Anlage bei Breisach gewinnt Rohstoff zurück

Wie aus Klärschlamm wertvoller Dünger für Pflanzen wird

Stand
Autor/in
Christof Gerlitz
Paula Zeiler
Frau mit Brille und mittellangen Haaren trägt eine Bluse.

Das Konzept ist einzigartig: Eine neue Anlage bei Breisach verwandelt Klärschlamm in Pflanzendünger. Was vorher als Abfall galt und verbrannt wurde, könnte neues Leben schaffen.

Klärschlamm gilt für viele als stinkendes Abfallprodukt, das meistens verbrannt wird. Der Abwasserzweckverband Staufener Bucht will die braune Masse sinnvoll nutzen. Künftig soll der Klärschlamm als wertvoller Dünger für Pflanzen dienen. Dabei spielt der Rohstoff Phosphor eine große Rolle. Eine begehrte Ressource für die Landwirtschaft.

Mehrere Jahre an neuer Anlage getüftelt

In Baden-Württemberg produziert jeder Mensch täglich durchschnittlich 150 bis 250 Liter Abwasser. Bevor dieses Wasser in Seen und Flüsse gelangt, durchläuft es eine Kläranlage. Dabei entsteht täglich eine große Menge Klärschlamm, der normalerweise verfeuert wird. Der Abwasserzweckverband Staufener Bucht verfolgt jedoch eine andere Strategie: Er möchte den wichtigen Rohstoff Phosphor zurückgewinnen. Aus diesem Grund hat der Verband eine neue Anlage errichtet, die den Klärschlamm in Pflanzendünger umwandelt. Von der Idee bis zur Einweihung der Anlage am Donnerstag vergingen sieben Jahre.

Kreislaufwirtschaft neu und regional gedacht

In der Staufener Bucht entstehen jeden Tag etwa 20 Tonnen Klärschlamm. Was früher weit weggefahren und in Kraftwerken verbrannt wurde, könne jetzt in Grezhausen bei Breisach (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) regional verwertet werden, so Michael Hacker vom Abwasserzweckverband Staufener Bucht. Das spare Transportkosten und CO2.

Ein Konzept, das bislang einzigartig sei, so Michael Hacker, der damals den Einfall hatte. Der Abwasserzweckverband wolle mit der neuen Anlage zeigen, dass sie Kreislaufwirtschaft "wirklich machen". "Wir stellen uns dieser Aufgabe. Dass man mit den Resten unserer Zivilisation positiv umgehen muss", sagt Hacker. Denn mit der neuen Anlage bleibt kein Klärschlamm mehr übrig - alles wird verwertet.

Neue Anlage kostete elf Millionen Euro

Den politischen Weg für das neue Konzept ebnete Volker Kieber (parteilos), Bürgermeister von Bad Krozingen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald). Er habe eine kleine Anlage schaffen wollen, die letztendlich Beispiel für andere Anlagen in Europa werden könnte. "Das Ziel war es, einen Piloten zu schaffen. Eine kleine Anlage, die dezentral, wirtschaftlich und nachhaltig ist", so Kieber. Insgesamt hat die neue Anlage elf Millionen Euro gekostet. Davon haben das Land Baden-Württemberg und die EU vier Millionen Euro beigesteuert. Für das Projekt haben sich sieben kommunale Kläranlagenbetreiber der Gemarkungen Neuenburg, Breisach und Vogtsburg zusammengeschlossen. Weil die Kläranlage des Abwasserzweckverbandes Staufener Bucht am größten ist, wurde sie zum Standort für die neue Anlage.

Das runde Nachklärbecken ist die letzte Stufe für das Abwasser in der Kläranlage
Im Nachklärbecken wird der Schlamm von den Bakterien getrennt.

Universität Freiburg untersuchte den Pflanzendünger

Die neue Anlage hat vier Etagen. Dort wird der Klärschlamm mithilfe des sogenannten P-XTRACTS-Verfahrens in zwei Stufen verbrannt und so Schwermetalle herausgefiltert. Die braune Asche, die am Ende übrig bleibt, ist scheinbar der ideale Dünger. Denn die Asche enthält viel Phosphor, ein für Pflanzen wichtiger Nährstoff, den sie über ihre Wurzeln aufnehmen. Im Labor ist das Endprodukt von den Geobotanikern der Universität Freiburg chemisch analysiert und in Pflanzversuchen über Wochen erprobt worden.

Der Dünger sei so effektiv wie übliche Handelsdünger, sagt Peter Hajek. Er ist Projektmitarbeiter an der Fakultät für Biologie an der Universität Freiburg. "Das ist für uns das Beste, was wir an Ergebnissen erwarten konnten", so Hajek, der am Lehrstuhl für Geobotanik arbeitet.

Wir haben gute, wenn nicht sogar sehr gute Dünge-Erfolge.

Ein Blick in die neue Anlage. In großen weißen Behältern landet die braune Asche.
In diesen Behältern landet die phosphorhaltige braune Asche.

Warum ist Phosphor so wichtig?

Phosphor ist ein wichtiger Rohstoff für die Landwirtschaft. Da es in Deutschland keine Vorkommen gibt, muss Phosphor importiert werden. Mit denen im Abwasser verfügbaren Phosphorvorkommen könnten in Deutschland etwa die Hälfte der jährlichen Importe von Phosphor eingespart werden, schreibt das Umweltbundesamt. Die Rückgewinnung von Phosphor aus Klarschlämme trage zu einer Ressourcenschonung und einer nachhaltigen Abwasserwirtschaft bei.

Früher wurde Klärschlamm, ähnlich wie Gülle, auf Feldern verteilt. Die landwirtschaftliche Nutzung von Klärschlamm wurde laut Umweltbundesamt in den vergangenen Jahren aber weiter eingeschränkt. Denn Klärschlamm enthalte sämtliche "Abfälle" aus dem Abwasser. Darunter fallen Schadstoffe wie Schwermetalle, Arzneimittelrückstände oder Reststoffe aus Körperpflegemitteln.

So besagt die neue Klärschlammverordnung von 2017 beispielsweise, dass große Kläranlagen, die das Abwasser von mehr als 100.000 Einwohnern behandeln, Klärschlamm nur noch bis 2029 als Dünger verwerten dürfen. Damit der Phosphor im Klärschlamm aber weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden kann, braucht es neue Techniken und Anlagen, wie die des Abwasserzweckverbands Staufener Bucht.

Dünger hat noch keine Zulassung

Jetzt würden sie nur noch auf die Zulassung ihres Produkts warten, sodass es auch in der Landwirtschaft verwendet werden könne, sagt Peter Hajek. Der Abwasserzweckverband Staufener Bucht ist fest davon überzeugt, dass die Zulassung nur eine Frage der Zeit ist.

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