juden nach dem Anschlag in Ulm abschreckend auf andere mögliche Attentäter wirkt. Er selbst beobachtet seit dem Vorfall, dass seine Gemeinde enger zusammengerückt sei. Es kämen deutlich mehr Mitglieder zu den Gottesdiensten und anderen Aktivitäten. "Wir sind auch wachsamer geworden", räumt Trebnik gegenüber dem SWR ein, "aber nicht verängstigt."