Regen, Regen und nochmal Regen: Während viele Menschen ungeduldig auf Sonne warten, hat das verregnete Frühjahr und der verregnete Sommeranfang dem Wald in Südbaden offenbar gutgetan. Gestresst von Borkenkäfer, Hitze und Trockenheit konnten sich die Bäume im ersten Halbjahr 2024 etwas erholen. Eine Atempause, die der Wald dringend braucht. Aber Entwarnung gibt es nicht. Denn der Klimawandel ist für den Wald und seine Förster eine riesige Herausforderung.
In Wehr (Kreis Waldshut) hat Stadtförsterin Swantje Schaubhut die inzwischen seltenen geworden Berg-Ulmen angepflanzt. Sie hatte Samen von den wenigen übrig gebliebenen Bäumen gesammelt, die in ihrem Stadtwald eine Pilzkrankheit überlebt haben. Die Samen hat sie in einer Gärtnerei hochgezogen und nach drei Jahren nun an verschiedenen Stellen im Stadtwald wieder ausgepflanzt.
Baumarten im Test
Die 250 Bäumchen sollen für mehr Diversität sorgen und den Wald künftig stabiler und hitzeresistenter machen. Ob es klappt, wird sie erst in zehn bis 20 Jahren wissen. Damit die jungen Pflanzen überleben, sind sie mit Röhren geschützt. Der Blick ins Innere zeigt: Der Stamm der jungen Ulmen ist noch dünn und verletzlich. Aber das satte Grün der Blätter zeigt auch, dass ihnen das verregnete erste Halbjahr gut getan hat.
Neben Ulmen hat Swantje Schaubhut auch Esskastanien und andere Laubhölzer angepflanzt. Sie ist froh, dass sie so einen hohen Anteil Laubholz im Wald hat, denn diese Bäume sind oft hitzeresistenter als Nadelhölzer und der Borkenkäfer bevorzugt Fichten.
In tiefen Lagen wie in Wehr hat der Borkenkäfer in den letzten 20 Jahren bereits weite Teile des Fichtenbestandes vernichtet. Nur noch etwa zehn Prozent des Waldes besteht aus Fichten. Die Fichte habe in Wehr kaum Chancen zu überleben, sagt die Försterin. Schäden in den Fichtenbeständen sind als große rote Flecken schon von Weitem zu sehen.
Borkenkäfer in Warteposition
Auch in den Höhenlagen des Schwarzwalds, in Todtmoos (Kreis Waldshut), werden in diesem Jahr wieder Borkenkäferschäden an den Fichten erwartet. Früher war man hier auf 1.200 Metern über dem Meeresspiegel vor dem Borkenkäfer noch sicher. Aber die letzten Jahre war es in den Höhenlagen ebenfalls sehr warm und trocken.
In diesem Jahr hat das nasse Wetter immerhin für eine kurze Atempause gesorgt: Der Borkenkäfer, der in der Fachsprache Buchdrucker heißt, konnte sich vermutlich nicht so stark vermehren, wie in den letzten Jahren. Alle vier bis sechs Wochen legt der Buchdrucker eine neue Generation an und vermehrt sich so explosionsartig.
Borkenkäfer verbreitet sich nicht mehr explosionsartig
Dieses Jahr erwartet der Todtmooser Förster Valentin Platten eine Generation weniger als in den Vorjahren. Doch erst, wenn es mehrere Tage lang warm und trocken bleibt, könne man anhand der Spuren erkennen, wie stark der Befall sei, sagt Platten.
Geringere Schäden als in den Vorjahren
Genaue Zahlen über die Schäden gibt es noch nicht. Aber Valentin Platten geht davon aus, dass diese deutlich geringer ausfallen als in den extremen Jahren 2019 und 2020. Eine Größenordnung zur Einschätzung sind die sogenannten Schadholzeinschläge. Das ist die Menge an Holz, die wegen Borkenkäferbefalls aus dem Wald geholt wird. In Todtmoos lag diese Zahl in diesem Jahr bislang bei fünf bis zehn Prozent im Vergleich zu 2019 und 2020.
Atempause nutzen für Waldpflege
Auch Valentin Platten ist froh über die Atempause, die ihm das Wetter in diesem Jahr gibt. Statt dem Borkenkäfer hinterherzujagen, könne er jetzt die Zeit nutzen, den Baumbestand zu pflegen. Auch wenn der nasse Boden die Arbeiten im Wald erschwert und die Gefahr von Pilzen erhöht, überwiegt bei den Förstern die Freude über den Regen.
Förster mit Zuversicht
Der Regen der letzten Woche hat nicht nur die Grundwasserspeicher gefüllt, sondern sorgt dafür, dass die Bäume widerstandsfähiger sind, was Hitze und Schädlinge angeht. Gesunde Bäume können mehr aushalten. Dass der Schwarzwald irgendwann ganz ohne Nadelhölzer auskommen muss, glaubt Platten nicht.
Junge Bäume passen sich besser an
Er hat beobachtet, dass sich einzelne Bäume offenbar an den Klimawandel anpassen. Es könne sein, dass eine Tanne, die 2019 ausgetrieben hat, besser mit dem Klimawandel klarkomme als eine Tanne, die vor 100 Jahren aufgewachsen ist, sagt der Förster.