Frostige Nächte im April machen gerade den Obstbauern und Winzern in der Region Neckar-Alb zu schaffen. Die Minusgrade in dieser Woche haben gute Ernteaussichten in kurzer Zeit zerstört. Viel Obst ist erfroren. Zum Beispiel sind die Weinstöcke am Spitzberg in den Tübinger Teilorten Hirschau und Unterjesingen stark betroffen. Je nach Weinsorte sei von einem 80- bis 100-prozentigen Ausfall durch Frostschäden auszugehen, sagte Heinz Giringer, der Sprecher des Arbeitskreises Weinbau im Kreis Tübingen, dem SWR.
Bei manchen Rebsorten Totalausfall
Besonders betroffen sind laut Giringer die früh austreibenden Rebsorten wie Muscaris und Cabernet Jura. Aber auch beim Müller-Thurgau gibt es sehr starke Schäden. Dabei spielt auch die Lage der Weinberge eine Rolle. Tal-Lagen leiden mehr unter Bodenfrost. Ab minus ein Grad abwärts wird es für Reben generell kritisch. Durch die frühen warmen Temperaturen in den vergangenen Wochen waren die Weinstöcke weiter ausgetrieben als sonst und zwei bis drei Wochen früher dran. Das hat sie anfällig für Frost gemacht.
Am Spitzberg bei Hirschau und in Unterjesingen sprechen die Wengerter sortenbedingt von Totalausfällen - wie es auch von der Mosel, Saar und Ruwer zu hören ist. Gerade die vor wenigen Jahren neu gepflanzten pilzwiderstandsfähigen Reben (PIWI) hat es komplett erwischt. Die waren von der Trockenheit der vergangenen Jahre bereits geschwächt. Jetzt seien alle Neutriebe kaputt. Das heißt, es gibt bei diesen Rebsorten voraussichtlich nicht nur in diesem Jahr keine Ernte. Manche Winzer sagen, dass es noch schlimmer sei als im heftigen Frostjahr 2017.
Kleine Hoffnung der Winzer
Aktuell hoffen einige Wengerter rund um Tübingen darauf, dass es noch schlafende Triebe im Holz gibt, die überlebt haben - sogenannte Beiaugen. Sollten die noch austreiben, könnten an ihnen doch noch Trauben wachsen - wenn es dafür nicht zu spät ist. An der vielen Arbeit, die in einem Weinberg steckt, ändert das Ausmaß der Schäden nichts: Pflanzenschutz, Bodenpflege und Aufpäppeln für das nächste Jahr sind trotzdem angesagt.
Kirschen, Birnen und Walnüsse in Dettingen erfroren
Roland Heinkel vom Obst- und Gartenbauverein in Dettingen an der Erms (Kreis Reutlingen) spricht wie eine Kollegin im Hohenlohekreis bei manchen Obstsorten von einem Totalausfall durch den Frost. Am Dienstagmorgen hatte er minus 4 Grad auf zwei Metern Höhe gemessen - schon ab null Grad wird es für Obstsorten gefährlich, wenn sie in der Blüte sind. Seine schon gewachsenen Kirschen von der frühen Sorte "Ermstäler Knorpel" sind zum Beispiel braun bis schwarz, also erfroren. An den Walnussbäumen hängt schwarzes Laub. Das bedeutet, dass es dieses Jahr bei ihm keine Walnüsse geben wird.
"Das tut weh", sagt der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins in Dettingen. Er hat sich auch die Birnbäume schon angeschaut: Der Frost hat Sorten wie Conference und Stuttgarter Gaishirtle erwischt. Die Früchte sehen von außen zwar grün, also gut aus, aber innen sind sie braun. Das ist kein gutes Zeichen für eine gute Entwicklung. Auch auf die Aprikosenbäume setzt er wenig Hoffnung. Zu den Apfelblüten kann Heinkel noch nichts sagen. Da könne man erst in den nächsten Tagen und Wochen sicher sehen, ob und wie sie durch die kalten Nächte gekommen sind.
Massive Frostschäden in der Region Neckar-Alb
Das sei das dritte Jahr in Folge, dass Obstbauern in Dettingen und Umgebung mit enormen Frostschäden an den Bäumen zu kämpfen haben. "Bei unserer Arbeit auf den Streuobstwiesen ist man dem Wetter ausgeliefert und muss hoffen, dass man gut durch die Blüte kommt", sagte Roland Heinkel dem SWR. Das gilt für der ganzen Region Neckar-Alb. Je nach Standort können manche Bäume auch verschont geblieben sein. Das genaue Ausmaß der Schäden wird in den nächsten Wochen erst richtig erkennbar, so die Experten.