Vor genau zehn Jahren, am Nachmittag des 28. Juli 2013, hat ein Hagelunwetter in der Region Neckar-Alb innerhalb weniger Minuten riesigen Schaden angerichtet. An tausenden Häusern wurden die Dächer beschädigt, Hagelkörner in Tennisball-Größe durchschlugen Fensterscheiben und Dachziegel.
In manchen Straßen Reutlingens lagen Blätter, Äste, Scherben und Hagelkörner so hoch, dass nur ein Schneepflug die Straßen räumen konnte. An Autos durchschlugen die Hagelkörner die Scheiben und demolierten die Karosserien.
Wie Geschosse kamen damals die Hagelkörner vom Himmel, durchschlugen Dächer und Fenster, beschädigten die Fassaden. Danach fiel Regen. Die Folge waren dann auch noch Wasserschäden in den Gebäuden. Der Hagel zerstörte innerhalb weniger Minuten auch ganze Felder, entlaubte Bäume. Laub und Hagelkörner verstopften die Kanalisation, Keller liefen voll. Bei vielen Landwirten war die komplette Ernte vernichtet. In Gärtnereien durchschlugen die Hagelkörner die Gewächshäuser und richteten enormen Schaden an.
Feuerwehr im Dauereinsatz - Unterstützung aus benachbarten Kreisen
Bei Polizei und Feuerwehr in Reutlingen gingen innerhalb kürzester Zeit rund 1.500 Notrufe ein. 800 mal rücken die Feuerwehrleute in Reutlingen zu Einsätzen aus. In Tübingen, wo nur der südliche Teil des Stadtgebiets betroffen war, verzeichnete die Feuerwehr 400 Einsätze.
Auch das Technische Hilfswerk war im Dauereinsatz. Es galt, voll gelaufene Keller leer zu pumpen und beschädigte Dächer provisorisch abzudecken. Unterstützung bekamen die Feuerwehren in der Region Neckar-Alb aus Karlsruhe, Pforzheim und Stuttgart.
Hagel tötet und verletzt viele Vögel
In der Notaufnahme des Reutlinger Krankenhauses wurden 70 Menschen behandelt, die beim Hagelsturm verletzt wurden. Meist hatten sie Schnittwunden von den Hagelkörnern und umherfliegenden Glasscherben. Auch viele Tiere, vor allem Vögel, wurden verletzt oder getötet.
So wurden am Tag nach dem Unwetter im NABU-Vogelschutzzentrum Mössingen 50 Vögel mit Prellungen und Frakturen eingeliefert, von denen die meisten eingeschläfert werden mussten. Die Mitarbeitenden vermuteten, dass viele Tausend dem Hagel zum Opfer fielen.
Milliardenschwerer Hagelschaden von historischem Ausmaß
Die Versicherer schätzten den Schaden zunächst auf 400 bis 600 Millionen Euro. Die Württembergische Gemeinde-Versicherung bezifferte ihn später auf fast 2 Milliarden Euro. Andere Schätzungen gingen sogar von 4 Milliarden aus. Damit war bei dem Unwetter der höchste Hagelschaden in der Geschichte Deutschlands entstanden.
In den Wochen und Monaten nach dem Hagelsturm warteten viele der Betroffenen lange auf Hilfe. Handwerker wie Dachdecker, Rolladenbauer, Glaser und Stuckateure waren hoffnungslos überlastet. Viele Dächer konnten oft nur notdürftig mit Planen abgedeckt werden, bis ein Handwerker Zeit für die Reparatur hatte. Die Kreishandwerkerschaft Reutlingen empfahl, in anderen Bundesländern nach Handwerkern zu suchen.
Hier können Sie den Archivbeitrag von vor 10 Jahren noch einmal sehen:
Hagel, Regen, Schimmel - viele Häuser lange unbewohnbar
Auch Monate nach dem verheerenden Unwetter litten viele Menschen noch unter den Folgen. Jutta und Hermann Thüringer aus Grafenberg (Kreis Reutlingen) etwa wohnten auch im März 2014 noch im Wohnwagen. Die Hagelkörner hatten in kürzester Zeit das Eternit-Dach ihres Hauses und ihrer Schreinerei durchlöchert. Danach kam der Regen und setzte alles unter Wasser. Weil es anschließend heiß wurde, fing es an zu schimmeln. Alle Böden mussten herausgerissen werden.
Ihr Mann musste seine Schreinerei komplett ausräumen. Boden, Decke, Dach und Elektrik mussten neu gemacht werden. Monatelang war an Arbeiten nicht zu denken. Immerhin hatten die Thüringers Glück mit ihrer Versicherung. Bei ihnen lief die Regulierung der Schäden problemlos - anders als bei vielen anderen Hagelopfern.
Um die vielen Hagelschäden an Autos zu beseitigen, reisten aus ganz Europa Spezialisten an. Auch sie hatten monatelang alle Hände voll zu tun. Und auch zehn Jahre nach dem Hagelsturm sieht man in Reutlingen und Tübingen an manchen Häusern und Autos noch die Folgen.