Erholung für südbadische Wälder

Viel Regen, weniger Borkenkäfer: Atempause für den Wald

Stand
Autor/in
Petra Jehle
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Der viele Regen im ersten Halbjahr hat dem Wald gut getan. Der Borkenkäfer hat sich weniger stark ausgebreitet. Eine Atempause für den Wald, doch Entwarnung gibt es nicht.

Regen, Regen und nochmal Regen: Während viele Menschen ungeduldig auf Sonne warten, hat das verregnete Frühjahr und der verregnete Sommeranfang dem Wald in Südbaden offenbar gutgetan. Gestresst von Borkenkäfer, Hitze und Trockenheit konnten sich die Bäume im ersten Halbjahr 2024 etwas erholen. Eine Atempause, die der Wald dringend braucht. Aber Entwarnung gibt es nicht. Denn der Klimawandel ist für den Wald und seine Förster eine riesige Herausforderung.

In Wehr (Kreis Waldshut) hat Stadtförsterin Swantje Schaubhut die inzwischen seltenen geworden Berg-Ulmen angepflanzt. Sie hatte Samen von den wenigen übrig gebliebenen Bäumen gesammelt, die in ihrem Stadtwald eine Pilzkrankheit überlebt haben. Die Samen hat sie in einer Gärtnerei hochgezogen und nach drei Jahren nun an verschiedenen Stellen im Stadtwald wieder ausgepflanzt.

Eine drei Jahre alte Berg-Ulme. Sie wurde in den Wald ausgepflanzt und sorgt somit für Diversität. Laubbäume sind auch weniger anfällig für Borkenkäfer.
Drei Jahre ist dieses Bäumchen alt: Wenn alles gut geht, wird daraus in 100 Jahren eine mächtige gesunde Berg-Ulme. Widerstandsfähiger gegen Borkenkäfer und resistenter, wenn nicht genug Regen fällt.

Baumarten im Test

Die 250 Bäumchen sollen für mehr Diversität sorgen und den Wald künftig stabiler und hitzeresistenter machen. Ob es klappt, wird sie erst in zehn bis 20 Jahren wissen. Damit die jungen Pflanzen überleben, sind sie mit Röhren geschützt. Der Blick ins Innere zeigt: Der Stamm der jungen Ulmen ist noch dünn und verletzlich. Aber das satte Grün der Blätter zeigt auch, dass ihnen das verregnete erste Halbjahr gut getan hat.

Ich bin froh, dass ich einen so hohen Laubholzanteil habe. Denn es gibt viel mehr Baumarten, die ich einbringen kann und die die Wärme gut vertragen.

Neben Ulmen hat Swantje Schaubhut auch Esskastanien und andere Laubhölzer angepflanzt. Sie ist froh, dass sie so einen hohen Anteil Laubholz im Wald hat, denn diese Bäume sind oft hitzeresistenter als Nadelhölzer und der Borkenkäfer bevorzugt Fichten.

In tiefen Lagen wie in Wehr hat der Borkenkäfer in den letzten 20 Jahren bereits weite Teile des Fichtenbestandes vernichtet. Nur noch etwa zehn Prozent des Waldes besteht aus Fichten. Die Fichte habe in Wehr kaum Chancen zu überleben, sagt die Försterin. Schäden in den Fichtenbeständen sind als große rote Flecken schon von Weitem zu sehen.

Der Regen sorgt im Wald in Wehr für eine Atempause. Es gibt wesentlich weniger Borkenkäfer, eine Erholung ist möglich.
Wer genau hinsieht erkennt im Wald rote Flächen, die darauf hinweisen, dass hier der Borkenkäfer gewütet hat.

Borkenkäfer in Warteposition

Auch in den Höhenlagen des Schwarzwalds, in Todtmoos (Kreis Waldshut), werden in diesem Jahr wieder Borkenkäferschäden an den Fichten erwartet. Früher war man hier auf 1.200 Metern über dem Meeresspiegel vor dem Borkenkäfer noch sicher. Aber die letzten Jahre war es in den Höhenlagen ebenfalls sehr warm und trocken.

In diesem Jahr hat das nasse Wetter immerhin für eine kurze Atempause gesorgt: Der Borkenkäfer, der in der Fachsprache Buchdrucker heißt, konnte sich vermutlich nicht so stark vermehren, wie in den letzten Jahren. Alle vier bis sechs Wochen legt der Buchdrucker eine neue Generation an und vermehrt sich so explosionsartig.

Borkenkäfer verbreitet sich nicht mehr explosionsartig

Dieses Jahr erwartet der Todtmooser Förster Valentin Platten eine Generation weniger als in den Vorjahren. Doch erst, wenn es mehrere Tage lang warm und trocken bleibt, könne man anhand der Spuren erkennen, wie stark der Befall sei, sagt Platten.

Durch den Regen, der alle zwei drei Tage kommt, können wir es noch nicht genau abschätzen, wie viele Bäume befallen sind. Aber sicher ist schon jetzt: es ist weniger als in den letzten Jahren.

Unter der Rinde einer Fichte sind Borkenkäfer und ihre Gänge zu sehen.
Der Buchdrucker oder Borkenkäfer: Ein kleines Insekt, das großen Schaden anrichtet. Doch bei viel Regen wachsen die Populationen weniger schnell.

Geringere Schäden als in den Vorjahren

Genaue Zahlen über die Schäden gibt es noch nicht. Aber Valentin Platten geht davon aus, dass diese deutlich geringer ausfallen als in den extremen Jahren 2019 und 2020. Eine Größenordnung zur Einschätzung sind die sogenannten Schadholzeinschläge. Das ist die Menge an Holz, die wegen Borkenkäferbefalls aus dem Wald geholt wird. In Todtmoos lag diese Zahl in diesem Jahr bislang bei fünf bis zehn Prozent im Vergleich zu 2019 und 2020.

Atempause nutzen für Waldpflege

Auch Valentin Platten ist froh über die Atempause, die ihm das Wetter in diesem Jahr gibt. Statt dem Borkenkäfer hinterherzujagen, könne er jetzt die Zeit nutzen, den Baumbestand zu pflegen. Auch wenn der nasse Boden die Arbeiten im Wald erschwert und die Gefahr von Pilzen erhöht, überwiegt bei den Förstern die Freude über den Regen.

Der Regen sorgt im Wald in Wehr für eine Atempause
Weniger Nadelhölzer und mehr Laubbäume: Eine Esskastanie beispielsweise soll mehr Vielfalt in den Wald bringen.

Förster mit Zuversicht

Der Regen der letzten Woche hat nicht nur die Grundwasserspeicher gefüllt, sondern sorgt dafür, dass die Bäume widerstandsfähiger sind, was Hitze und Schädlinge angeht. Gesunde Bäume können mehr aushalten. Dass der Schwarzwald irgendwann ganz ohne Nadelhölzer auskommen muss, glaubt Platten nicht.

Junge Bäume passen sich besser an

Er hat beobachtet, dass sich einzelne Bäume offenbar an den Klimawandel anpassen. Es könne sein, dass eine Tanne, die 2019 ausgetrieben hat, besser mit dem Klimawandel klarkomme als eine Tanne, die vor 100 Jahren aufgewachsen ist, sagt der Förster.

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