Starkregen und Hagel hatten am Freitagnachmittag in Reutlingen für Überschwemmungen gesorgt, als ein heftiges Gewitter über die Stadt zog. Am Tag danach stellen sich viele Menschen die Frage, wie es zu dem schweren Gewitter mit massiven Folgen kommen konnte.
Meteorologe: Gewitter in Reutlingen "nicht außergewöhnlich"
Ein Meteorologe des DWD ordnete das Gewitter am Samstag aus seiner Expertensicht heraus als "nicht außergewöhnlich" ein. Es habe sich um eine vergleichsweise kleine Zelle gehandelt, die sich erst kurz vor Reutlingen gebildet hatte. Weil sie sich am Freitagnachmittag nur langsam bewegte, sei innerhalb kürzester Zeit viel Hagel auf die Stadt geprasselt. Weniger Aufmerksamkeit hätte das Gewitter bekommen, wäre es etwa auf Wiesen oder Äckern niedergegangen, so der DWD-Experte. Auf dem freien Land würden solche Regen- und Hagelmassen schneller abfließen als in einer bebauten Stadt.
Hagelkörner verstopften die Kanalisation
In der Reutlinger Innenstadt hingegen sah es am Freitagabend wegen der vielen großen Hagelkörner mitten im Sommer aus wie im Winter. Die ein bis zwei Zentimeter großen Hagelkörner verstopften auch die Kanalisation, Straßen wurden überschwemmt. Nach Angaben der Stadt Reutlingen war die Hagelschicht in der Innenstadt 30 Zentimeter hoch. Die Technischen Betriebsdienste seien mit Schneepflügen angerückt, um die Straßen freizuräumen, so eine Sprecherin der Stadt.
In der Innenstadt floss am Freitag das Wasser gemischt mit Hagelkörnern die Fußgängerzone hinunter. Die Polizei musste vorübergehend eine Gefahrenwarnung herausgeben. Es seien aber keine größeren Unfälle wegen des Gewitters passiert.
Die Polizei bat nach dem lokal begrenzten Gewitter darum, die Innenstadt zu meiden und keine unnötigen Autofahrten zu machen. Außerdem warnte die Polizei dort, wo Überschwemmungsgefahr drohte, in Keller und Tiefgaragen zu gehen.
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Auch dieses Wochenende werden viele lieber mehr drin als draußen verbringen wollen. Besonders der Sonntag wird nass und windig. Hoffnung macht aber die Prognose für nächste Woche.
Rund 120 Einsätze der Feuerwehr
Die Feuerwehr war am Freitag im Reutlinger Stadtgebiet zu mehr als 120 Einsätzen ausgerückt, sagte ein Sprecher der integrierten Leitstelle am Samstagvormittag. Die Arbeit für die Einsatzkräfte sei gegen Mitternacht beendet gewesen. Verletzt wurde demnach niemand. Größere Schäden gab es wohl nicht. Am Samstagvormittag hätten Mitarbeiter der Stadt die letzten betroffenen Straßen gereinigt und kontrolliert. Die Hagelkörner wurden mit Radladern und Muldenfahrzeugen abgetragen und an den Reutlinger Stadtrand bei der Kreuzeiche gebracht, wo die weißen Berge dann schmolzen.
Feuerwehrkommandant Stefan Hermann von der Feuerwehr Reutlingen hatte dem SWR am Freitagabend gesagt, bei den Einsätzen handelte es sich vor allem um vollgelaufene Keller und überflutete Tiefgaragen. Am Nachmittag waren viele Notrufe bei der Feuerwehr eingegangen. Darunter waren dem Feuerwehrkommandanten zufolge auch viele Autofahrerinnen und Autofahrer, die sich nicht trauten, aus ihrem Fahrzeug zu steigen. "Das war in diesem Moment auch richtig, im Fahrzeug zu bleiben und die Feuerwehr zu rufen."
Der Pegel des Flusses Echaz stieg in fünf Minuten um 1,50 Meter an und trat kurzfristig im Reutlinger Stadtteil Betzingen über die Ufer. Größere Schäden wurden dadurch nicht verursacht, der neue Hochwasserschutz in Betzingen verhinderte Schlimmeres.
Neckar-Alb: Hagel-Sturm vor zehn Jahren
Dieselbe Wetterlage wie am Freitagabend gab es bereits vor zwei Jahren: Ende Juni 2021 mussten Feuerwehr und Polizei in Reutlingen sowie im nördlichen Teil des Landkreises Reutlingen wegen Starkregens und heftigen Hagelfällen mehrfach ausrücken. Vor zehn Jahren, am 28. Juli 2013, hatte es schon einmal einen schweren Hagel-Sturm über der Region Neckar-Alb gegeben, der Millionenschäden vor allem in Reutlingen anrichtete.
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