Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump fordert zahlreiche Bundesbedienstete zur Kündigung auf. Das berichten mehrere Medien. Die baden-württembergische Landesregierung sieht das offenbar als Chance, gezielt Fachkräfte aus US-Wissenschaft und -Forschung anzuwerben. Das geht aus einer Antwort des Wissenschaftsministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor.
Anlass sind Berichte über Entlassungen und politische Verunsicherung unter Bundesbediensteten in den USA: Die National Science Foundation (NSF) entließ demnach im Februar 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Weitere Beschäftigte wurden aus einer unbefristeten Anstellung in eine Probezeit versetzt. Die Zahlen gelten jedoch als unzuverlässig, da einige Entlassungen später zurückgenommen wurden.
Landesregierung will Agentur für Zuwanderung schaffen
Laut der Mitteilung aus dem Wissenschaftsministerium hat die Landesregierung jetzt Pläne, um Baden-Württemberg für Fachkräfte aus den USA attraktiv zu machen. Darin heißt es, dass zukünftig eine neue Landesagentur den zuwanderungswilligen Fachkräften dabei helfen soll, Einwanderungsformalitäten schneller abzuwickeln.
Verband hofft auf bilaterale Gespräche US-Zölle bereiten BW-Pharmaindustrie Sorgen
Weil der US-Markt ein "sehr bedeutender" ist, fürchten Pharmakonzerne aus BW Zölle des Präsidenten Trump. Zudem machen die hohen Energiekosten der Branche zu schaffen.
Stand jetzt dauert ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren durchschnittlich 42 Tage. US-Bürger können zudem visumsfrei einreisen und innerhalb von 90 Tagen eine "Blaue Karte EU" beantragen, die sie zur Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung berechtigt.
Keine Anzeichen für Einwanderungs-Welle
Doch trotz aller Bemühungen scheinen aktuell nicht allzu viele US-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Baden-Württemberg kommen zu wollen. Dem Wissenschaftsministerium liegen zumindest keine konkreten Hinweise auf verstärkte Abwanderungsabsichten amerikanischer Forschenden vor.
Laut Ministerium kommen aktuell eher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus anderen europäischen Ländern nach Deutschland. Grund hierfür seien die verschärften US-Einreisebestimmungen.
Wirtschaftsweise fordert massive Investitionen
Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier findet, dass die Entwicklung der USA unter Donald Trump eine Riesenchance für Deutschland und Europa sei. Sie wisse, dass sehr viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darüber nachdenken würden, Amerika zu verlassen, so Malmendier gegenüber der Funke Mediengruppe. Mit einer entsprechenden Initiative könne man die besten Forscher nach Deutschland und Europa holen.
Malmendier fordert deswegen massive Investitionen in die deutsche Wissenschaft. Deutsche Universitäten könnten bislang nicht mit amerikanischen Eliteunis mithalten: Jetzt sei der Moment gekommen, die Verhältnisse zu ändern und etwas Großes aufzubauen, sagte Malmendier. In Frankreich hat eine Universität bereits ein 15 Millionen-Euro-Programm vorgelegt, um Wissenschaftler aus den USA anzulocken.
Auch Özdemir besorgt über Lage der US-Wissenschaftler
Schon zuvor hatte sich Bundes-Forschungsminister Cem Özdemir (Grüne) besorgt über die Lage der US-Wissenschaftler unter der Trump-Regierung geäußert. "Wir müssen solidarisch sein und deutlich machen: Wenn Spitzenforscher in den USA keine Möglichkeiten mehr für sich sehen, frei dort zu forschen, sind sie in Deutschland willkommen", sagte der Grünen-Politiker der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. "Wir brauchen hier die besten Köpfe der Welt: Ob es um Gesundheitsforschung, Klimaforschung oder Hightech geht."
Der aus Bad Urach im Kreis Reutlingen stammende Özdemir betonte aber, dass es ihm nicht um einen "brain drain" gehe, sondern um eine "brain circulation". Dies bedeute: "Keine bloße Abwerbung, sondern Angebote zum Austausch auf Augenhöhe, quasi ein Talentkreislauf für eine freie Forschung", sagte er mit Blick auf die Diskussion, ob Deutschland nun gezielt unzufriedene US-Forscher anwerben sollte. Özdemir schlug dazu eine "belastbare" europäische Zusammenarbeit vor.
Ich stelle mir vor, dass wir die Angebote ausbauen, etwa in Form von Stipendien. Das können auch temporäre Angebote sein, die auf die Bedürfnisse der unter Druck stehenden Wissenschaftler zugeschnitten sind.
Wie ein Sprecher mitteilte, hat Özdemir zu dem Thema am Montag auch mit seinem französischen Kollegen telefoniert. Am 26. März wolle sich Özdemir erneut mit den Wissenschaftsorganisationen abstimmen.